Titel
Diamánt
(Demant, griech. u. lat. Adamas; hierzu Tafel »Diamanten«), [* 2]
Mineral aus der Ordnung der Metalloide, kristallisiert tesseral, meist in krummflächigen, oft mehr oder weniger der Kugelform genäherten Kristallen und findet sich lose oder einzeln eingewachsen, selten derb in feinkörnigen, porösen, braunschwarzen Aggregaten (Karbonat). Er ist sehr spröde, auf dem Bruch muschelig, nach den Flächen des Oktaeders ausgezeichnet spaltbar, vom spez. Gew. 3,5-3,6 und in seiner großen Härte (10) nur dem kristallisierten Bor vergleichbar. Er ist farblos und wasserhell, auch grau, gelb, braun, schwarz, rot, grün, blau, meist aber von hellerer Färbung.
Vollkommen durchsichtig, besitzt
er den eigentümlich lebhaften, nach ihm benannten Diamant
glanz und ein
ungemein starkes Lichtbrechungsvermögen und zeigt deshalb, wenn er geschliffen ist, ein ausgezeichnetes Farbenspiel. Unter
Abschluß der
Luft erhitzt, wird er schwarz, indem er sich oberflächlich in
Graphit verwandelt; bei Zutritt der
Luft erhitzt,
verbrennt er zu
Kohlensäure. Er besteht also aus
Kohlenstoff (wie
Graphit und
Holzkohle) und hinterläßt
nur eine geringe
Menge unverbrennlicher
Substanz.
Viele
Diamanten enthalten Einschlüsse, harte dendritische
Formen,
Schuppen und
Splitter von gelber, brauner bis schwarzer
Farbe,
Quarzsplitter und in diesen nach dem Verbrennen des
Diamanten ein feines braunes und schwarzes
Netzwerk
[* 3] mit sechsseitigen
Maschen,
ferner grüne
Bildungen, welche gewissen niedern
Algen
[* 4] gleichen. Diese
Formen scheinen anzudeuten, daß
der Diamánt
auf nassem Weg aus organischer
Substanz entstanden sei, vielleicht aus einem
Kohlenwasserstoff, welcher bei langsamer
Verwesung an der
Luft seinen
Wasserstoff verlor und endlich den
Kohlenstoff kristallisiert abschied. In ähnlicher
Weise entsteht,
wie wir sicher wissen,
Schwefel aus
Schwefelwasserstoff. Das
Problem,
Diamanten künstlich darzustellen,
hat die Chemiker seit langer Zeit angelegentlich beschäftigt; doch scheiterten alle Bemühungen daran, daß bis jetzt kein
Lösungsmittel für
Kohlenstoff aufgefunden werden konnte. Erst in neuester Zeit gelang es
Ballantyne
Hannay in
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Glasgow, [* 6] auf die Weise zum Ziel zu gelangen, daß er Kohlenwasserstoff mit Magnesium in Gegenwart einer stabilen Stickstoffverbindung unter sehr hohem Druck erhitzte. Der hierbei sich ausscheidende Kohlenstoff nimmt die Form des Diamanten an, und die erhaltenen krummflächigen Oktaeder stimmen in allen Eigenschaften mit den natürlichen Diamanten überein.
Der Diamánt
findet sich besonders im aufgeschwemmten Land und im Flußsand, auch in tertiärem
Sandstein, an ursprünglicher Lagerstätte im Itakolumit, einem glimmerhaltigen Quarzgestein, das mit Hornblendeschiefern in
inniger Verbindung steht. Danach scheint das Urgebirge die Bildungsstätte der Diamanten zu sein. Edle Metalle und Steine, wie
Gold,
[* 7] Platin, Euklas, Topas,
[* 8] Chrysoberyll, Andalusit,
[* 9] Turmalin, Amethyst, Anatas, Rutil,
[* 10] Granat,
[* 11] Diaspor, Zirkon,
[* 12] Zinnstein,
[* 13] Tantalit, sind häufige Begleiter.
Die älteste Fundstätte ist ein großes Terrain im östlichen Teil Vorderindiens und zwar in einer jüngern Schicht aufgeschwemmten Bodens, in einem Konglomerat aus gerundeten Kieseln, welches von einer festen Sandsteinschicht überlagert wird. Die nur ca. 30 cm mächtige diamantführende Schicht wird durch Tagebau aufgeschlossen und durch einen Waschprozeß verarbeitet. Wo Flüsse [* 14] diese Schicht durchbrochen haben, findet man die Diamanten an den Ufern im Sand.
