Devonische
Formation (nach der engl.
Grafschaft
Devonshire genannt, auch rheinische
Formation, jüngeres
Übergangsgebirge, hierzu Tafel »Devonische Formation«
),
Schichtensystem zwischen der
Silur- und der
Steinkohlenformation, besteht
dem Gesteinsmaterial nach vorwiegend aus
Sandsteinen
(old red sandstone,
alter roter Sandstein der
Engländer),
Konglomeraten,
sogen.
Grauwacken,
Kalksteinen und
Thonschiefern, letztere beiden
Gesteine
[* 2] oft in der
Weise verknüpft, daß
Kalkstein
Linsen im
Thonschiefer bildet
(Flinz, Flaserkalk), welche, der
Verwitterung schneller anheimfallend, ein löcheriges
Gestein (Kramenzelk
alkstein)
übriglassen.
Untergeordnet eingelagert sind dem Schichtensystem eine Reihe sonstiger Gesteine, darunter manche von großer technischer Wichtigkeit (s. unten). Meist unbauwürdig sind die hier und da vorkommenden Steinkohlenflöze. Die in den Schichten begrabenen Organismen tragen, dem hohen Alter der Formation entsprechend, einen fremdartigen, von der heutigen Schöpfung weit abweichenden Charakter. Dünn gesäet sind die Pflanzenformen: Fucus-Arten, einige Gefäßkryptogamen (Kalamiten, Lepidodendren, Farne), [* 3] Sigillarien mit ihren Wurzelstöcken, den Stigmarien und Koniferen [* 4] (letztere namentlich als verkieselte Stämme, Araucarioxylon).
Unter den Tierformen sind die Korallen [* 5] durch mannigfaltige Genera (Cystiphyllum, Cyathophyllum, Pleurodictyum u. a.) vertreten; eine sehr charakteristische und deshalb als Leitfossil besonders geeignete Form ist die Deckelkoralle Calceola sandalina (auf der Tafel mit abgehobenem Deckel dargestellt). Dagegen fehlen die für die silurische Formation so bezeichnenden Graptolithen im Devon [* 6] gänzlich. Unter den Echinodermen sind die Krinoideen weitaus am zahlreichsten (so Cupressocrinus und Haplocrinus; vgl. Tafel, auf welcher auch eine Blastoideenform, Pentremites, dargestellt ist).
Häufig finden sich ganze Schichten erfüllt mit den zu einzelnen Stielgliedern (Entrochiten, s. Tafel) aufgelösten Individuen sowie äußere Abgüsse von Säulenfragmenten samt dem Kanal, [* 7] welcher die Säule durchzieht (sogen. Schraubensteine). Wie in allen ältern Formationen, sind von den Mollusken [* 8] die Brachiopoden [* 9] und Cephalopoden häufiger als die Bivalven und Gastropoden. Von Brachiopoden stellt unsre Tafel eine der häufigsten Spiriferenarten (Spirifer speciosus) und Stringocephalus Burtini dar, letztern auch aufgeschnitten in einer seitlichen Ansicht, um das innere Knochengerüst zu zeigen.
Macrocheilus subcostatus und
Murchisonia bigranulosa sind
Beispiele devonischer
Gastropoden. Unter den
Cephalopoden, welche außerdem
durch zahlreiche
Genera verschiedener Aufwickelungsformen mit einfachstem Verlauf der Kammerwandungen
(Nautilus-Suturlinien) vertreten sind, ist die abgebildete Clymenia Sedgwickii ausschließlich, Goniatites costulatus wenigstens
sehr vorwaltend im
Devon entwickelt. Von Krustaceenformen treten die
Trilobiten (unsre Tafel stellt die bizarre Form des
Arges
armatus dar) weniger zahlreich als im
Silur auf, dagegen kommt der kleine, zweischalige
Krebs
[* 10]
Cypridina
(Entomis) serratostriata (s. Tafel) in unzähligen
Exemplaren in dem nach ihm genannten
Schiefer vor.
Unter den
Fischen ziehen die abenteuerlichen
Formen der
Asterolepis
(Pterichthys) cornutus (s. Tafel) mit ihren Knochenpanzern
die
Aufmerksamkeit auf sich, während
Eucephalaspis Lyelli und
Acanthodes den den ältern
Formationen eignen
Typus der
heterocerkalen Ganoideen besonders deutlich erkennen lassen.
