ein freundliches Hochalpenthal des schweizer. Kantons Graubünden
(1560 m ü. M.),
der
Sage nach erst im 13. Jahrh. entdeckt und wegen seiner versteckten
Lage (rätoromanisch davo, dahinten) Davos genannt. Es
ist jetzt eins der besuchtesten Alpenthäler, als Luftkurort mit Oberengadin wetteifernd. Der Sitz dieses
Kurlebens verteilt sich unter die beiden Nachbarorte: am Platz, den Hauptort des
Thals, und Davos Dörfli, jenes über Wiesengründe
zerstreut, dieses an dem tiefgrünen DavoserSee gelegen.
Die Kurgäste sind besonders Brustkranke, die auch den
Winter hier zubringen. Nach der
Engadiner Seite
schneiden drei Seitenthäler in das Hochgebirge ein: das romantische Sertig, an dessen Eingang das
Bad
[* 2] Clavadel mit schwefelhaltiger
alkalischer
Quelle
[* 3] liegt, und das
Flüela- und
Dischmathal, den beiden
Kurorten gegenüber, jenes zum fahrbaren
Flüela-, dieses
zum höhern und wildern Scalettapaß ansteigend, beide einsamer und enger als das Davos und mit
Felstrümmern übersäet (s.
Alpenstraßen).
Auch das Hauptthal wird abwärts wilder. Von Frauenkirch kommt man, angesichts des auf der linken Thalseite liegenden Spinabades
(Schwefelwasser), nach Glaris und damit an den Eingang der wilden
Züge, wo der von Lawinenzügen vielfach zerrissene Waldweg
längs des steilen Felsenabhanges in einer
Höhe von mehr als 300 m über dem Thalwasser hinführt, im
Sommer aber ungefährlich ist. Auch weiter abwärts rauscht der Thalfluß, das (Davoser)
Landwasser, durch tiefe Schluchten,
um sich bei
Filisur-Alveneu mit der
Albula zu vereinigen. Für die
Mehrzahl der Besucher des Davos bildet das
Prätigau die Eingangshalle
(von
Klosters führt eine
Bergstraße hinüber), doch ist der
Eintritt von
Chur
[* 4] über
Alveneu auf der
oben
genannten Landwasserstraße landschaftlich weit lohnender. Die Thalbevölkerung, (1880) 3561
Köpfe stark, ist durchaus deutscher
Zunge und gehört meist dem protestantischen
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(Kt. Graubünden,
Bez. Ober Landquart, Kreis Davos). Gemeinde und Thalschaft. Davos, nach Chur die grösste und bevölkertste
Gemeinde des Kantons Graubünden
und zugleich einer der Verwaltungs- und Gerichtskreise des Kantons und des Bezirkes Ober Landquart; liegt in
dem von NO.-SW. sich hinziehenden Thale gleichen Namens, das vom Davoser Landwasser durchflossen
wird und
durch die Strelakette vom Schanfigg, durch einen Ausläufer der Albulakette vom Engadin getrennt ist. Es bildet mit seinen
von SW. her in das Hauptthal einmündenden Nebenthälern, dem Flüelathal, Dischma und Sertig, eine sehr liebliche und malerische
Landschaft mit schmucken, z. T. städtisch aussehenden Dörfern und zahlreichen Weilern, Höfen und Häusergruppen
und weist mit den Nebenthälern 6, einst an Forellen reiche Seen auf, von denen der bedeutendste der Davoser Grosssee am Fusse
des Seehorns ist.
Die höchste Erhebung des ca. 17 km langen Thales ist, abgesehen von den dasselbe umschliessenden Bergen, der Wolfgang (1633
m) im NW. der Landschaft, wogegen die Hoffnungsau oder der Schmelzboden (1330 m), am Eingang der Schlucht
durch die «Züge», der tiefste Punkt der Landschaft ist. Einst ist das Davoserthal bedeutend länger gewesen: das Davoser Landwasser
hatte seinen Ursprung in der Rätikonkette am Schlappiner Joch und floss hoch über dem jetzigen Thalkessel von Klosters durch
das bedeutende Längsthal, das in seiner jetzigen verkürzten Gestalt Davos heisst.