Madras [* 15] ist der Stapelplatz für den indischen Diamantenhandel und der Sitz indischer Diamantenschleiferei. Übrigens sind die indischen Diamanten bis jetzt noch immer die schönsten geblieben. Ähnlich ist das Vorkommen der Diamanten auf Sumatra und Borneo. In Brasilien [* 16] und zwar besonders in Minas Geraës bei Tejuco oder Diamantina wurden die Diamantenfelder 1727 entdeckt. Das Mineral findet sich hier eingewachsen in Itakolumit und im Cascalho, einem oft durch Brauneisen verkitteten Quarzkonglomerat, meist aber auch im losen Zustand.
Man gewinnt ihn durch einen Schlämm- und Waschprozeß und zwar in verhältnismäßig so bedeutender Menge, daß die indische
Produktion zum großen Teil lahm gelegt worden ist. Das Vorkommen im Ural, in Neusüdwales, Kalifornien, Arizona, Nordcarolina,
Georgia, Mexiko
[* 17] hat geringe Bedeutung. Dagegen hat die Entdeckung von Diamanten in Südafrika
[* 18] am Oranjefluß
und an seinem Quellfluß, dem Vaal, seit 1867 eine bedeutende Revolution im Diamantenhandel hervorgebracht. Der Diamánt
findet sich
hier in alluvialem Kies und stammt wahrscheinlich aus einem Gestein, welches früher das gegenwärtige Felsensystem bedeckte.
Es wurden hier große Steine von mehr als 100 Karat gefunden, aber die Kapdiamanten halten keinen Vergleich
mit den brasilischen aus. S. Tafel »Edelsteine«,
[* 19] Fig. 7.
Die Aufsuchung der Diamanten (Diamantwäscherei) ist eine sehr kostspielige Arbeit. Die Kleinheit der allermeisten Diamanten macht nämlich in Verbindung mit ihrer Seltenheit das Auswaschen und sorgfältige Durchsuchen einer Menge Erde notwendig, und außerdem werden trotz der genauesten Aufsicht viele Edelsteine von den Arbeitern entwendet. In Indien wäscht man die diamantführende Erde, um den Sand und Thon wegzuspülen, dann bringt man den Rückstand, welcher hauptsächlich aus kleinen Kieselsteinen und Eisensteinen besteht, auf eine festgestampfte Tenne, läßt ihn trocknen und dann die darin befindlichen Diamanten durch nackte Arbeiter unter schärfster Aufsicht aussuchen. Im Altertum wurden die Diamanten in ihrer natürlichen Form, jedoch mit künstlich polierten Flächen gefaßt und Spitzsteine genannt; seitdem aber Ludwig van Berguen ^[richtig: Berquen] 1456 die Kunst entdeckte, sie auf rotierenden Scheiben mit ihrem eignen Pulver (Diamantbord) zu schleifen, ihnen künstliche Flächen zu geben, durch welche ihre optischen Eigenschaften erst zu voller Geltung gelangen, sind die Diamanten erst recht im Wert gestiegen.
Man schleift sie hauptsächlich zu Brillanten und Rosetten (s. Edelsteine) und benutzt die größern für sich als Schmucksteine, die feinsten zum Karmesieren, Einfassen andrer Edelsteine. Der Wert der Diamanten richtet sich nach der Farbe, der Reinheit, dem Schnitt und dem Gewicht. Am höchsten im Preis stehen die farblosen, niedriger die roten, gelben, grünen, blauen, am niedrigsten die schwärzlichen, bräunlichen, stahlfarbigen und unrein bläulichen. In Bezug auf Durchsichtigkeit und Klarheit teilt man die Diamanten in drei Klassen und nennt vom ersten Wasser die vollkommen wasserhellen, ohne allen Fehler, vom zweiten Wasser die zwar wasserhellen, jedoch hier und da trübe Stellen, Wolken oder Federn darbietenden, vom dritten Wasser (kouleurte) die grauen, braunen, gelben, grünen, blauen oder schwärzlichen oder die zwar wasserhellen, aber sonst beträchtlich fehlerhaften.
Steine von bedeutender Größe heißen Parangons oder Nonpareils, auch Solitäre, die kleinen Salzkörner. Betrügereien im Diamantenhandel sind verhältnismäßig leicht zu entdecken. Es werden Dubletten und andre farblose Edelsteine untergeschoben, welche aber sämtlich dem Diamanten an Härte weit nachstehen. Sehr schöne Effekte erreicht man mit künstlichen Diamanten, dem bleireichen Glas [* 20] (s. Edelsteine), welches wenigstens bei künstlicher Beleuchtung [* 21] an Glanz und Farbenspiel dem Diamanten nahekommt, aber sehr weich ist und bei häufigem Gebrauch bald von seiner Schönheit verliert. Die vollkommenste Nachbildung bieten die sogen. Similibrillanten.
