Franz,
Maler, geb. zu Stronach bei Dölsach im
TirolerPusterthal als Sohn eines
Bauern, begann schon
in früher
Jugend beim Viehhüten zu zeichnen und in
Holz
[* 2] zu schneiden und ging 1860 mit seinem aus dem
Verkauf des väterlichen
Guts gewonnenen Vermögensanteil nach
Innsbruck,
[* 3] um unter Leitung des
ProfessorsStolz Bildhauer zu
werden.
Da er jedoch mehr
Geschick zum
Maler zeigte, ging er nach
München
[* 4] und besuchte die
Kunstakademie noch ohne
entschiedenen Erfolg.
Nach einem Aufenthalt in
Paris
[* 5] (1863-65) und in seiner
Heimat trat er 1867 in das
AtelierPilotys, und jetzt fand er das Gebiet,
auf welchem sich seine Begabung schnell entwickeln sollte, indem er
Motive aus dem
Tiroler Volksleben zu behandeln begann.
Seine ersten
Bilder:
Försters letzte Heimkehr (1867),
Speckbacher und sein Sohn (1868), der Ringkampf (1869)
und die beiden
Brüder (1871), hatten ihm bereits durch gemütvolle Auffassung und tiefe
Empfindung einen geachteten
Namen erworben,
als ihn eine Rückenlähmung auf das Krankenlager warf.
Doch fand er in
Bozen
[* 6]
Heilung, und aus Dankbarkeit malte er für die
Kirche zu Dölsach eine
Madonna von
modernem Gesichtsausdruck, aber in der
Komposition sich an venezianische Vorbilder anschließend (1873). Nachdem er allmählich
seine
Kraft
[* 7] wiedergewonnen, entstanden: der
Tanz auf der
Alm (1872), das Preispferd und die italienischen Bettelsänger (1873)
und diejenigen
Bilder,
welche seinen
Ruhm sicher begründet haben: das letzte
Aufgebot, eine ergreifende und
auch durch die
Energie der
Charakteristik bedeutende
Szene aus dem
TirolerAufstand von 1809 (1874, im
WienerBelvedere), und das
Seitenstück dazu, die Heimkehr der
Sieger (1876,
Berliner
[* 8] Nationalgalerie). In die Zwischenzeit
fallen: der Besuch in der Sennhütte,
die Bestrafung des
Hundes, das Tischgebet (städtisches
Museum in
Leipzig)
[* 9] und ähnliche
Bilder aus dem
Leben
der Älpler, welche eine große
Popularität erlangten. Defregger strebte jedoch über die
Genremalerei zur
Historienmalerei hinaus
und machte auf diesem Gebiet den ersten
Versuch in lebensgroßen
Figuren mit dem Todesgang
AndreasHofers (1878,
Museum in
Königsberg).
[* 10]
Trotz der tiefgehenden und reichen
Charakteristik fehlt es demBild an lebensvoller, einheitlicher
Komposition
und an gleichmäßiger, sich auf alle Teile erstreckender koloristischer Durchbildung. Auf Bildern kleinern
Umfanges tritt
Defreggers hartes und buntes
Kolorit hinter der Lebendigkeit und
Anmut der
Figuren und der glücklichen
Erfindung und gemütvollen
Erfassung des
Moments zurück. Für
Bilder mit lebensgroßen
Figuren, unter denen noch die Briefleserinnen
(1879), die Erstürmung des Rotenturmthors in
München
(Pinakothek daselbst) und Vor dem
Sturm
(TirolerAufstand) zu nennen sind,
reichen jedoch seine koloristischen Fähigkeiten nicht aus.
Franz, einer der hervorragendsten Genremaler, der sich durch seine meisterhafte Schilderung des Tiroler
Volkslebens einen bedeutenden Namen erworben hat. Geb. zu Stronach, einem zur Gemeinde Dölsach im Pusterthal
gehörenden Bauernhof, wuchs er im Anblick einer herrlichen Gebirgswelt auf, im Sommer die Herden hütend,
im Winter die Schule besuchend. Als Knabe formte er aus Brotteig allerlei Figuren, schnitt aus Papier Figuren und
Landschaften und bemalte mit dem Bleistift alle irgend erreichbaren Flächen.
