(Dinosaurii,Lindwürmer), außerordentlich formenreiche
Ordnung fossiler
Reptilien aus der
Trias, dem
Jura
und der
Kreide.
[* 2]
In den letzten
Jahren sind in
Nordamerika
[* 3]
(Felsengebirge) so viele neue Dinosaurier, welche meist besondere
Familien oder selbst Unterordnungen bilden, gefunden worden, daß kaum noch ein für alle passendes Merkmal angegeben
werden kann, somit eine Trennung der jetzt noch als Dinosaurier bezeichneten
Tiere in mehrere selbständige Abteilungen wahrscheinlich
bald erfolgen wird.
Bei einem Teil von ihnen haben sich sehr nahe Beziehungen zu denVögeln herausgestellt. Nach der Form
des
Schädels, namentlich des
Gebisses, unterscheidet man A. Pflanzenfresser. 1.
Gruppe:
Sauropoden (Sauropoda) oder Atlantosaurier.
Vorder- und Hinterfüße nahezu gleich lang, also
Gang
[* 4] meist auf allen
Vieren und zwar auf der
Sohle.
Füße fünfzehig. Die
vor dem
Schwanz gelegenen
Wirbel mit großen, wahrscheinlich bei Lebzeiten der
Tiere mit
Luft erfüllten
Höhlen.
Knochen
[* 5] der
Beine plump. Hierher: Brontosaurus, von etwa 25 m
Länge, das größte Landtier, Mosasaurus, etwa 12 m lang, Atlantosaurus
(Titanosaurus), etwa 20 m lang, Diplodocus, Apatosaurus u. a., fast alle aus
Nordamerika. 2.
Gruppe:
Ornithosceliden (Ornithoscelides,
Laosaurier).
Becken vogelähnlich, Vorderfüße fünfzehig, vielfach nur halb so lang wie die dreizehigen
Hinterfüße, daher
Gang meist auf den letztern, nach Art etwa des
Känguruhs.
Knochen hohl.
Hierher: Nanosaurus, etwa katzengroß, Laosaurus, bis 3 m lang,
Iguanodon,
[* 6] etwa 9 m lang, Camptonotus, etwa 10 m hoch bei
aufrechter
Stellung, Hypsilophodon u. a. Von vielen
Ornithosceliden kennt man nur dieSpuren, welche die
Hinterfüße in dem weichen
Thon zurückgelassen haben und die man früher als Vogelfährten
(Ornithichnites, s. Tafel
»Triasformation
[* 7] I«) auffaßte. 3.
Gruppe: Stegosaurier (Stegosaurii), mit Knochenschildern und Knochenplatten in der
Haut;
[* 8]
Wirbel und
Knochen
meist hohl, Vorderfüße viel kleiner als Hinterfüße, alle fünfzehig.
Gang auf den Hinterbeinen. Hierher: Stegosaurus,
Sulidosaurus u. a. B.
Fleischfresser. 4.
Gruppe: Theropoden (Theropoda). Vorderfüße sehr klein,
Gang auf den
Zehen, diese mit
Greifklauen.
Knochen hohl. Hierher: Compsognathus, mit sehr langem
Hals und vogelähnlichem
Kopf,
Megalosaurus, Allosaurus u. a.
Zu der bereits an riesenhaften und abenteuerlichen Formen überreichen Reptilgruppe, welche den Höhepunkt
ihrer Entwickelung am Schluß der Kreidezeit erreichte, um dann ziemlich plötzlich den Säugetieren das Feld zu räumen, haben
die Ausgrabungen der Jahre 1886-89 wieder sehr merkwürdige Beiträge geliefert und in den Gattungen Ceratosaurus
und Ceratops wohl die seltsamsten aller bisher bekannten. Der erstere Saurier ist dem europäischen Megalosaurus einigermaßen
ähnlich; er trägt auf der Mittellinie des Nasenbeins einen starken Hornzapfen, und die Wirbel zeigen eine vordere flache
und eine tiefere hintere Aushöhlung und darin eine bisher im gesamten Reptilreich einzig dastehende
Bildung. Die Elemente des Beckens sind wie bei den Vögeln ohne Naht verschmolzen, und auch die Verwachsung der Zwischenhandknochen
erinnert an die gleiche Bildung bei Vögeln, ohne daß man darin übrigens mehr als eine sogen. Konvergenzerscheinung sehen
darf. Die ältere Annahme einer nähern Blutsverwandtschaft dieser spezialisierten Dinosaurierformen mit
Vögeln hat aufgegeben werden müssen.
