Dietrich
von
Bern,
[* 2] einer der Haupthelden der deutschen
Heldensage, stammte aus dem
Geschlecht der
Amelungen und bildet den
Mittelpunkt des ostgotischen
Sagenkreises. Er ist von
einem
Geist gezeugt; daher schießt
Feuer aus seinem
Mund,
sobald er zornig
wird.
Schon als
Jüngling kämpfte er mit dem
Riesen
Sigenot und mit dem
Recken
Ecke, später im
Rosengarten
bei
Worms
[* 3] auch mit
Siegfried. Vor
Ermrich, dem
Bruder seines
Vaters, mußte er aus seinem
Reich in
Italien
[* 4] nach
Ungarn
[* 5] fliehen, wo
er samt seinen
Mannen (darunter der alte
Hildebrand) von
Etzel, dem König der
Hunnen, gastlich aufgenommen wurde.
Ein Kriegszug gegen
Ermrich, zu dem ihm
Etzel ein stattliches
Heer mitgegeben, mißglückt, und er muß
wieder zu den
Hunnen zurückkehren.
Später rückt er mit einem neuen
Heer nach
Italien, erobert nach einer gewaltigen
Schlacht
die Stadt
Raben
(Ravenna), vertreibt
Ermrich und nimmt sein
Reich wieder in
Besitz. Die
Niederlage der
Burgunden
durch die
Hunnen hatte zur
Folge, daß Dietrich
in die burgundische und fränkische Siegfriedsage verflochten wurde, und so begegnet
uns seine gewaltige und doch bescheidene Gestalt, mit sichtlicher Vorliebe gezeichnet, im zweiten Teil des
Nibelungenliedes
an König
Etzels
Hof.
[* 6]
Überhaupt sammelte sich um Dietrich
im
Lauf der Zeit ein großer
Sagenkreis, dem die deutschen Dichter des
Mittelalters
mit Vorliebe ihre
Stoffe entlehnten, und selbst die
Bauern singen und sagen noch spät von
dem treuen, echt volkstümlichen
Helden. Offenbar liegen der Gestalt
Dietrichs alte mythologische
Vorstellungen zu
Grunde: Dietrich
mag als Vermenschlichung des Donnergottes
Thor anzusehen sein, der noch am glühenden
Atem erkenntlich ist.
Später übertrug sich die
Sage von
dem
Gott auf die historische
Person
Theoderichs d. Gr., der seinen Sitz in
Verona
[* 7] hatte, das im
Mittelalter Bern
hieß.
Demgemäß ist auch in einigen der auf Dietrich
bezüglichen Gedichte (»König
Laurin«,
»Ecken Ausfahrt«,
»Sigenot«,
»Alpharts Tod«,
»Dietrichs Flucht«,
»Rabenschlacht« etc.) das historische
Element vorwiegend, während in andern, nämlich in denen, in welchen Dietrich
in mannigfache
Verbindung mit
Sagen von
Zwergen,
Riesen
und
Drachen gebracht wird (z. B.
»Dietrich und seine
Gesellen«),
das mythologische überwiegt.
Vgl.
Uhland, Dietrich
(in
Pfeiffers
»Germania«,
[* 8] I, S. 304);
Raßmann, Die deutsche Heldensage (Hannov. 1857-59);
K.
Meyer, Die Dietrich
ssage in ihrer geschichtlichen
Entwickelung (Basel
[* 9] 1868).