Nachdem er so bis 1857 auf dem Gehöft seines Vaters gearbeitet hatte, mußte er nach dessen Tode den
Hof selbst übernehmen. Dabei bewies er sich so ungeschickt und fand so viele Widerwärtigkeiten, daß er das Besitztum verkaufte
und nach Innsbruck ging, um Bildhauer zu werden. Da der Lehrer aber noch größeres Talent zur Malerei in ihm fand, so riet
er ihm,
nach München zu gehen, wo er seinen Schüler 1860 bei Karl Piloty einführte, dessen dort im
Entstehen begriffener Nero einen gewaltigen Eindruck auf den Ankömmling machte.
Nach dem Besuch der Vorbereitungsklasse kam er in die Malklasse der Akademie unter Anschütz. Da aber weder dieser akademische
Unterricht, noch das Münchener Klima ihm zusagte, so ging er nach Paris, wo er in fünf Vierteljahren
zwar nicht viel weiter kam, aber für die Ausbildung seines Geschmacks manches lernte. Dann zog er sich in die Heimat zurück
und machte auf der Alm eine Menge von Studien, malte zahlreiche Bildnisse von Bekannten und schuf das Bild eines verwundeten
Wilderers, mit dem er 1864 nach München zurückkehrte, wo er nun Schüler von Piloty wurde, dem er besonders in der Technik
viel zu verdanken hat. In dieser letztern Hinsicht bedeutend gefördert, trat er 1868 mit dem Bild: Joseph Speckbacher auf,
das weniger durch den Glanz der Farbe als durch die wahrhaft dramatische Behandlung des Auftritts und
durch die Charakteristik der einzelnen Persönlichkeiten seinen Weltruf begründete (Ferdinandeum zu Innsbruck).
Nachdem er dann im folgenden Jahr den Ringkampf, die meisterhafte Darstellung des bekannten volkstümlichen Spiels der Tiroler,
gebracht hatte, betrat er mit dem Bilde: die beiden Brüder das Gebiet, auf dem er später noch größere
Triumphe feierte: die gemütvolle Schilderung des friedlichen Tiroler Lebens, in der er durch Tiefe der Empfindung, frischen
Humor und Ausdruck seiner Gestalten so zu fesseln weiß, daß man von jeder Figur glaubt, sie könne
nur so und nicht anders sein. Um diese Zeit wurde er von einem so heftigen Gelenkrheumatismus befallen,
daß er zwei Jahre lang nur liegend arbeiten konnte. Auf diese Weise vollendete er für sein heimatliches Dorf Dölsach ein
Altarbild, eine heilige Familie darstellend, mit wunderbar lieblichem Kopf der Maria, das ziemlich unbekannt blieb. Nach seiner
Genesung entstanden zunächst die italienischen Bettelmusikanten, interessant durch den Kontrast der
italienischen zerlumpten
¶
mehr
Kinder gegen die auf die Musik lauschenden Tiroler. Ein größeres, wieder sehr durchschlagendes Bild war 1871 der durch
die Mannigfaltigkeit des Ausdrucks der Sennerinnen und durch den harmlosen Humor (freilich nicht durch die Farbe) anziehende
Ball auf der Alm, das sogen. Schuhplatt'ln, und die technisch vollendetere, aber weniger
gemütvolle Rückkehr vom Münchener Oktoberfest (1873), in Beziehung auf
die Ausführung wohl eine seiner vollendetsten Arbeiten. 1874 entstand in Bozen das berühmte letzte Aufgebot (Belvedere
in Wien), welches mit großer Meisterschaft in der Zeichnung die ganze Schwere des Tiroler Volkskampfs in erschütternder
Weise zeigt, aber im Kolorit einige Schwächen hat.
