Titel
De
Candolle (spr. dökangdoll), 1)
Augustin Pyrame,
Botaniker, geb. zu Genf
[* 2] als Sprößling einer adligen
Familie
aus der
Provence, welche aus konfessionellen Rücksichten 1558 nach Genf
übergesiedelt
war, widmete sich,
durch einen Aufenthalt auf dem
Land und durch Vauchers Vorlesungen angeregt, der
Botanik. Im
Winter von 1796/97 hörte er zu
Paris
[* 3] Vorlesungen über
Chemie,
Physik und
Botanik und glaubte zu erkennen, daß die letztere ihre weitere
Ausbildung vorzüglich
von der
Hilfe der
beiden zuerst genannten
Disziplinen zu erwarten habe. Im J. 1797 erschien
De
Candolles
erste dahin einschlagende
Arbeit über die
Ernährung der
Flechten.
[* 4] Auch seine »Essais sur les propriétés médicales des plantes
comparées avec leurs formes extérieures et leur classification naturelle« (Par. 1804, 2. Aufl.
1816; deutsch von Perleb,
Aarau
[* 5] 1818) gehören hierher. Er bearbeitete den
Text zu
Redoutés »Plantes grasses«
(Par. 1799-1829, Bd. 31) und zu desselben
»Liliacées peintes« (das. 1802-1808, 4 Bde.)
und eine »Astragalogia« (das. 1802), während
er zu gleicher Zeit in
Verbindung mit
Delessert durch
Gründung der
Société philanthropique und der
Société d'encouragement
pour l'industrie nationale gemeinnützige
Tendenzen verfolgte. Im J. 1802 ward er zum
Honorarprofessor
an der
Akademie zu Genf
ernannt, blieb jedoch in
Paris und hielt 1804 seinen ersten botanischen
Kursus am
Collège de
France.
Als
Benjamin
Delessert 1801 das reiche
Herbarium der
Familie
Burmann gekauft hatte, schenkte er die
Dubletten seinem
Freunde De Candolle;
später
erwarb dieser die ebenfalls ansehnliche
Pflanzensammlung L'Héritiers. Dies die Grundlagen des
Herbariums,
welches De Candolle
auf 70-80,000
Arten brachte, und das als einer der größten naturwissenschaftlichen
Schätze
Europas betrachtet
werden darf. Die
»Flore française« (Par. 1805, 4 Bde.;
dieselbe
Ausgabe vermehrt um 2 Bde., 1815), obwohl als dritte
Auflage von
Lamarcks gleichnamigem
Buch angekündigt, ist als
De
Candolles eignes Werk anzusehen. Im Auftrag der
Regierung bereiste De Candolle
1806-12
Frankreich und
Italien
[* 6] zum
Behuf botanischer und agronomischer Forschungen und gab als
Resultat dieser
Reisen das
Supplement zur
»Flore« und die
»Rapports«
(Par. 1813) heraus. Im J. 1807 zum
Professor an der
Akademie zu
Montpellier
[* 7] ernannt, trat De Candolle
dies
Amt 1810 an,
legte dasselbe jedoch 1816 nieder und ging nach Genf,
wo der
Staatsrat für ihn eine eigne Professur errichtet hatte.
Hier wirkte er sowohl durch seine Vorlesungen und seine wissenschaftliche Thätigkeit wie auch als Mitglied des
Rats und als
Präsident der
Société des arts bis zu seinem
Tod, De Candolle
bethätigte sich als praktischer
Systematiker
und beschreibender
Botaniker wie keiner vor oder nach ihm; vor allem aber entwickelte er die
Theorie der
Systematik, die
Gesetze
der natürlichen
Klassifikation mit großer
Klarheit und Tiefe und stützte sich dabei auf morphologische Untersuchungen, die
für die ganze
Systematik äußerst fruchtbar wurden. Er begründete die
Lehre
[* 8] vom
Abortus und von der
Verwachsung
der
Organe.
