Hier machte er sich besonders bei der Generalverwaltung der
Steuern, bei welcher er speziell beschäftigt war, verdient und
wurde deshalb 1844 in das neugebildete
Handelsministerium versetzt, in welchem er 1848 Ministerialdirektor
und
Chef der Handelsabteilung wurde. Seine erste bedeutende Leistung war der
SiegPreußens
[* 12] über die
HandelspolitikÖsterreichs 1853. Nachdem
er 1851
Hannover
[* 13] und
Oldenburg
[* 14] für den
Zollverein gewonnen, gelang es ihm damals, die deutschen
Staaten, welche von
Österreich
[* 15] für dessen
Aufnahme in den
Zollverein schon gewonnen waren, zur Erneuerung des bisherigen
Zollvereins auf
zwölf Jahre zu bestimmen.
Bismarck ließ Delbrück in handelspolitischenDingen völlig
freie Hand und schloß sich ganz seinen
Ansichten
an. Er räumte ihm einen noch größern Wirkungskreis an seiner Seite ein, indem er im
August 1867 seine Ernennung zum
Präsidenten
des Bundeskanzleramts und 1868 zum preußischen Staatsminister ohne
Portefeuille veranlaßte. Delbrück vertrat fortan den
Kanzler
sowohl im
Bundesrat als im
Reichstag und zeigte bei den
Verhandlungen des letztern eine ungewöhnliche Sachkenntnis,
Sicherheit und Schlagfertigkeit in der
Verteidigung der Regierungsvorlagen, während er gleichzeitig durch konstitutionelle
Haltung und Mäßigung sich das Vertrauen der
Majorität erwarb. Er war
Bismarcks »rechte
Hand«.
[* 18]
Inzwischen aber hatten sich die volkswirtschaftlichen
Ansichten des
Reichskanzlers von denen Delbrücks geschieden. Während
letzterer die
Staatsgewalt auf die
Erhaltung der Rechtssicherheit für alle geschäftlichen
Unternehmungen beschränkt wissen
wollte, faßte
Bismarck den großen
Plan seiner sozialpolitischen
Reformen und beschloß zunächst, die
EisenbahnenDeutschlands
[* 21] an das
Reich zu bringen. Er teilte davon Delbrück nichts mit, und dieser erkannte daraus, daß eine
Gemeinschaft desHandelns zwischen
Bismarck und ihm nicht mehr möglich sei. Er bat daher um seine Entlassung, die er auch erhielt. 1878 in
denReichstag gewählt, widersetzte er sich in der Reichstagssession 1879, freilich vergeblich, mit Aufbietung
aller seiner Sachkenntnis und
Erfahrung der
Annahme des neuen
Zolltarifs, namentlich der
Getreide- und der Industrieschutzzölle.
Delbrück schrieb: »Der
Artikel 40 der
Reichsverfassung« (Berl. 1882).
»Einleitung in das Sprachstudium«
(2. Aufl., Leipz. 1884; engl., das.
1882),
worin die
Probleme der jetzigen Linguistik erörtert werden, u. a. Auch gab er »Wedische
Chrestomathie mit Anmerkungen und
Glossen«
(Halle 1874) heraus.
Außer der Dissertation über die Glaubwürdigkeit Lamberts vonHersfeld
[* 28] und verschiedenen Studien zur englischen Verfassungsgeschichte
in der Sybelschen »HistorischenZeitschrift« und den »Preußischen Jahrbüchern« schrieb er namentlich:
»Leben des FeldmarschallsGrafen Neithardt von Gneisenau« (Berl. 1880, Bd. 4 u.
5.; als Fortsetzung des von G. J. Pertz ^[richtig: G. H. Pertz] unvollendet hinterlassenen Werkes) und einen Auszug daraus unter
gleichem Titel (das. 1882, 2 Bde.). Seit
März 1882 gab Delbrück gemeinsam mit Gans, Edlem zu Putlitz, die »Politische Wochenschrift« heraus, trat aber 1883 in
die Redaktion der »Preußischen Jahrbücher« ein.
Unter Delbrücks Leitung wurden die wichtigsten Gegenstände der modernen Gärungstechnik, wie z. B.
die Wirkung des Hochdrucks auf Stärke
[* 31] und Durchführung dieses Verfahrens für Verarbeitung von Körnerfrüchten,
die Feststellung der Grundsätze zur Reinzüchtung der Hefe
[* 32] bei Bereitung der Kunsthefe, die Feststellung der Grundsätze für
die Leitung des Wachstums und der Gärwirkung der Hefe bei der Herstellung von Spiritus,
[* 33] die Feststellung der Stickstoffassimilation
der Hefe während der Gärung, insbesondere in Bezug auf Preßhefenfabrikation, bearbeitet. Auch gibt er
mit Märcker die »Zeitschrift für Spiritusindustrie« heraus.
Max
Emil Julius, Agrikulturchemiker, Bruder von Hans Delbrück, geb. zu Bergen auf Rügen, studierte in
Berlin und Greifswald Chemie, übernahm 1874 in Berlin die Gründung und Leitung des mit der Landwirtschaftlichen Hochschule
in Beziehung stehenden und zu großer Bedeutung gelangten Instituts für Gärungsgewerbe und wurde 1887 auch Lehrer
an der Landwirtschaftlichen Hochschule. Seit 1877 ist er Mitglied des Patentamtes. Mit Märcker giebt Delbrück die «Zeitschrift
für Spiritusindustrie», mit Hayduck die «Wochenschrift für Brauerei» heraus. D.s wissenschaftliche Arbeiten betreffen vorzugsweise
die Physiologie der Hefe und ihre Anwendung auf die Praxis der Gärungsgewerbe.