Andre, kleinere Arbeiten übergehend, z. B.: die Hundetragödie, Besuch
in der Sennhütte, Tischgebet (Museum in Leipzig), erwähnen wir aus den letzten Jahren als die bedeutendsten, in der Kunstwelt
epochemachenden Bilder nur: die Rückkehr der Sieger (1876, Gegenstück zum letzten Aufgebot, Nationalgallerie in Berlin),
die wiederum alle trefflichen Eigenschaften Defreggers in sich vereinigt;
ferner die höchst humoristische
Brautwerbung, das Faustschieben und den großartigen, ganz aufs historische Gebiet übergehenden Todesgang Andreas Hofers
(Museum in Königsberg), wiederum ein Meisterwerk in der Charakteristik;
endlich noch aus dem Jahr 1879 den dem österreichischen
Kaiserpaar zu der silbernen Hochzeit geschenkten Andreas Hofer in der Burg zu Innsbruck, die Geschenke
des KaisersFranz empfangend, in viel kleinern Dimensionen als jener erste Hofer, und aus dem Jahr 1880 die Holzknechte und
den unendlich einfachen, aber von Leben übersprudelnden Liebesbrief. Er ist Ehrenmitglied der Akademie in München.
Franz von, Genremaler, geb. zu Stronach im Tiroler Pusterthal als Sohn eines Bauern, beschäftigte
sich schon in früher Jugend ohne jede Anleitung mit Schnitzerei und Zeichnen. 1860 ging er nach Innsbruck
zu Prof. Stolz; da ihm aber dessen Richtung nicht zusagte, so begab er sich nach München, wo er seit 1862 auf der Akademie sich
zum Maler ausbildete. Nach einem Aufenthalte in Paris (1863‒65) und in Tirol
[* 14] trat er 1867 in die Schule
von Piloty, dessen Anregung er den goldig-braunen Ton seiner Bilder verdankt.
Diese zeichnen sich aus durch lebensvolle Schilderungen des Tiroler Volkslebens in den Alpen,
[* 15] tiefe Charakteristik, schalkhaften
Humor und poet. Auffassung. Seine ersten bedeutenden Gemälde sind: Der verwundete Jäger (1867; Staatsgalerie zu Stuttgart),
[* 16] Speckbacher und sein Sohn Anderl (1868; Ferdinandeum in Innsbruck), Der Ringkampf in Tirol (1870; Kölner
[* 17] Museum), Auf der Alm (1871), Die überraschten Wilddiebe (1871), Die beiden Brüder (1872). Auf die Wiener Weltausstellung schickte
er 1873: Das Preispferd und Der ital. Bettelsänger.
das 1876 gemalte Pendant: Heimkehrender Tiroler Landsturm im Kriege von 1809, gelangte in die Nationalgalerie
zu Berlin.
Von seinen sonstigen Gemälden sind die bekanntesten: Das Tischgebet (1875; Leipziger Museum), Die gebissene Gans
(1875; Museum in Königsberg), Wilderer in seiner Sennhütte (Kunsthalle in Hamburg),
[* 19] Zitherspieler auf
der Alm (1876; kaiserl. Galerie in Wien), Brautwerbung, Abschied von der Sennerin (1877; Galerie in Dresden),
[* 20] Andreas Hofers letzter
Gang
[* 21] (1878; Museum in Königsberg). Im Auftrage der österr. Erzherzoge malte er 1879 AndreasHofer in der InnsbruckerHofburg,
als Geschenk für die Silberne Hochzeit des österr.
In solchen Historienbildern erreicht jedoch Defregger ebensowenig wie
im Altarbilde, in welchem er sich 1886 mit einer Madonna versuchte, die Höhe seines Dorfgenres. In diesem ist er unerschöpflich;
die hervorragendern aus neuester Zeit sind: Der Salontiroler (1882; Berliner Nationalgalerie), Sonntagsruhe (1884; s. Tafel:
Deutsche Kunst
[* 22] Ⅷ,
[* 23]
Fig. 3), Zur Gesundheit (1885), Feierabend auf
der Alm, Der Wahrsager (1891), Vor dem Tanz (Internationale Kunstausstellung in München 1892). Neuestens
arbeitet er viel, aber mit ungleichem Erfolg, in einzelnen Studienköpfen. D.s Auffassung des ländlichen Lebens seiner Heimat
unterscheidet sich durch Wahrheit und Einfachheit vorteilhaft von dem süßlichen Wesen der frühern Dorfgenremalerei. Seit 1878 wirkt
er als Professor an der MünchenerAkademie, 1883 wurde er geadelt.