Dinka
oder Denka, auch Djangeh, ein afrik. Negerstamm, der am Bahr el-Abiad und seinen Nebenflüssen zwischen 6–12° nördl. Br. wohnt und von 6 bis 10° das westl., von 6 bis 12° das östl. Ufer des Flusses innehat. Das von den Dinka bewohnte Gebiet ist eine unermeßliche Ebene, durch die der Bahr el-Abiad fließt. An seinen Ufern ziehen sich von den sog. Dinkahügeln, der nördl. Grenze des Gebietes der Dinka, bis zum Sobat rechts und links anmutige Anhöhen hin, die reich an Wild sind.
Von da an bis zur südl. Grenze des Dinkagebietes werden die Ufer niedrig und verlaufen in Sümpfe, aus denen bloß hier und da ein Mimosenwäldchen emporragt. Die Dinka unterscheiden sich körperlich von den zwischen ihnen (zwischen 10–7° nördl. Br.) wohnenden Schilluk und Nuer, welche von ihnen als Eindringlinge und Erbfeinde betrachtet werden, wesentlich, indem die Dinka von höherer Statur sind und einen an beiden Seiten mehr zusammengedrückten länglichen Schädel mit bedeutend hervorragender Stirn besitzen.
Ihre Farbe ist schwarz mit einem Stich ins Bläulichgraue. (S.Tafel: Afrikanische Völkertypen, [* 1] Fig. 20.) Sie zerfallen in mehrere unabhängige Stämme, von denen (von Norden nach Süden) am östl. Ufer die Abjalang, Agar, Abujo, Dongiol, Tuitsch, am westl. Ufer die Jange, Rek, Rol, Kjetsch, Ghok, Lau, Atuot und Mandari die bedeutendsten sind. Ihrer Beschäftigung nach sind die Dinka ein Hirtenvolk, dessen Reichtum in den zahlreichen sorgfältig gepflegten Rinderherden besteht.
Daneben treiben sie auch Ackerbau und bauen Durra, in einigen Gegenden auch Hülsenfrüchte. Der Fischfang im Nil liefert das ganze Jahr hindurch eine gute Ausbeute. Ihrer geistigen Begabung nach stehen die Dinka ziemlich hoch, obwohl ihre religiösen Vorstellungen verworren und vom krassesten Aberglauben durchsetzt sind, weshalb die Regenmacher und Zauberdoktoren eine große Rolle bei ihnen spielen; die Erzeugnisse ihrer Hausindustrie zeugen von einer nicht unbedeutenden Geschicklichkeit und von gutem Geschmack. Gleich allen Negerstämmen dieser Gegenden gehen die Dinka völlig nackt; bloß die verheirateten Weiber tragen eine mehr oder weniger kunstvoll gearbeitete Schambedeckung. Sie leben ohne gemeinsames Oberhaupt und ihre Dorfhäuptlinge besitzen nur geringe persönliche Macht. Sie sind mäßig und halten während des Tages bloß
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einmal, gegen Sonnenuntergang, eine Mahlzeit. Die Sprache der Dinka ist sehr einfach und wohlklingend; sie scheint mit der Sprache der Bari (s. d.) in einem gewissen innern Zusammenhange zu stehen. Mit den Bantusprachen Südafrikas hat sie die Präfixbildung gemein. Seit dem J. 1848 war unter den Dinka eine von der röm. Propaganda ausgegangene kath. Mission thätig, die 1861 dem Franziskanerorden übergeben wurde. –
Vgl. Kaufmann, Das Gebiet des Weißen Flusses (Brixen 1861);
Hartmann, Naturgeschichtlich-mediz.
Skizze der Nilländer (Berl. 1865);
Mitterrutzner, Die Dinkasprache in Centralafrika (Brixen 1866);
Marno, Reisen im Gebiete des Blauen und Weißen Nil (Wien 1874);
F. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, Bd. 1, Abteil. 2 (ebd. 1877);
Schweinfurth, Im Herzen von Afrika (Lpz. 1878);
Emin-Pascha. Eine Sammlung von Reisebriefen und Berichten, hg. von Schweinfurth und Ratzel (ebd. 1888).