Auch für die Physiologie und Pflanzengeographie leistete er Bedeutendes. Sein großes Werk »Regni vegetabilis systema naturale« (Par. 1818-21, Bd. 1 und 2) hatte er auf einer zu breiten Grundlage begonnen, als daß er es hätte vollenden können; daher zog er es im »Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis« (das. 1824 bis 1873, 17 Bde., von denen Bd. 8 ff. von seinem Sohn u. a. bearbeitet sind) in eine kürzere Form zusammen; in diesem Werk sind die phanerogamischen Pflanzenfamilien nach dem natürlichen System De Candolles aufgeführt und sämtliche bis dahin bekannten Gattungen und Arten kurz beschrieben.
Außerdem schrieb er: »Théorie élémentaire de la botanique« (Par. 1813; 2. Aufl. von seinem Sohn, 1844, deutsch von Sprengel, Leipz. 1820, 2 Bde.);
»Organographie végétale« (Par. 1827, 2 Bde.; deutsch von Meisner, Stuttg. 1828, 2 Bde.);
»Physiologie végétale« (Par. 1832, 3 Bde.; deutsch und mit Anmerkungen von Röper, Stuttg. 1833-35);
»Collection des mémoires pour servir à l'histoire du règne végétale« (Par. 1828-38, 3 Bde.);
»Essai élémentaire de géographie botanique« im 18. Teil des »Dictionnaire des sciences naturelles«.
Seine
Bibliothek und
seine
Pflanzensammlung vermachte De Candolle
seinem Sohn mit der
Bedingung, beides dem
Studium zugänglich sein zu
lassen wie bisher und an der Beendigung des »Prodromus« fortzuarbeiten.
Vgl.
De la Rive,
A. P. De Candolle
, sa vie et ses travaux (Par. u. Genf
1851);
»Mémoires et souvenirs de
A. P. De Candolle
écrits par lui-même« (hrsg. von seinem Sohn, das.
1862).
2) Alphonse Louis Pierre Pyrame, Sohn des vorigen, Botaniker, geb. zu Paris, studierte an der Akademie in Genf Rechtswissenschaft und veröffentlichte außer zahlreichen rechtswissenschaftlichen und statistischen Abhandlungen: »Le [* 9] droit de grâce« (Genf 1829) und »Les caisses d'épargne de la Suisse« (das. 1838). Er war Mitglied des Großen Rats und gab als Präsident der Société des arts während 25 Jahren die Jahresberichte derselben heraus. Durch den Einfluß seines Vaters mehr und mehr zur Botanik hingezogen, wurde er nach dem Tode desselben zum Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens zu Genf ernannt.
Von seinen botanischen Werken sind zu erwähnen: »Introduction à l'étude de la botanique« (Par. 1835, 2 Bde.; deutsch von Bunge, 2. Aufl., Leipz. 1844);
»Géographie botanique raisonnée« (Par. 1855, 2 Bde.),
sein bedeutendstes Werk, welchem er hauptsächlich seinen Ruf als Pflanzengeograph verdankt;
»Lois de la nomenclature botanique« (das. 1867; deutsch, Basel [* 10] 1868);
»Histoire des sciences et des savants depuis deux siècles« (Genf 1873);
»Origine des plantes cultivées« (Par. 1883; deutsch, Leipz. 1884).
Im Verein mit andern Gelehrten setzte er den ¶
mehr
»Prodromus« seines Vaters fort (s. oben),
gab dessen »Mémoires et souvenirs« (Genf 1862) heraus und veröffentlichte zahlreiche naturwissenschaftliche Untersuchungen in Fachjournalen. Mit seinem Sohn Casimir Pyrame (geb. 1836),
welcher auch verschiedene Monographien im »Prodromus« bearbeitet hat, gab er heraus: »Monographiae phanerogamarum prodromi nunc continuatio nunc revisio« (Par. 1878 bis 1881, 4 Bde.).