Diät
(griech.), im weitern Sinn die »Lebensweise« des Menschen überhaupt, sowohl in physischer als psychischer Beziehung; im engern Sinn aber bloß von der Wahl der Nahrungsmittel gebraucht. Die Wissenschaft, welche sich mit der Betrachtung der Nahrungsmittel beschäftigt, die Diätetik, ein wichtiger Teil der Gesundheitslehre, handelt von der Abstammung und den Bestandteilen unsrer Nahrungsmittel, Getränke und Gewürze, ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften, den Veränderungen, welche sie bei der Zubereitung und bei der Verdauung erleiden, sowie auch von ihren physiologischen und chemischen Wirkungen im menschlichen und tierischen Körper und der zweckmäßigsten Art ihres Gebrauchs.
In der Lehre von der Heilung der Krankheiten ist eine vernünftige Regulierung der Diät einer der wesentlichsten und wichtigsten Punkte, und von ihr läßt sich oft weit mehr erwarten als von Arzneimitteln. Besonders bei chronischen Krankheiten kommt derselben oft eine viel höhere Bedeutung zu als den Arzneistoffen, und ohne die richtige Diät kann selbst das zweckmäßigste Heilverfahren nichts ausrichten, während viele Krankheiten durch Umänderung der Lebensweise allein geheilt zu werden vermögen.
Man unterscheidet zwei Hauptformen der Diät, nämlich die animalische und die vegetabilische Diät. Zur erstern gehören alle Arten von Fleisch, Eier und Milch (sowie gewisse Fette), also Stoffe, welche reich an Eiweiß (Stickstoff) und Fett sind; zur letztern vorzugsweise die stärkemehlhaltigen Stoffe: Brot, Mehl, frische und getrocknete Gemüse, Obst und von den gewöhnlichen Getränken namentlich Wein und Bier. Die vegetabilische Diät umfaßt also stickstofffreie oder doch stickstoffarme Substanzen. Aber nur in seltenen Fällen (abgesehen etwa von der Milchdiät der Säuglinge) wird eine ausschließlich animalische oder ausschließlich vegetabilische Diät befolgt werden; vielmehr wird der Mensch durch sein natürliches Bedürfnis fast immer auf eine gemischte Diät sich hingewiesen sehen. Vom ärztlichen Standpunkt aus verdienen besondere Erwähnung die entzündungswidrige (Fieberdiät) und die restaurierende oder kräftigende Diät. Zur
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entzündungswidrigen Diät gehören alle säuerlichen und süßlichen Pflanzenfrüchte, welche reich an Wasser, Zucker, Pflanzensäuren und deren Salzen sind, auch getrocknetes Obst und Weißbrot, als Getränk Wasser und überhaupt indifferente schleimige, auch angesäuerte Flüssigkeiten (Limonade). Zur restaurierenden oder roborierenden Diät gehören alle Fleischsorten, doch waltet unter diesen ein wesentlicher Unterschied ob. Das sogen. weiße Fleisch, welches von jungen Tieren, von Geflügel, Fischen und Kaltblütern herrührt, ist weniger reizend, aber im ganzen auch weniger nahrhaft als das rote Fleisch der Ochsen, des Wildbrets, auch der gemästeten Vogelarten: Gänse und Enten, der Rebhühner, Kramtsvögel etc. Zur roborierenden Diät gehören ferner: Eier, Milch, Brot, Schokolade, Fleischbrühe, Wein und gutes, kräftiges Bier.
Besonders sind es die süßen Weine und unter ihnen der Ungarwein, welche mit großem Erfolg bei Schwächezuständen in Anwendung gebracht werden. Die roborierende Diät eignet sich vorzüglich für geschwächte, blutarme und in der Ernährung heruntergekommene Leute.
Vgl. v. Lauer, Gesundheit, Krankheit, Tod (Berl. 1865);
Ideler, Allgemeine Diätetik für Gebildete (das. 1855);
Wiel, Diätetisches Kochbuch (5. Aufl., Freiburg 1881);
Derselbe, Tisch für Magenkranke (6. Aufl., Karlsbad 1884);
Uffelmann, Tisch für Fieberkranke (das. 1882);
Biermann, Tisch für Lungenkranke (das. 1882);
Eyselein, Tisch für Nervenkranke (das. 1883).