Delacroix
(spr. 'krŏá), Eugene, franz. Maler, Hauptvertreter der romantischen Schule, geb. 26. April 1798 zu Charenton-St.Maurice bei Paris, war ein Schüler von Pierre Guérin, dessen akademische Kunstrichtung er bald verließ, um mit genialer Kühnheit sich leidenschaftlich bewegten Stoffen zuzuwenden, durch deren auf stärkste Wirkung berechnete Darstellung er im Gegensatz zu der nüchternen Malweise der klassischen Schule J. L. Davids (s. d.) der romantischen Richtung die Wege ebnete.
Sein erstes derartiges Bild: Dante und Virgil fahren mit Phlegias über den Strom der Höllenstadt (jetzt im Louvre; s. Tafel: Französische Kunst VI, [* 1] Fig. 1), verursachte auf der Ausstellung von 1822 gewaltige Aufregung. Die 2 Jahre später folgende über 4 m hohe Darstellung einer Episode aus dem griech. Freiheitskampfe: Das Gemetzel auf Chios (jetzt im Louvre), war eine förmliche Kriegserklärung gegen die Theorien der Klassiker. Diese zwei Werke können als Ausgangspunkte der romantischen Schule Frankreichs gelten.
Ihnen folgten: Die Enthauptung des Dogen Marino Falieri (1826; nach Byron), Milton mit seinen Töchtern, Sardanapal auf dem Scheiterhaufen (1827), Die Ermordung des Bischofs von Lüttich (1830; nach Scotts «Ouentin Turward»),
drei im heftigsten Kampf der romantischen Schule gegen den Klassicismus gemalte Stücke. 1832 ging Delacroix mit einer franz. Gesandtschaft nach Marokko; als Früchte dieser Reise erschienen auch Bilder mit orient. Vorwürfen, so: Algierische Frauen im Harem (1834), Jüdische Hochzeit in Marokko (1841; beide im Louvre zu Paris). Trotz seiner Begabung fand indes Delacroix noch immer keinen Anklang beim Publikum, und er wäre schwerlich durchgedrungen, wenn ihn nicht die Regierung anhaltend beschäftigt hätte.
Man übertrug ihm nicht nur zur Ausführung die Wand- und Deckengemälde des Thronsaals (1833–38) und des Bibliothekzimmers (1844–47) in der Deputiertenkammer, das Kuppelgemälde in der Bibliothek des Palais du Luxembourg (1847), das Mittelbild an der Decke der Apollogalerie im Louvre (darstellend den Kampf Apollons mit dem Drachen Python), sondern bestellte auch bei ihm große Bilder für die Pariser Kirchen und das histor. Museum in Versailles. In letzterm befinden sich von ihm zwei Hauptwerke: Ludwig der Heilige in der Schlacht gegen die Engländer an der Brücke von Taillebourg an der Charente (1838), Einnahme von Konstantinopel durch die Kreuzfahrer (1841). Neben diesen Staatsaufträgen hat er noch eine Reihe von Bildern geschaffen; zu nennen sind: Medea (1838), Kleopatra (1839), Tod Marc Aurels (1845), Christus am Kreuz (1847). Er starb in Paris. – Delacroix verharrte stets in der von ihm zuerst eingeschlagenen Richtung und verfolgte sie mit trotziger Kraft und durchbrach somit siegreich die lähmenden Fesseln des klassicistischen Wesens. Im Besitz einer leichten Fassungsgabe und einer vielseitigen allgemeinen Bildung, versuchte er sich in allen Gattungen der Malerei. Er war ein Kolorist von sicherm Gefühl für das Wirkungsvolle, ein Techniker von glänzenden Eigenschaften.
Neben Illustrationen zu Scottschen Romanen entwarf er 17 Lithographien zum Goetheschen «Faust»,übersetzt von Stapfer (Par. 1828),
und später 13 Lithographien zu Shakespeares «Hamlet» (1843). Im Luxembourg-Garten zu Paris wurde ihm ein Denkmal (von Dalou) errichtet. –
Vgl. Moreau, Eugène Delacroix et son œuvre (Par. 1873);
Burty, Lettres de Delacroix (2. Aufl., 2 Bde., 1880);
Chesneau, L'œuvre complète de E. Delacroix (Par. 1885);
die Biographien von Tourneur (ebd. 1886) und Véron (ebd. 1887).