Die technische Benutzung des Diamanten wird eine immer ausgedehntere. Der Glaser schneidet mit den beilförmig gebogenen Kristallkanten des Diamanten das Glas; in der Lithographie graviert man die feine englische Schrift auf Visiten- und Adreßkarten, auf Wechseln, Rechnungen etc. mit einem scharfen, spitzen Diamanten. Die Kupfer- und Stahlstecher ziehen mit Diamanten die feinen Luftlinien auf der Platte. In den Achatschleifereien werden die Löcher in die Steine mit Diamantstücken gebohrt, auch andre harte Steine und Porzellan bearbeitet man in dieser Weise.
Festes Gestein bohrt man mit einem Röhrenbohrer, welcher vorn mit Diamanten besetzt ist. Eine andre Verwendung
findet der Diamánt
zum Abdrehen harter Stahlzapfen an astronomischen Instrumenten, wobei der Stahl mittels eines scharfkantigen
Diamanten seine genauere Nachdrehung erhält, nachdem er mittels des Drehstahls vorher rund abgedreht worden. Die feinen
Teilungen auf glatten Silber- und Messingrädern und auf Glas zu den Messungen bei mikroskopischen Untersuchungen
werden ebenfalls mit spitzen Diamanten gemacht.
Die schwarzen, amorphen Diamanten aus La Chapada in der Provinz Bahia [* 22] bilden derbe, feinkörnige, poröse Aggregate, zuweilen von 0,5-1 kg Schwere, kommen als Karbonat oder Karbon in den Handel und dienen zum Bohren und Schleifen andrer harter Steine. Die Diamantschleiferei wird fast ausschließlich in Amsterdam [* 23] ausgeführt, es bestehen dort fünf großartige Etablissements mit 872 Mühlen [* 24] und 3000 Arbeitern (fast nur Juden). Die Bruttomasse roher Diamanten, welche jährlich in Amsterdam verarbeitet wird, berechnet man auf 250-300,000 Karat und den Umsatz des ganzen dortigen Juwelengeschäfts auf 20-25 Mill. Gulden. ¶
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Die Kenntnis des Diamanten reicht hoch in das Altertum hinauf. Schon in der Bibel
[* 26] wird er unter dem Namen Schamir bei Jeremias
als Graviergriffel, bei Hesekiel und Zacharias als Bild der israelitischen Hartnäckigkeit angeführt. Adamas (der Unbezwingliche)
hieß der Diamánt
bei Griechen und Römern. Plinius führt ihn als das Wertvollste nicht allein unter den Edelsteinen,
sondern unter allen menschlichen Gütern auf. Der Diamánt
zeige vor allem die Erscheinung der Antipathie und Sympathie.
Der unbezwingliche Diamánt
, welcher zwei der heftigsten Dinge in der Natur, Eisen
[* 27] und Feuer, nicht achte, werde durch Bocksblut gesprengt.
In frischem warmen Blut maceriert, lasse er sich auf dem Amboß zu Teilchen zersprengen, welche mit den
Augen kaum wahrnehmbar seien, die aber der Steinschneider in Eisen fasse, und mit denen er in jede Materie, so hart sie auch
sei, graviere. Mit dem Magnet liege er in solchem Streit, daß er ihm selbst das Eisen entreiße. Er entkräfte
das Gift, vertreibe den Wahnsinn etc. Größere Verbreitung nach dem Westen haben die Diamanten erst seit den Einfällen der Ghasnawiden
nach Indien gefunden, und bis 1728 kamen sämtliche Diamanten von dort.
Viele der durch Schönheit oder Größe ausgezeichneten Diamanten haben ihre Geschichte. Der ursprünglich größte und der berühmteste unter allen Diamanten ist der Kohinur, d. h. Lichtberg. Die Sage der Inder läßt ihn schon vor 5000 Jahren von dem Helden Karna, den das Epos »Mahâbhârata« besingt, im Kriege getragen werden. Geschichtlich tritt er übrigens erst auf, seit ihn der Herrscher von Malwa, Alaed din Khilji, zu Anfang des 14. Jahrh. auf seinen Raubzügen nach Nordkarnatik erbeutete und nach Dehli mitnahm. Er soll 672, nach andern 793 Karat gewogen haben.
