(Mammalia), die höchste Klasse der Wirbeltiere, behaarte Warmblüter, welche lebendige Junge gebären (Ausnahme:
Kloakentiere, s. d.) und eine Zeitlang mittels der vom
Muttertier abgesonderten Milch ernähren. Von den Vögeln und Reptilien unterscheiden sie sich wesentlich durch den Besitz zweier
Hinterhauptshöcker anstatt eines einzigen und stimmen hierin mit den Amphibien überein (s. Wirbeltiere). Sie leben meist
auf dem Land und bewegen sich auf ihm gewöhnlich mittels ihrer vier Füße, die nur selten zu Greiforganen
umgewandelt sind, fort. Nur den Walen fehlen die Hintergliedmaßen (s. unten). Die Haut
[* 6] der S. besteht aus einer bindegewebigen,
Gefäße und Nerven,
[* 7] auch Pigmente führenden Lederhaut und einer zelligen Oberhaut, welche sich in eine weiche, pigmenthaltige
untere und in eine mehr oder minder verhornte, an manchen Stellen schwielig verdickte obere Schicht sondern
läßt (s. Haut). Die in ihr wuchernden Haare
[* 8] (s. d.) fehlen keinem Säugetier gänzlich, sind aber z. B.
bei den Walen¶
mehr
nur an den Lippen vorhanden, während sie gewöhnlich den ganzen Körper bedecken. Man unterscheidet außer den an den Lippen
befindlichen sogen. Spür- oder Schnurrhaaren noch weichere, kürzere, gekräuselte, oft verfilzte Wollhaare und längere,
derbere, steifere Licht- oder Stichelhaare. Nach Jahreszeit und Klima
[* 10] ändert sich das jährlich wechselnde Haarkleid (Winterpelz
und Sommerpelz, ersterer mit längern und dichten, letzterer mit kürzern, weniger dichten Haaren), auch
wechselt dabei bisweilen die Farbe.
An den Endgliedern der Finger und Zehen treten überall, mit alleiniger Ausnahme der Waltiere, Hornbekleidungen
auf, welche als Platt- und Kuppnägel, Krallen und Hufe unterschieden werden (s. Nagel und Huf).
[* 12] Gebilde der Oberhaut sind auch
die Hornscheiden der hohlhörnigen Wiederkäuer
[* 13] und die Hörner der Nashörner (s. Horn), während die periodisch sich erneuernden
Geweihe
[* 14] der Hirsche
[* 15] etc. zu den Hautverknöcherungen gehören. Von drüsigen Organen kommen allgemein Talg-
und Schweißdrüsen (s. d.) in der Haut vor, außerdem oft an gewissen Stellen, zumal in der Nähe des Afters oder in der Weichengegend,
besondere Drüsen mit stark riechenden Sekreten, wie die Afterdrüsen vieler Raubtiere,
[* 16] die Zibetdrüsen, die Moschusbeutel,
die Bibergeilsäcke, die auf dem Rücken der Schwanzwurzel liegenden Violdrüsen mehrerer Arten der GattungHund, die Seitendrüsen der Spitzmäuse etc. Auch gehören die Milchdrüsen (s. d.) hierher.
Das Skelett
[* 17] der S. ist vollständig verknöchert, schwer und in den Hohlräumen der Knochen
[* 18] mit Mark erfüllt. Der Schädel bildet
eine im Vergleich zum Vogel- und Reptilienschädel geräumige Kapsel und ist gegenüber dem Fisch- und Reptilienschädel
besonders durch die geringere Zahl der einzelnen Knochen, gegenüber dem Vogelschädel durch die seltener eintretende vollständige
Verschmelzung sämtlicher Schädelknochen, durch die unbewegliche Verbindung des Oberkiefers und die Einlenkung des aus jederseits
nur einem Stück bestehenden Unterkiefers direkt mit dem Schädel ausgezeichnet.
