Dioskuren
Dioskurias - Diospyrin

* 2
Dioskuren.[* 2] (»Söhne des Zeus«), [* 3]
Name der
Heroen
Kastor und
Polydeukes
(Pollux), der Zwillingssöhne der
Leda und
Brüder der
Helena und
Klytämnestra. Bei
Homer heißen sie Tyndariden als die
Söhne des
Tyndareos, des Gemahls der
Leda; bei Hesiod sind
sie
Söhne des
Zeus. Nach der gangbarsten spätern
Sage hatte
Kastor den
Tyndareos zum
Vater,
Polydeukes dagegen
den
Zeus, welcher der
Leda in Gestalt eines
Schwans genaht war; daher ist jener sterblich, dieser unsterblich. Die
Heimat der
Dioskuren
wie ihr
Grab sind in
Lakonien.
Die Sage gedenkt besonders ihres Zugs gegen Theseus, um ihre Schwester Helena aus seinen Händen zu befreien, ihrer Teilnahme an dem Argonautenzug und an der Jagd auf den kalydonischen Eber, ihres Kampfes mit den Söhnen des Aphareus und der Entführung der Phöbe und Hilaeira, der Töchter des Leukippos. Als in dem Kampf mit den Aphariden (in welchem man die alte Überlegenheit Lakedämons über Messenien typisch angedeutet findet) Kastor durch Idas fiel, bat Polydeukes, der unsterbliche, aus Liebe zum ¶
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Bruder seinen Vater Zeus, daß er mit jenem die Unsterblichkeit teilen dürfe, indem beide einen Tag in der Oberwelt, den andern in der Unterwelt zubrächten. Nach einer andern Auffassung setzte Zeus zum Lohn für ihre Bruderliebe beide als Zwillinge oder als Morgen- und Abendstern an den Himmel; [* 5] ja, man will in dieser letztern Vorstellung (wie auch in dem mit ihnen in Verbindung gebrachten St. Elmsfeuer) ihre ursprüngliche Naturbedeutung (das immer wieder aufstrahlende Licht, [* 6] das nur periodisch unterliegt) sehen.
Andre erklären die Dioskuren
wie die indischen Açvins (s. d.) für das Zwielicht. Die Dioskuren
wurden als hilfreiche
Horte verehrt und hießen deshalb Anakes (»Schirmherren«);
besonders riefen die Schiffer sie an und gelobten ihnen weiße Lämmer, wofür sie, auf Rossen durch die Luft einherjagend, das
baldige Aufhören des Sturms bewirkten. Auch als Helfer in der Schlacht erschienen sie auf weißen Rossen. Als Schirmherren der
Reisenden waren sie Beschützer der Gastfreundschaft und haben die Theoxenien gestiftet.
Als Heroen sind sie Vorsteher der Gymnastik, daher in Sparta, wo sie als die Schutzgötter des Landes galten, ihre Standbilder am Eingang der Rennbahn standen. Polydeukes ist als Faustkämpfer, Kastor vorzugsweise als Rossebändiger ausgezeichnet; doch erscheinen auch beide als Reiter oder als Wagenlenker. Desgleichen galten sie als Erfinder des Waffentanzes. Ihr uraltes Symbol, welches die Spartaner, wenn sie zu Felde zogen, stets mit sich führten, waren zwei parallele, durch Querhölzer verbundene Balken.
Athen

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Athen.
Auch in Mantineia, zu Athen
[* 7] u. a. O. hatten sie Tempel
[* 8] und Feste, die mit Pferderennen gefeiert wurden. Auf Samothrake flossen
sie mit den Kabiren (s. d.) zusammen. Die Kunst pflegte die Dioskuren
darzustellen als edel gestaltete Heldenjünglinge
von schlanken, aber kräftigen Formen. Ihr charakteristisches Merkzeichen ist der halbeiförmige Hut,
[* 9] an dessen Spitze ein Stern
glänzt, oder wenigstens ein auf dem Hinterhaupt anliegendes, um Stirn und Schläfe mit starken Locken hervortretendes Haar,
[* 10] wie es auch die nachfolgend erwähnte Kolossalgruppe zeigt.
Gewöhnlich werden sie nackt gebildet oder nur mit einer leichten Chlamys
[* 11] bekleidet. Fast immer treten sie in Verbindung mit
ihren Rossen auf und zwar neben ihnen stehend, selten als Reiter. Erhalten sind zahlreiche Denkmäler (meist Votivreliefs) aus
dem alten Sparta, wo ihr Kult besonders angesehen war. Die berühmteste aus dem Altertum stammende Darstellung der
Dioskuren
sind die sogen. Kolosse von Monte Cavallo in Rom,
[* 12] 6 m hohe, in schönen Verhältnissen ausgeführte Marmorstatuen nebst den
dazu gehörigen Rossen, mit welchen sie vermutlich im Altertum um die Ecken des Eingangs eines öffentlichen Gebäudes nicht
weit von ihrem heutigen Standort gruppiert waren.
Münzen I (Altertum)

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Münzen.
Ihre jetzige Aufstellung erhielten sie 1589 auf dem nach ihnen benannten Platz vor dem Quirinal, wo sie die herrliche Fontana di
Monte Cavallo schmücken. Sie sind wahrscheinlich nach Augustus in Anlehnung an griechische Originale der nachlysippischen (pergamenischen?)
Kunst gearbeitet. Die Inschriften, welche sie als Werke des Phidias und Praxiteles bezeichnen, sind spätern
Ursprungs. Die kapitolinische Dioskuren
gruppe ist von geringerm Wert; Polydeukes wird hier durch das Lockenhaar des Zeus und
die zerschlagenen Ohren der Faustkämpfer unterschieden. Als Faustkämpfer
erscheint Polydeukes auch auf der Ficoronischen Ciste
(s. d.) und in einer schönen Bronzefigur von Paramythia. Auf Münzen
[* 13] finden sich die Dioskuren
als Reiter mit
Palmen
[* 14] in den Händen dargestellt (s. Abbildung).
Vgl. Welcker, Griechische Götterlehre, Bd. 1, S. 606 ff.;
Bd. 2, S. 416 ff.; Myriantheus,
Die Açvins oder arischen Dioskuren
(Münch. 1876);
Albr. Weber in der »Jenaer Litteraturzeitung« 1876, Nr. 42.