Demosthĕnes,
griech. Redner,
geb. 383
v. Chr. im attischen
Demos Päania als Sohn eines gleichnamigen
Waffenfabrikanten. Nach dem frühen
Tode seines
Vaters durch Vormünder um sein Vermögen gebracht, ward Demosthenes
in die Laufbahn
eines Gerichtsredners gedrängt. Von Isäus vorgebildet, trat er 364 zuerst gegen seine Vormünder auf, gewann den Prozeß,
scheint aber wenig von seinem
Gelde wiedererlangt zu haben. Dagegen erwarb er eine ausgedehnte Anwaltspraxis,
insbesondere im Redenschreiben für Prozessierende.
Sphragid - Spiegel

* 2
Spiegel.
Beim eigenen Reden
soll er erst durch mühevolle Gewöhnung einige körperliche
Fehler überwunden haben; am besten beglaubigt
ist, daß er mit kleinen
Kieseln im Munde laufend und bergesteigend sich zu reden gewöhnte, sowie, daß er vor
einem hohen
Spiegel
[* 2]
Bewegungen und Gebärdenspiel studierte. 359 trat er zuerst in öffentlichen Angelegenheiten vor Gericht
auf, 354 hielt er
die erste polit. Volksrede.
In den folgenden Jahren trat er an die
Spitze der athen.
Unabhängigkeitspartei
gegenüber den Einigungsbestrebungen Philipps Ⅱ. von Macedonien; die gegen diesen gerichteten olynthischen und philippischen
Reden gelten als unübertroffene
Muster der
Redekunst. 346 nahm Demosthenes
mit
Äschines (s. d.) an der Gesandtschaft teil, die mit
Philipp einen für
Athen
[* 3] ungünstigen Frieden schloß. Demosthenes
klagte darauf
Äschines an durch die Rede über die Pseudogesandtschaft,
erreichte aber nicht die
Verurteilung. 340 bewirkte Demosthenes
einen
Bund zwischen
Theben und
Athen und die Kriegserklärung
an Philipp.
An der Schlacht bei Chäronea nahm er selbst teil und hielt dann auf Staatsauftrag den Gefallenen die Leichenrede; auch wurde ihm, trotz Äschines’ Widerstand, nach seiner berühmten Rede «vom Kranz» 330 die Bürgerkrone zuerkannt. 324 in die Bestechungsangelegenheit des Harpalus (s. d.) verwickelt und zu 50 Talenten Strafe verurteilt, entfloh er nach Trözen. Nach dem Tode Alexanders feierlich zurückgerufen, mußte er nach dem Lamischen Kriege vor Antipater abermals fliehen; im Poseidontempel zu Kalauria tötete er sich, um der Verhaftung zu entgehen (Okt. 322), durch Gift.
Unter seinem
Namen sind noch 61 (oder eigentlich 60) Reden erhalten, unter denen jedoch mehrere schon
von alten Kritikern als ihm nicht angehörig erkannt worden sind, ferner 56 jedenfalls nur zum
Teil von Demosthenes
herrührende Eingänge
(Proömien) und 6
Briefe, deren Echtheit zweifelhaft ist. Gesamtausgaben in den «Oratores Attici»
von
Bekker (Oxf. 1823
u. Berl. 1824), von
Baiter und Sauppe (Zür. 1838 fg.), von Vömel (2 Bde.,
Par. 1843
u. 1845) und von Dindorf (9 Bde., Oxf.
1846‒51);
Textausgaben von Bekker (Lpz. 1854‒55) und Dindorf (4. Aufl., besorgt von Blaß, ebd. 1885 fg.);
Halle

* 4
Halle.kritische Ausgabe der Reden Ⅰ-ⅩⅦ und ⅩⅧ-ⅩⅩ von Vömel (Halle [* 4] 1856‒57 u. Lpz. 1862 u. 1868);
Ausgaben mit erklärenden Anmerkungen von Westermann (-Müller-Rosenberg) und Rehdantz (-Blaß) (je 3 Bde., in wiederholten Auflagen, die eine Berl. 1860 fg., die andere Lpz. 1865 fg.) sowie von Weil («Harangues», Par. 1873);
einzelne Reden gaben F. A. Wolf, Buttmann, Bremi, Dissen, Franke u. a. heraus.
Übersetzungen der Staatsreden von Jacobs (2. Aufl., Lpz. 1833),
Demosthenes (Heerführe

* 5
Seite 54.933. der ausgewählten Reden von Westermann (Stuttg. 1856 fg.) u. a.
Von einer
Ausgabe der Werke des Demosthenes
, griechisch und deutsch zum
Teil von Köchly und Benseler, sind 10
Teile erschienen (Lpz.
1856‒61 fg.). Einen «Index Demosthenicus» verfaßte
Preuß (ebd. 1892). – Vgl.
¶
mehr
A. Schäfer, Demosthenes
und seine Zeit (3 Bde., Lpz.
1856‒58; 2. Aufl. 1885‒87): Girard, Études sur l’éloquence attique (Par. 1874);
Croiset, Des idées morales dans l’éloquence politique de Démosthène (ebd. 1874);
Blaß, Geschichte der attischen Beredsamkeit, Bd. 3 (2. Aufl., Lpz. 1893);
Brédif, L’éloquence politique en Grèce.
Démosthène (Par. 1879); Hug, Demosthenes
als polit.
Denker (in den «Studien aus dem klassischen Altertum», Freiburg
[* 6] 1881).