Die Schädelkapsel wird durch das Gehirn
[* 19] fast vollständig ausgefüllt. Das Gesicht
[* 20] tritt im allgemeinen
um so mehr unter dem Schädel hervor, je weniger die intellektuellen Fähigkeiten des Tiers entwickelt sind. (Man bestimmte
früher allgemein das Verhältnis von Schädel- und Gesichtsentwickelung durch den Camperschen Gesichtswinkel, welcher beim
Menschen fast die Größe eines rechten erreicht, aber auch bis etwa 70°, bei den Affen von 60 auf 30°
herabsinkt und bei andern Säugetieren etwa 25° und mehr beträgt. Bedeutung und Wert desselben sind indessen sehr beschränkt
und auch beim Vergleich der allernächsten Verwandten durch bessere Hilfsmittel einer exakten Schädelmessung verdrängt.)
An der Wirbelsäule lassen sich, mit Ausnahme der Wale,
[* 21] bei denen wegen Mangels der Hinterbeine die Beckengegend
ausfällt, fünf Abschnitte unterscheiden: Halsteil, Brustteil mit Rippen, Brustbein und Schultergürtel, Lendenteil, Kreuzbein
mit dem Beckengürtel und Schwanz.
Die
Zahl der Halswirbel beträgt meist 7 (beim Lamantin oder Manatus und Unau oder Choloepus 6, beim Faultier oder Bradypus 8 und
9), und die Länge des Halses mancher S. beruht daher auf einer Längenzunahme, nie auf einer Vermehrung der
Zahl der einzelnen Wirbel. Meist zeichnet sich die Halsregion durch vollkommenste Beweglichkeit der Wirbel aus, bei den Walen
aber ist sie auffallend verkürzt und durch Verwachsung der vordern Wirbel fest. Die Zahl der Rückenwirbel beträgt meist 13,
sinkt bei einigen Fledermäusen und Gürteltieren auf 12 und 10, steigt dagegen beim Pferd
[* 22] auf 18, beim Elefanten auf 19 bis
21, beim dreizehigen Faultier auf 23 und 24. Lendenwirbel finden sich meist 6-7, in vereinzelten Fällen 2 oder 8-9. Das Kreuzbein
entsteht durch Verschmelzung von 3-4, selten weniger oder mehr Wirbeln; die Zahl der nach dem Ende zu
sich verschmälernden Schwanzwirbel schwankt zwischen 4 (Mensch) und 46 (Schuppentier).
Bewegliche, mit den Wirbeln verbundene Rippen tragen nur die Brustwirbel. Von den beiden Gliedmaßenpaaren (Extremitätenpaaren)
fehlt das vordere niemals, wohl aber das hintere bei den Walen. Am Schultergerüst findet sich stets ein
Schulterblatt, dagegen fehlen Schlüsselbeine häufig und zwar überall da, wo die Vordergliedmaßen nur zur Stütze des Vorderleibs
dienen oder eine einfachere, pendelartige Bewegung, wie beim Rudern, Gehen, Laufen, Springen, ausführen (Wale, Huftiere, Raubtiere);
nur wo es sich um Scharren, Graben, Klettern, Flattern etc. handelt, verbindet sich das Schulterblatt durch
ein mehr oder minder starkes stabförmiges Schlüsselbein mit dem Brustbein.
Die hintern Gliedmaßen stehen allgemein mit dem Rumpf in weit festerm Zusammenhang als die vordern. Das Becken ist nur bei
den Walen verkümmert, bei allen andern Säugetieren bildet es einen mit den Seitenteilen des Kreuzbeins verwachsenen, vollkommen
geschlossenen Gürtel.
[* 23] Die im Schulter- und Beckengürtel eingelenkten Gliedmaßen sind bei den schwimmenden
Säugetieren zu Flossen (s. d.) oder flossenartigen Beinen reduziert; bei den Flattertieren bilden sich die Vorderbeine zu Flugorganen
um, die freilich von den Flügeln der Vögel
[* 24] sehr verschieden sind.
Die Zahl der Zehen beträgt niemals mehr als 5, reduziert sich aber in allmählichen Abstufungen bis auf
die mittlere Zehe (Einhufer), wobei bisweilen einige von den übrigen als kleine, den Boden nicht berührende sogen. Afterklauen
an der hintern Fläche des Fußes erhalten bleiben. Ist die Innenzehe der vordern Extremität den übrigen Zehen (Fingern) gegenüberstellbar
(Daumen), so wird der Fuß zur Hand.
[* 25] Zwar ist bisweilen auch am Hinterfuß die innere Zehe gegenüberstellbar;
allein damit ist dieser Greiffuß (Affen) nicht auch schon eine Hand, weil zum Begriff der letztern auch die besondere Anordnung
der Knochen und Muskeln
[* 26] wesentlich erscheint (s. Daumen).