Die durch Erosion ihr Bett nach rückwärts verlängernde Landquart schnitt den Oberlauf des Landwassers ab, u. der Wolfgang
bildete von da an die Wasserscheide zwischen dem Gebiete beider Flüsse. Der nordwestlichste Teil von Davos, der vom Wolfgang
aus sich noch 3 km weit gegen Klosters im Prätigau hinzieht, ist somit dieser letztern Thalschaft angegliedert.
Die ganze Landschaft Davos mit Einschluss des gegen das Prätigau hin liegenden Laret bildet nur eine einzige politische Gemeinde,
welche 5 Kirchgemeinden, Davos Dorf mit Davos Laret als Filiale, Davos Platz, Davos Frauenkirch, Davos Glaris und
Davos Monstein in sich fasst. Hauptort der Gemeinde ist Davos Platz, das zusammen mit Davos Dorf den weltberühmten Kurort für
Lungenkranke bildet und von Fremden und sogar auch Einheimischen häufig fälschlich allein als Davos bezeichnet wird.
Seit dem Jahre 1890 ist Davos durch die Schmalspurbahn Landquart-Davos, bisher die höchste Adhäsionsbahn
Europas, welche jetzt eine Linie der Rätischen Bahn bildet, mit den Vereinigten Schweizer Bahnen und dem übrigen schweizerischen
Eisenbahnnetze verbunden; der Bau einer Linie Davos-Filisur, welche Davos direkt mit der Engadinerlinie der Rätischen Bahn
verbinden soll, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Eine Poststrasse, welche vom Prätigau her über den
Wolfgang Davos erreicht, durchzieht die ganze Landschaft und verbindet diese auch mit der sö. liegenden Thalschaft Belfort.
Eine andere Strasse, die besonders seit dem Bau der Eisenbahnlinie Landquart-Davos einen sehr grossen Verkehr aufweist, zweigt
in Davos Dorf ab und führt über den Flüelapass (2388 m) nach Süs im Unterengadin. Tägliche Posten vermitteln
den Verkehr zwischen Davos und dem Engadin einerseits und Davos und der Thalschaft Belfort, Chur und Thusis andrerseits, wogegen
der Verkehr von und nach dem Prätigau durch die Eisenbahn besorgt wird. Saumpfade führen über den Strela nach Langwies, über
die Furka nach Arosa, welches einst einen Teil der Gemeinde Davos bildete, und über den Scaletta nach
Scanfs im Oberengadin.
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Davos besitzt ein ausserordentlich trockenes Klima; die Menge der Niederschläge ist sehr gering, im Jahre 1900 z. B. betrug
sie 827,7 mm. Dieser Umstand in Verbindung mit der bedeutenden Höhenlage von Davos, die dadurch bedingte dünne und relativ
keimfreie Luft, die starke Insolation der Sonnenstrahlen, die lange Sonnenscheindauer und endlich die
breite Thalsohle bilden die hauptsächlichsten natürlichen Faktoren, welche Davos befähigten, ein Lungenkurort ersten Ranges
zu werden.
Der Ackerbau trat in diesem hochgelegenen Thale von jeher bedeutend zurück hinter dem Wiesenbau und der Alpwirtschaft; heute
ist derselbe noch geringer als vor 50 Jahren, und nur im untern Teile der Landschaft werden etwas Kartoffeln
und Gerste angebaut. Die Viehzucht lohnt sich hingegen auf Davos sehr gut, besonders auch deshalb, weil die Produkte derselben
im Kurort Davos guten Absatz finden.
Die Flora von Davos ist nicht so reich als die des viel ausgedehnteren Ober Engadin, bleibt jedoch mit ungefähr 900 Arten
nur wenig hinter derjenigen dieses Thales zurück. Nähere Angaben über die Flora von Davos geben Geissler,
O. Die Flora von Davos. Davos 1882. - Schibler, W. Ueber die nivale Flora der Landschaft Davos (Jahrbuch des S. A. C. 33).
- Amann, J. Bryologische Bummeleien im Davosergebiet (Jahrbuch des S. A.C. 23). - Amann, J. Moussesintéress.des environs de Davos (Berichte der schweiz. botan. Gesellschaft. I, 1891).
Sehr reich ist die Insektenfauna von Davos, welche neben Vertretern der hochalpinen Region auch solche des Tieflandes aufweist.