Endlich bringt unsre Tafel den ganz vereinzelten
Fund des
Telerpeton
Elginense aus dem
Old red sandstone von
Elgin in
Schottland zur
Darstellung. Das
Tier wird gewöhnlich zu den
Labyrinthodonten
gestellt und würde der älteste
Saurier sein, doch ist die Parallelisierung der
Schichten, welchen der
Fund entstammt, mit devonischen
nicht ganz zweifellos. In der
Gliederung der devonischen
Schichten läßt sich überall, wo
sie vollständig entwickelt sind, eine Dreiteilung durchführen, welche am einfachsten als Unter-,
Mittel- und Oberdevon bezeichnet
wird. Als
Beispiel der nähern
Gliederung sei die Schichtenfolge aufgeführt, wie sie sich nach
Sandberger und
Kayser
in
Nassau und
¶
Cypridinen- (Entomis-) Schiefer.
Cypridina (Entomis) serratostriata, stark vergrößert. (Art. Muschelkrebse.)
Säulenstücke von Cupressocrinus crassus (Entrochiten), von der Fläche gesehen. (Art. Krinoideen.)
Arges armatus. (Art. Trilobiten.)
Pentremites Schulzi. (Art. Krinoideen.)
Eucephalaspis Lyelli (Art. Fische.) [* 12]
Acanthodes, restauriert. (Art. Fische.)
Asterolepis (Pterichthys) cornuta. (Art. Fische.)
Goniatites costulatus. (Art. Tintenschnecken.) [* 13]
Spirifer speciosus. (Art. Brachiopoden.)
Haplocrinus mespiliformis. (Art. Krinoideen.)
Von unten. Von der Seite. Von oben.
Clymenia Sedgwickii. (Art. Tintenschnecken.)
Macrocheilus subcostatus. (Art. Schnecken.) [* 14]
Murchisonia bigranulosa. (Art. Schnecken.)
Stringocephalus Burtini. (Art. Brachiopoden.)
Von der Rückenschale aus. Von der Seite.
Cupressocrinus crassus. (Art. Krinoideen.)
Telerpeton Elginense. (Art. Eidechsen.) [* 15]
Calceola sandalina, mit abgehobenem Deckel (a). (Art. Korallenpolypen.)
Zum Artikel »Devonische Formation«. ¶
mehr
Westfalen
[* 17] von unten nach oben unterscheiden läßt. Zum Unterdevon wären zu rechnen der Spiriferensandstein und die gleichalterigen
Quarzite im Taunus sowie die Wissenbacher Orthocerasschiefer. Ihnen folgen Grauwackenschiefer (rheinische Grauwacke) mit Eifeler
Kalk, Calceolaschiefer, Schalsteine und Stringocephalenkalk als Mitteldevon, endlich Goniatitenkalke, Cypridinenschiefer und Clymenienkalke
als Oberdevon. Die geographische Verbreitung der devonischen
Formation ist namentlich in Britannien, Rußland
und Nordamerika
[* 18] eine sehr große. In Frankreich besitzen die Bretagne und die Normandie, in Spanien
[* 19] Asturien größere Devongebiete.
In Deutschland
[* 20] findet die Formation ihre Hauptentwickelung am Unterrhein (vom Taunus an abwärts), in der Eifel (zusammenhängend
mit dem Devon Luxemburgs und Belgiens), am Harz, im Fichtelgebirge, untergeordneter in der preußischen Provinz
Schlesien
[* 21] und dem benachbarten Österreichisch-Schlesien und Mähren.
[* 22]
Die vulkanische Thätigkeit lieferte während der devonischen
Periode vorzugsweise Diabase. Ihre stark zersetzten Tuffe, die
Schalsteine, sind mit dem übrigen Schichtenmaterial der devonischen
Formation durch Wechsellagerung eng verbunden und ihrerseits,
besonders in Nassau, Westfalen und dem Harz, mit Roteisensteinen, in Nassau zudem noch mit Phosphoriten verknüpft.
An technisch wichtigen Substanzen birgt das devonische
Schichtensystem außer den eben citierten Roteisensteinen und den zu
landwirtschaftlichen Zwecken in Nassau emsig abgebauten Phosphoriten mannigfaltige Erzlagerstätten:
[* 23] am Rammelsberg im Harz Gemenge
von Zinkblende, Kupferkies, Eisenkies
[* 24] und Bleiglanz, in Westfalen und bei Aachen
[* 25] Zink- und Bleierze.
Ferner werden die betreffenden Gesteine von Nickel und Kupfererzen, von Blei- und Manganerzen, von Eisenspat (Müsen bei Siegen),
[* 26] von Zinnstein
[* 27] (Cornwallis) gangförmig durchsetzt. Auch scheint wenigstens ein Teil der großen Petroleumschätze Pennsylvaniens
devonischen
Schichten zu entstammen.
Vgl. Dechen, Über die Schichten im Liegenden des Steinkohlengebirges (Bonn [* 28] 1850);
Römer, [* 29] Das rheinische Schiefergebirge (Hannov. 1844);
F. und G. Sandberger, Beschreibung und Abbildung der Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau (Wiesbad. 1850-56);
Kayser, Studien aus dem Gebiet des rheinischen Devon (Berl. 1870-79).