Diktātor
(lat.,
Magister populi), eine außerordentliche, in
Zeiten der
Not oder für besondere
Geschäfte ernannte und
vorübergehend (außer im letzten
Jahrhundert nie auf länger als sechs
Monate) mit der höchsten
Gewalt bekleidete Magistratsperson
der römischen
Republik. Die Einführung dieses
Amtes fällt ins Jahr 498
v. Chr., als die
Römer
[* 2] in einen
gefährlichen
Krieg mit den
Latinern verwickelt waren. Der erste Diktator
war T. Lartius. Das neue (übrigens von den
Latinern entlehnte)
Amt
(Diktatur) hatte den
Zweck, die
Einheit und
Kraft
[* 3] der
Regierung zunächst gegen äußere Feinde, bald aber auch gegen innere
Unruhen zu stärken und somit für
Fälle besonderer
Gefahr die königliche
Gewalt zu ersetzen.
Deswegen waren dem Diktator
alle übrigen
Magistrate mit Ausnahme der
Volkstribunen untergeordnet, deswegen war er
frei von der
Berufung
an das
Volk und von der Rechenschaftspflicht; so wenigstens in der ältern Zeit, denn in der
Folge scheint beides auch für
den Diktator
Geltung gewonnen zu haben. Er wurde, nachdem der
Senat die Einsetzung beschlossen, von einem der
Konsuln oder einem Konsulartribun ernannt, der dieses
Geschäft unter
Beobachtung der
Auspizien in der
Stille der
Nacht vollziehen
mußte; er selbst setzte sich dann einen
Magister equitum als Reiterobersten und zweiten Befehlshaber an die Seite.
Als Zeichen seiner außerordentlichen
Gewalt schritten ihm 24
Liktoren voran, während den
Konsuln nur je 12 gestattet
waren, und zwar führten diese
Liktoren, da ihm das
Recht über
Leben und
Tod zustand, in ihren Rutenbündeln auch die
Beile,
deren
Führung den
Konsuln seit dem ersten Jahr der
Republik verboten war. Außer für
Erhaltung der öffentlichen
Wohlfahrt in gefährlichen
Kriegen
oder bürgerlichen
Unruhen wurden zuweilen auch für einzelne, selbst unbedeutende
Geschäfte
Diktatoren
gewählt, als: die Einschlagung des Jahresnagels in den kapitolinischen Jupitertempel, die
Haltung der
Komitien
in
Abwesenheit der
Konsuln, die Vollziehung des
Zensus und namentlich die Ergänzung des
Senats, die Leitung öffentlicher
Spiele,
Anstellung außerordentlicher Kriminaluntersuchungen,
Aushebung etc. Auch die
Diktatur war anfangs gleich
den übrigen höhern
Magistraten ein auf die
Patrizier beschränktes
Amt; im J. 356 wurde aber der
Plebejer
Gajus
Martius Rutilus
zum Diktator
ernannt und damit auch dieses
Amt den
Plebejern zugänglich gemacht. Da übrigens seit der Gleichstellung der
Patrizier
und
Plebejer die innern Streitigkeiten eine lange Zeit ruhten und nach dem zweiten
Punischen
Krieg in
Italien,
[* 4] welches die Diktatoren
nicht verlassen durften, keine bedeutenden
Kriege mehr zu führen waren, so wurde die Anwendung der
Diktatur immer seltener und hörte endlich mit dem zweiten
Punischen
Krieg völlig auf.
Der letzte Diktator
in dem ursprünglichen
Sinn wurde im J. 202 gewählt. Die
Diktaturen des
Sulla und
Julius Cäsar
waren ungesetzlich und dienten nur als
Namen für die von ihnen geübte
Alleinherrschaft. Im J. 44 wurde die
Diktatur durch
ein
Gesetz des M.
Antonius völlig abgeschafft; später wurde sie dem Oktavian wiederholt vom
Volk angeboten,
aber beharrlich von ihm abgelehnt. Übrigens wird der
Ausdruck Diktator
auch im modernen Staatsleben gebraucht, um einen allmächtigen
Staatsmann oder
Feldherrn zu bezeichnen, und man spricht von der diktator
ischen
Gewalt oder von der
Diktatur oder von dem diktator
ischen
Auftreten eines solchen, um sein aus dem
Rahmen des regelmäßigen
Staats- und Verfassungslebens heraustretendes
Wesen und Wirken zu kennzeichnen.