Dialōg
(griech.), Zwiegespräch, gegenseitige mündliche Mitteilung verschiedener,
auch einander widerstreitender
Ansichten über einen Gegenstand; auch ein Schriftwerk oder Teil desselben in der Form einer
solchen Unterredung. Der Dialog
eignet sich vorzüglich zur Untersuchung des
Wesens von
Begriffen und einzelnen
Gegenständen durch das
Interesse, welches die der dramatischen
Handlung ähnliche fortschreitende
Bewegung der
Erörterung gewährt.
Damit dies
Interesse nicht gestört werde, muß der Darsteller jede
Ansicht in ihrer ganzen
Kraft
[* 2] und naturgemäß durch die
Personen, welche den Dialog
führen, entwickeln und seine
Ansicht als ein notwendiges Ergebnis aus dem Gespräch
selbst hervorgehen lassen.
Der
Stil des Dialogs
muß die Natürlichkeit, die
Kürze und die lebhaften Wendungen eines gebildeten Gesprächs nachahmen,
ohne sich weder in die Zerrissenheit unablässig sich durchkreuzender
Fragen und Antworten noch in die
Breite
[* 3] ausgedehnter
Reden zu verirren. Man unterscheidet den poetischen Dialog
vom prosaischen. Den poetischen Dialog
nennt
man auch dramatischen, insofern sein Gegenstand die
Entwickelung einer
Handlung ist; denn die
Worte führen zu Entschlüssen
und diese zur That.
Die
Aufmerksamkeit bleibt daher auf den
Ausgang gerichtet, welcher durch das Vorhergegangene gehörig vorbereitet sein muß.
Zum prosaischen Dialog
rechnet man zuvörderst die theoretische Gesprächsform, deren Gegenstand eine
wissenschaftliche
Erörterung ist, und welcher sich der Sokratische oder philosophische Dialog
mit der ausschließlichen
Richtung
anknüpft, bestimmte
Vorstellungen und
Ansichten durch angemessene
Fragen hervorzurufen und zur vollen
Klarheit selbständig
zu entwickeln.
Der konversatorische Dialog
dagegen bezweckt bloß Unterhaltung für den
Augenblick und gesellige Mitteilung, wie sich endlich
der Charakterdialog
nur mit der Schilderung und Veranschaulichung der vorgeführten
Personen durch deren
eigne
Rede beschäftigt. Den philosophischen Dialog
bearbeiteten von den Neuern unter den
Deutschen
Lessing
(»Ernst und
Falk«),
M. Mendelssohn (»Phädon«),
Engel, Herder, Klinger, Jacobi, Schelling (»Clara, oder der Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt«),
Solger, Fries (»Julius und Evagoras«),
Melchior
Meyr (»Emilie.
Drei Gespräche über
Wahrheit,
Güte und
Schönheit«,
»Gespräche mit einem
Grobian«) u. a. Im komischen und satirischen Dialog
ahmte
Wieland den Satiriker
Lukianos glücklich nach.
Unter den Italienern haben sich in dieser Form
Petrarca (in seinem
Buch
»De vera sapientia«),
Machiavelli,
Gelli,
Algarotti und
Gasp.
Gozzi ausgezeichnet; bei den
Franzosen
Malebranche,
Fénelon und
Fontenelle, die den
Lukianos nachahmten.
Unter den Engländern folgten G.
Berkeley und
Rich. Hurd dem
Platon,
James
Harris dem
Cicero. In der dramatischen
Poesie ist der
Dialog
dem
Monolog (s. d.) entgegengestellt; im
Singspiel bildet
er den
Gegensatz von Gesangstücken, also die Redepartien.