Despotismus
(Despotie, griech.), diejenige Regierungsform, bei welcher lediglich der Wille und die Willkür des Herrschers entscheiden. Man bezeichnet damit den höchsten Grad und die Ausartung eines autokratischen oder absolutistischen Regierungssystems (Tyrannis, Willkürherrschaft). Aber nicht nur in der Monarchie ist ein Despotismus möglich; auch in der Republik können Gewalthaber zeitweise despotisch auftreten, wenn es ihnen gelingt, lediglich nach ihrem Willen die Geschicke des Volkes zu bestimmen. In der Regel spricht man allerdings von Despotismus in der Bedeutung von Fürstendespotismus, und man nennt denjenigen Despotismus, welcher im 17. und 18. Jahrh. in den meisten deutschen Territorien zu finden war, einen patriarchalischen Despotismus, weil damals das Verhältnis zwischen Landesherrn und Landeskindern in der That vielfach einen gewissen patriarchalischen Charakter angenommen hatte. Auch in Rußland, der eigentlichen Heimat des Despotismus. (»Despotisme tempéré par l'assassinat«, Despotismus durch Meuchelmord gemäßigt), hat derselbe mildere Formen angenommen, so daß man jetzt wohl auch mit Beziehung auf das russische Reich von einem aufgeklärten Despotismus sprechen kann. Übrigens wird der Ausdruck Despotismus vom Staatsleben nicht selten auch auf andre Lebensverhältnisse übertragen. Man bezeichnet es im Gemeinde-, Kirchen-, Vereins- und Familienleben, im Beamten- und Militärwesen als Despotismus, wenn ein Einzelwille sich in ungerechtfertigter Weise andern gegenüber dominierend zur Geltung bringen will. So wird z. B. auch von einem Ministerdespotismus gesprochen, wenn sich das Übergewicht eines leitenden Staatsmannes nicht nur seinen Mitarbeitern und der Volksvertretung, sondern auch selbst dem Monarchen gegenüber in unzulässiger und übermäßiger Weise geltend macht.