Als der Großmogul ihn 1665 Tavernier zeigte, wog er, durch das Ungeschick eines venezianischen Steinschleifers zerteilt,
nur noch 280 Karat (Tafel,
[* 25]
Fig. 8). Den Kohinur entführte Nadir Schah 1739 bei der furchtbaren Plünderung
Dehlis nach Afghanistan,
[* 28] von wo er in den Besitz des Maharadscha Rundschit Singh und nach dem Untergang des Reichs der Sikh in den der
Ostindischen Kompanie kam, die ihn 1850 dem englischen Kronschatz übergab. Durch Schleifen in Brillantform hat sich gegenwärtig
sein Gewicht bis 106 1/16 Karat verringert (Tafel,
[* 25]
Fig. 10). Der größte gegenwärtig genauer bekannte
Diamánt
ist der an der Spitze des russischen Kaiserzepters, der Orlow (Textfig. 1 u. 2), von 194¾ Karat, von unvorteilhaftem Schliff,
aber von ausgezeichnetstem Wasser.
Sein größter Durchmesser beträgt 3,378 cm, seine Höhe 2,18 cm. Er stammt aus dem Thronsessel Nadir Schahs und wurde nach dessen Ermordung durch einen armenischen Kaufmann angekauft, von dem er 1772 für 450,000 Silberrubel und einen russischen Adelsbrief in den Besitz der Kaiserin Katharina II. überging. Der größte aller bekannten Diamanten aber ist im Besitz des Sultans von Matan auf Borneo; er ist vom reinsten Wasser, wiegt 367 Karat und hat eine eiförmige Gestalt mit einer einspringenden Höhlung am spitzern Ende. Man fand ihn um 1740 bei Landak; er gilt seitdem als der Talisman des Radschas und seiner Dynastie. Zu den schönsten Diamanten gehören noch der »Florentiner« [* 29] oder »Großherzog von Toscana« (Tafel, [* 25] Fig. 3 u. 5) von 133 1/8 Karat, etwas gelblicher Farbe und als reich facettierter Briolett geschliffen. Er gilt für den größten Diamanten Karls des Kühnen, wurde von diesem 1476 in der Schlacht bei Granson verloren, gelangte aus Privathänden in den mailändischen Schatz, dann an Papst Julius II. und findet sich jetzt im Schatz des Kaisers von Österreich. [* 30] Auch der Sancy (Tafel, [* 25] Fig. 6) von nur 53,5 Karat, aber erstem Wasser stammt von Karl dem Kühnen, welcher ihn 1477 in der Schlacht bei Nancy [* 31] verlor.
Durch viele Hände gelangte der Stein an den hugenottischen Edelmann Sancy. Als dieser nach Solothurn [* 32] als Gesandter ging, erhielt er von Heinrich III. den Befehl, ihm als Pfand jenen Diamanten zu schicken. Der Diener, welcher ihn überbringen sollte, wurde aber unterwegs angefallen und ermordet, nachdem er den Diamanten verschluckt hatte. Sancy ließ den Leichnam öffnen und fand den Edelstein im Magen. [* 33] Jakob II. besaß denselben, als er 1688 nach Frankreich kam. Später war er im Besitz Ludwigs XIV. und Ludwigs XV., der ihn bei seiner Krönung trug. 1835 wurde er um 500,000 Rubel für den russischen Kaiser angekauft. Für den vollkommensten und schönsten Brillanten gilt allgemein der Regent oder Pitt (Tafel, [* 25] Fig. 2 u. 11) von 136,75 Karat, reinstem Wasser und vollendetstem Brillantschliff. Er stammt aus Ostindien, [* 34] wurde von einem Matrosen an den Gouverneur des Forts St. George, Namens Pitt, verkauft und gelangte von diesem an den Herzog von Orléans. [* 35]
Zur Zeit der französischen Revolution war er in Berlin
[* 36] beim Kaufmann Treskow verpfändet. Später zierte er den Degenknopf Napoleons
I., und noch jetzt befindet er sich im französischen Kronschatz. Der größte in Brasilien gefundene
Diamánt
, ein Brillant von reinstem Wasser, wog 254 Karat, wurde 1853 gefunden, wiegt nach dem Schnitt nur noch 125 Karat und ist als
»Stern des Südens« bekannt. Er befindet sich in Privatbesitz (Tafel,
[* 25]
Fig. 4 u.
12). Einen schönen blauen Diamanten von 44¼ Karat besitzt der Bankier Hope in Amsterdam (Tafel,
[* 25]
Fig. 9),
einen grünen Diamanten zeigt Tafelfig. 7. Außer den genannten haben indische Reisende noch andre große Diamanten beschrieben
und abgebildet, zu welchen z. B. der Großmogul (Tafel,
[* 25]
Fig. 1) von 279 Karat gehört.
Vgl. Kleefeld, Der
Diamánt
(Berl. 1876);
Rose, Über die Kristallisation des Diamanten (das. 1877);
Jacobs und Chatrian, Monographie du d. (Par. 1880);
Jannetaz und Fontenay, Diamánt
et pierres précieuses (das. 1880);
Streeter, The great diamonds of the world (Lond. 1882).
Fig. 1. Seitenansicht.