Deák
(spr. déahk), Franz, ungar. Staatsmann, geb. zu Söjtor im Komitat Szala, aus einer alten ungar. Adelsfamilie, machte seine jurist. Studien an der Akademie zu Raab, wurde dann Rechtspraktikant oder Jurat bei der königl. Tafel (Gerichtshof zweiter Instanz) zu Pest und erwarb sich das Advokatendiplom. In sein Komitat zurückgekehrt, ward er dort Vicefiskal; später rückte er zum Notar, dann zum Präses des Waisenstuhls auf und erhielt schließlich das Amt eines Gerichtstafelbeisitzers (tábla-biró).
Nach dem Rücktritt seines ältern Bruders Anton wählte ihn sein Komitat zum Abgeordneten des Reichstags von 1832 bis 1836, wo er sich bald zum Führer der liberalen Opposition emporschwang. Auf dem Reichstage von 1839 und 1840 gelang es Deák, eine Versöhnung zwischen der Regierung und der Reformpartei zu erreichen. Doch sollte diese nicht lange währen. Die Reformer Ungarns, an ihrer Spitze Deák, arbeiteten daran, die Steuerfreiheit des Adels auf dem nächsten Reichstage abzuschaffen.
Dies benutzte die konservative Partei, um den zahlreichen Bauernadel zu gewinnen, und da die Abgeordneten in der ihnen erteilten Instruktion angewiesen wurden, gegen die Besteuerung des Adels zu stimmen, so lehnte Deák 1843 die Wahl zum Reichstag ab. Nach den Märzereignissen von 1848 verzichtete einer der beiden Abgeordneten von Szala auf sein Mandat, und Deák trat an seine Stelle in den Reichstag ein. Kaum in Preßburg angelangt, wurde er genötigt, im neuen Ministerium des Grafen Ludwig Batthyányi das Portefeuille der Justiz zu übernehmen. Er stimmte stets mit Batthyányi und Széchényi für friedlichen Ausgleich mit Österreich, und als dieser namentlich durch den Einfluß Kossuths unmöglich geworden war, trat Deák zurück Bei Annäherung der österr. Armee unter Windischgrätz nahm er teil an der Deputation, die zum Behufe von Unterhandlungen ins österr. Lager ging. Der Schritt war fruchtlos, und Deák zog sich auf seine Besitzung in Kehida zurück. 1852 verkaufte er Kehida und nahm seinen ständigen Aufenthalt in Pest, wo er bald der Mittelpunkt jener Kreise wurde, die ein Wiedererstehen der freiheitlichen Verfassungszustände in Ungarn erhofften.
Nach dem Italienischen Kriege von 1859 wurde 21. Aug. die Einführung eines neuen Systems angekündigt. Am erschien das Patent, das den verstärkten Reichsrat konstituierte, und das Diplom, das die alten Landtage herstellte. Deák wurde zum Repräsentanten der innern Stadt Pest gewählt und behauptete diesen Sitz bis zu seinem Tode. Nach Eröffnung des Reichstags bildete er mit dem Grafen Julius Andrássy eine ausgleichsfreundliche Partei und entwarf eine Adresse, die von dem Reichstag gebilligt wurde. In Wien fand man sie jedoch unannehmbar; der Reichstag wurde aufgelöst und unter Schmerlings Leitung ein neues Provisorium versucht.
In dem berühmten «Ostersonntagsartikel» im «Pesti Napló» (1865) hatte Deák indes den Weg zum Ausgleich bezeichnet, der in den folgenden Jahren zu stande kam. (S. Österreichisch-Ungarische Monarchie.) Am wurde durch königl. Reskript Graf Julius Andrássy zum ungar. Ministerpräsidenten ernannt, die Verfassung wurde wiederhergestellt, und die feierliche Krönung des Königs fand 8. Juni statt. D.s großes Unternehmen war damit vollbracht. Er starb zu Budapest.
Sein Tod verursachte eine allgemeine Nationaltrauer, und seine Leiche wurde 3. Febr. auf Staatskosten auf dem Kerepeser Friedhofe bestattet. Seinem Andenken wurde ein Monument (von Huszár) in Budapest errichtet enthüllt). Deák, eine durchaus edle und schlichte Persönlichkeit, war unstreitig Ungarns bedeutendster Staatsmann der Neuzeit; seine Größe beruht vor allem in jener weisen Mäßigung, die bei aller Liebe zum Fortschritte dennoch stets vom Bestehenden ausging, alle Rechtsverhältnisse beachtete und mit Vorsicht das Neue anstrebte. –
Vgl. Franz Deák (5. Aufl., Lpz. 1868);
von Pulszky, Franz Deák (deutsch von Neugebauer, ebd. 1876);
Rogge, Franz Deák (in «Unsere Zeit», ebd. 1876);
Csengery, Franz Deák (deutsch, ebd. 1877);
Kónyi, Die Reden Franz D.s (ungarisch, Pest 1881 fg.);
Steinbach, Franz Deák (Wien 1888).