Nach der Art, wie die Gliedmaßen beim Laufen den Boden berühren, unterscheidet man Sohlengänger, Zehengänger
und Spitzengänger. Das Zentralnervensystem ist durch das Überwiegen des Gehirns charakterisiert. Die Halbkugeln des großen
Gehirns erfüllen vollständig den vordern Raum des Schädels und bedecken teilweise das kleine Gehirn; ihre Oberfläche ist
bei Beutel- und Kloakentieren glatt, bei den höhern Säugetieren mit Gruben und Eindrücken versehen, welche sich
mehr und mehr zu regelmäßigen Furchen und Windungen anordnen, mit deren Ausbildung im allgemeinen die seelische Vervollkommnung
zunimmt. Unter den Sinnesorganen zeigt das Geruchsorgan (s. Nase)
[* 27]
¶
mehr
eine größere Entfaltung der riechenden Schleimhautfläche als in irgend einer andern Klasse, fehlt jedoch bei den Walen.
Die äußern Nasenöffnungen werden meist durch bewegliche Knorpelstückchen gestützt, die bei Verlängerung
[* 29] der Nase zu einem
Wühl-, Tast- oder sogar Greiforgan, dem Rüssel, an Zahl zunehmen. Bei tauchenden Säugetieren können die Nasenöffnungen
entweder einfach durch Muskeln oder durch Klappenvorrichtungen verschlossen werden.
Augen finden sich überall, sind aber bei den in der Erde wühlenden Säugetieren sehr klein, liegen mitunter sogar tief unter
der Haut und vermitteln dann kaum noch Lichteindrücke. Mit Ausnahme der Affen und des Menschen sind die Sehachsen bei keinem
Säugetier parallel. Eigentümlichen Glanz, hervorgerufen durch eine besondere Stelle in der Aderhaut, das
sogen. Tapetum lucidum, besitzen manche Beuteltiere,
[* 30] Wale, Robben, Huftiere, deren Augen daher im Dunkeln leuchten.
Außer dem obern und untern Augenlid findet sich meist eine innere Nickhaut (s. d.), wenngleich nicht in der vollkommenen
Ausbildung und ohne den Muskelapparat der Nickhaut der Vögel, zuweilen sogar auf ein kleines Rudiment im
innern Augenwinkel reduziert. Am Gehörorgan ist vorzüglich das äußere Ohr
[* 31] stark ausgebildet und durch besondere Muskeln
beweglich, fehlt jedoch den im Wasser und in der Erde lebenden Tieren entweder ganz oder nahezu; die Wasserbewohner können
es durch eine besondere Klappe schließen. Im innern Ohr ist stets eine Schnecke vorhanden (vgl. Ohr).
Als Tastorgane dienen wegen ihres Reichtums an eigentümlichen Tastkörperchen in der Haut die Enden der Gliedmaßen, außerdem
auch noch Zunge, Lippen und Rüssel. In denLippen speziell befinden sich meist lange, borstenartige Tasthaare; auch die Haare
auf der Flughaut der Fledermäuse sind empfindliche Tastorgane. Der Geschmack hat seinen Sitz vornehmlich
an der Zungenwurzel, aber auch am weichen Gaumen und erreicht eine bei weitem höhere Ausbildung als in irgend einer andern
Tierklasse.
Die Verdauungsorgane der S. sind durch die schärfere Sonderung und verschiedenartigere Entwickelung ihrer einzelnen Abschnitte
sowie auch durch größern Drüsenreichtum vor denen andrer Wirbeltiere ausgezeichnet. Der Mund ist nur
bei den Walen nicht von weichen Lippen umgeben. Die seitlich die Mundhöhle
[* 32] schließenden muskulösen Backen enthalten zuweilen
besondere Erweiterungen, die Backentaschen (s. d.), welche bis hinter den Schädel zurückreichen können.