Noch viel seltsamere Formen stellen die nach ihren »Stierhörnern« benannten Ceratopsiden
dar, die in bestimmten Schichten längs des östlichen Abhanges der Felsengebirge in einer Ausdehnung
[* 10] von 800 engl. Meilen so
häufig vorkommen, daß man dieselben als Ceratops-Schichten bezeichnet. Nach einer BeschreibungvonMarsh
übertraf die Größe der Ceratopsiden diejenige aller bekannten lebenden und fossilen Landtiere; der Schädel der Triceratops-Arten
(T. horridus und T. flabellatus) erreicht allein schon 1,8-2,5 m
Länge und muß ein enormes Gewicht gehabt haben, da die Schädelknochen entsprechend dick sind.
Die Gattung ist nach drei Hornzapfen benannt, von denen zwei große, 0,6-0,9
m hohe gewaltige Hörner auf den Stirnbeinen trugen, während ein dritter, kleinerer auf dem Nasenbein steht, so daß der Kopf
zugleich Ähnlichkeit
[* 11] mit dem des Rhinozeros erlangt haben muß, obwohl er vorn in einen Schnabel auslief. Auf große Schwere
deutet auch die starke Verbreiterung des Schädels nach hinten, die dort ein mächtiges, aus dem Hinterhaupt
und den Scheitelbeinen bestehendes Dach
[* 12] bildete, welches weit über den Nacken zurückreichte und Nackenmuskeln als Ansatzfläche
diente, die eine gewaltige Entwickelung gehabt haben müssen, um den mit drei großen Hörnern bewehrten ungeheuerlichen Kopf
zu regieren.
Auch der Hinterhauptskamm ist bei T. flabellatus am Seitenrand mit einer Reihe spitzer Knochen besetzt,
welche wahrscheinlich Hornstacheln trugen. Der Rachen entspricht nicht ganz dem furchtbaren Anblick dieses gehörnten Drachenschädels,
denn die Kiefer trugen nur kleine Zähne,
[* 13] während die Zwischenkiefer ganz zahnlos sind und ebenso wie die entsprechende Partie
des Unterkiefers mit einem sonst niemals beobachteten Schnabelbein bedeckt waren, welches im Leben wahrscheinlich
einer Hornbekleidung des Schnabels, derjenigen der Schildkröten
[* 14] ähnlich, als Unterlage diente. Natürlich kann ein solcher
Schnappschnabel, wie wir ihn bei den Riesenschildkröten sehen, gefährlich genug sein. Die Nasenbeine, welche wie beim Rhinozeros
ein Mittelhorn trugen, sind kräftig entwickelt.
So baut sich in unsrer Phantasie ein Tier auf, welches an Größe und Schreckhaftigkeit alle Drachenphantasien
der Maler weit übertrifft, wenn wir auch in Moloch horridus, Phrynosoma orbicularis, Metapoceros und andern ausländischen
Eidechsen
[* 15] lebende Miniaturbilder solcher
mit Hornstacheln besetzter Großechsen besitzen. Bei Triceratops scheint der
ganze übrige Körper dem schwerbewaffneten Haupt in dem Maße dienstbar geworden zu sein, daß diese Schreckenstiere
an solcher Einseitigkeit zu Grunde gehen mußten.
Während das Haupt wuchs, um die Bewaffnung noch tragen zu können, wurden zuerst der Nacken, dann die Vorderglieder, zuletzt
das ganze Skelett
[* 16] in der einen Richtung verändert, Stützpunkte für den Schädel zu liefern. Die Intelligenz scheint dagegen,
wie aus dem außerordentlich kleinen Gehirnraum zu schließen ist, nur schwach entwickelt gewesen zu sein, schwächer selbst
als bei den ebenfalls mit Hornstacheln bewaffneten Stegosauriern, bei denen die im Kreuzbein belegene Strecke des Rückenmarkskanals,
d. h. der Raum des Hinterteilgehirns, den Inhalt der Schädelhöhle um mehr als das Zehnfache übertrifft.