Emil, Graf, ungar. Politiker und Publizist, geb. 17. Aug. 1814 zu Eperies, beschäftigte sich frühzeitig mit Staatswissenschaften
und lernte dann auf mehrjährigen Reisen die öffentlichen Zustände Belgiens, Deutschlands, Englands und
Frankreichs aus eigner Anschauung kennen. 1830 zum Unternotar des Szabolcser Komitats ernannt, trat er bald als politischer Schriftsteller
von durchaus konservativer Gesinnung auf, zunächst in Gemeinschaft
mehr
mit seinem genialen Bruder Aurel (geb. 1808, gest. 9. Febr. 1842), der bedeutendsten
Kraft unter den Konservativen, gegen Széchényis (s. d.) Schrift »Hitel«, in den »Briefen aus dem Alföld« (1842),
im »Század«
etc. und beteiligte sich namentlich 1844 an der Redaktion des »Budapesti
Hirlap«. Während der Revolutionsjahre lebte er auf seinen Gütern, namentlich mit finanzwissenschaftlichen
Studien beschäftigt, und veröffentlichte eine Schrift: »Über die schwebenden österreichischen Finanzfragen« (Pest 1856).
Seit einiger Zeit Präsident der Ungarischen Bodenkreditanstalt, wurde er 1856 auch zum Vorsitzenden der ungarischen Akademie
erwählt und erwarb sich in beiden Stellungen große Verdienste um Förderung der nationalen Kultur Ungarns. Gegen Ende
des Jahrs 1865 in den Landtag gewählt, ward er durch Krankheit an der Ausübung seines Mandats gehindert. Dessewffy starb 10. Jan. 1866.
(spr. déschöfi), altes ungar. Adelsgeschlecht,
das 1666 den Freiherrenstand, 1775 die österr. Grafenwürde erlangte und gegenwärtig in drei Zweigen
blüht. Graf Joseph Dessewffy, geb. 13. Febr. 1771 zu Krevian im Saroser Komitat, gest. 2. Mai 1843, erwarb sich durch mehrere Schriften sowie
als Freund Kazinczys, des Wiedererweckers der neuern ungar. Litteratur, in der Geschichte derselben
einen geachteten Namen. Dessewffy hinterließ drei Söhne. Der älteste, Graf Aurel Dessewffy, geb. 27. Juli 1808, gest. 9. Febr. 1842,
war seit 1833 Führer der konservativen Partei auf den Landtagen wie in der Journalistik.
Dessen jüngerer Bruder, Graf Emil Dessewffy, geb. 17. Aug. 1814 zu Eperies, vertrat bis 1848 im öffentlichen
Leben die Interessen der Konservativen. Während der Revolutionszeit zog er sich ins Privatleben zurück,
entwickelte aber später eine bedeutende polit. und sociale Wirksamkeit. Er verfaßte 1857 eine Denkschrift, in der der Kaiser
gebeten wurde, die neuen Anordnungen in Ungarn mit Rücksicht auf die gewonnenen Erfahrungen einer neuen Erwägung unterziehen
zu lassen.
Unmittelbar vor dem 20. Okt. 1860 war er als einer der sog. Oktobermänner
sehr thätig. Man erwählte ihn 1856 zum ersten Präsidenten der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, und diese Wahl wurde
dann jedes dritte Jahr erneuert. In dieser Stellung suchte Dessewffy namentlich ausreichende Fonds
zur Errichtung eines eigenen Gebäudes
sowie für litterar. Unternehmungen der Akademie zu beschaffen. Ferner begründete Dessewffy 1862 eine von ihm
selbst geleitete Bodenkreditanstalt. Als Repräsentant auf dem Reichstage 1865 neigte er zu der polit. Auffassung Deáks. Er
starb 10. Jan. 1866 in Preßburg. Er schrieb u. a.: «Über die schwebenden österr. Finanzfragen» (Wien 1856). Ein dritter Bruder,
Graf Marcell Dessewffy, geb. 24. März 1813, gest. 3. März 1886,
schrieb: «Der polit.-sociale Radikalismus der Neuzeit»
(Wien 1851).