Die echten Zähne (s. d.) sitzen stets in besondern Höhlen (Alveolen) der Kiefer (s. d.) mit einer oder mehreren Wurzeln, während
die Krone frei hervorragt; hiervon weichen jedoch die Zähne mit sogen. unbeschränktem Wachstum ab, welche innerhalb und außerhalb
des Kiefers gleichgestaltet sind und bei der Abnutzung stets nachwachsen. Wo das Gebiß, wie bei den Delphinen,
als Greif- und Schneideapparat verwendet wird, sind alle Zähne gleichartig kegelförmige Fangzähne; bei allen übrigen Säugetieren
unterscheiden sich die Zähne nach ihrer Lage in den vordern, seitlichen und hintern
Teilen der Kiefer als Schneidezähne (dentes
incisivi), Eckzähne (d. canini) und Backenzähne (d. molares).
Die erstern sind meißelförmig und dienen zum Abschneiden der Nahrung, die Eckzähne sind meist kegelförmig
oder auch hakenförmig gekrümmt und als Waffen
[* 35] zum Angriff und zur Verteidigung geeignet. Nicht selten (Nagetiere,
[* 36] Wiederkäuer)
fallen sie gänzlich hinweg, und das Gebiß zeigt eine weite Zahnlücke zwischen Schneide- und Backenzähnen. Letztere wechseln
sehr in der Form und dienen mit ihren schneidenden, häufiger höckerigen oder mahlenden Kronen
[* 37] zur weitern
Zerkleinerung der Nahrung.
Kloakentiere, Zahnlücker
[* 38] und echte Wale bilden nur einmal Zähne; bei den übrigen Säugetieren entsteht ein sogen. Milchgebiß,
welches noch nicht alle Backenzähne enthält und auch sonst Abweichungen zeigt, aber in einem bestimmten Alter ausfällt
und der zweiten, bleibenden Zahnreihe weicht (s. Zähne). Bei den Raubtieren entwickeln sich ein oder zwei Backenzähne zu
eigentümlichen Fleisch- oder Reißzähnen, vor denen die Lückenzähne und hinter welchen die Höcker- oder Kauzähne stehen.
In andern Fällen bilden sich Schneidezähne zu großen Stoßzähnen aus, wie beim Elefanten, Narwal, Walroß, Dugong.
Wegen der Einzelheiten und besonders wegen der sogen. Zahnformeln s. Gebiß. - Die von der Mundhöhle durch den weichen Gaumenvorhang
getrennte Schlund- oder Rachenhöhle geht nach hinten in die engere Speiseröhre über, welche in den Magen
[* 39] führt.
Der Endabschnitt des Dickdarms, der Mastdarm, mündet (mit Ausnahme der durch den Besitz einer Kloake charakterisierten Kloakentiere)
hinter der Öffnung der Harn- und Geschlechtswerkzeuge durch den After aus. Das Herz der S. besteht, wie das der Vögel, aus
einer rechten venösen und einer linken arteriellen Abteilung (jede mit Vorhof und Kammer, s. Herz) und
liegt gewöhnlich in der Mittellinie der Brusthöhle. Die paaren Lungen hängen frei in der Brusthöhle und zeichnen sich
durch den Reichtum der Bronchialverästelungen aus.
Die Atmung geschieht hauptsächlich durch die Bewegungen des Zwerchfells, welche eine vollkommene, meist quer gestellte Scheidewand
zwischen Brust- und Bauchhöhle bildet und bei der Zusammenziehung seiner muskulösen Teile die Brusthöhle
erweitert. Die Luftröhre verläuft in der Regel gerade und teilt sich an ihrem hintern Ende in zwei zu der Lunge
[* 41] führende
Bronchien. Sie beginnt in der Tiefe des Schlundes mit dem Kehlkopf (s. d.), welcher zugleich Stimmorgan ist. Zuweilen finden
sich am Kehlkopf häutige oder knorpelige Nebenräume, welche teils, wie beim Walfisch, die Bedeutung von
Luftbehältern haben, teils, wie bei manchen Affen, als Resonanzapparate zur Verstärkung
[* 42] der Stimme dienen. - Die Nieren bestehen
in einzelnen Fällen aus einer Anzahl getrennter Läppchen, sind jedoch meist dichte, bohnenförmige Drüsen; die Harnleiter
münden stets in eine Harnblase ein, deren Ausführungsgang (Harnröhre) in mehr oder minder nahe Beziehung
zu dem Leitungsapparat der Geschlechtsorgane tritt und mit ihm zusammen vor dem After¶