Gemsen, welche früher die DavoserBerge zahlreich bevölkerten, sind
seltener geworden. Dagegen haben das
Reh u. der Hirsch sich daselbst in neuerer Zeit angesiedelt; auf der ö. Seite des Thales machen zuweilen noch jetzt sich Bären
bemerkbar, wogegen die Wölfe, welche einst die schlimmsten Feinde der DavoserHerden waren, seit mehr als 100 Jahren gänzlich
verschwunden sind. Vom Dache des Rathauses in Davos-Platz grüssen heute noch einige alte Wolfsschädel
herunter.
In die Geschichte ist Davos verhältnismässig spät eingetreten. Die Sage erzählt, dass das Thal durch Jäger der Freiherrn
von Vaz im 13. Jahrhundert entdeckt worden sei. In der That war aber Davos schon zur Zeit der Römer bekannt, da schon damals
ein Pass über den Flüela nach Davos und von da ins Prätigau führte. Jedenfalls aber war es Jahrhunderte
lang nur schwach bevölkert und vielleicht sogar nur im Sommer bewohnt. Urkundlich tritt es zuerst auf im Jahre 1213 unter
dem Namen Tavanns oder Kristis; das Kloster Churwalden bezog damals von Davos einen Grundzins.
Aus Urkunden von 1289 und 1300 geht hervor, dass im 13. Jahrhundert die Freiherren von Vaz dort deutsche
Walliser ansiedelten. 1289 wurde das Gut zu Davos von einem Freiherrn von Werdenberg als Vormund zweier minderjähriger Herren
von Vaz dem «Ammann Wilhelm und seinen Gesellen» gegen gewisse Abgaben
u. die Verpflichtung zur Heerfolge zu ewigem Erblehen gegeben. Diese deutschen Ansiedler übten, abgesehen
von dem Blutbann, vollständige Selbstverwaltung. Die Kolonie vermehrte sich sehr rasch, und 1325 legte sie bei einer Fehde
der Freiherren von Vaz mit dem Bischof von Chur ihre erste Waffenprobe auf der «Kriegsmatte» in Dischma ab. Als im Jahre 1436 der
letzte Spross der
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Grafen von Toggenburg, an welches Geschlecht Davos nach dem Tod der Freiherren von Vaz übergegangen war, starb, schlossen die
Abgeordneten der Toggenburgischen Besitzungen in Rätien in Davos den Zehngerichtenbund. Davos wurde Sitz desselben, und sein
erster Magistrat, der Landammann, war zugleich das Haupt des Bundes mit dem Titel Bundslandammann. Im
Jahre 1477 kam Davos mit andern rätischen Thalschaften durch Kauf an das Haus Oesterreich. Zu der Huldigung liessen sich
die Davoser aber erst herbei, nachdem ihnen die alten Freiheiten und Rechte bestätigt und überdies noch Zollbefreiung bewilligt
worden war.
Unter der Herrschaft der österreichischen Erzherzoge wurde dem Bergbau, der schon früher in Davos betrieben
worden war, vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt; im 16. Jahrhundert wurde in 34 Gruben nach Eisen, Kupfer, Blei und Silber gegraben.
Welche Bedeutung dem Bergbau zukam, ergibt sich auch aus dem Umstande, dass gegen Ende des 16. Jahrhunderts der österreichische
Bergrichter von Davos zugleich kaiserlicher Blutrichter und Einzieher des Lehenszinses in den österreichischen
Besitzungen Rätiens war. Der Bergbau wurde auch später noch, allerdings mit zeitweiliger Unterbrechung und in geringerm
Umfange, fortbetrieben; in der Hoffnungsau ist 1848 das letzte Blei geschmolzen worden.
Die Reformation fand in Davos schon im Jahre 1526 ohne grosse Kämpfe Eingang. Während des 30jährigen
Krieges versuchte Oesterreich, sich ein unbedingtes Herrschaftsrecht in Rätien zu sichern und den protestantischen Glauben
zu verdrängen. In den dadurch hervorgerufenen Kämpfen wurden 1622 Davos Platz und Davos Dorf durch ein über den Scaletta
her eingedrungenes österreichisches Heer geplündert, viele Häuser verbrannt und Frauen und Greise gemordet. Zu dem Elend
des Krieges gesellte sich später auch noch das der Pest, welche ebenfalls durch die österreichischen Soldaten ins Land
gebracht worden war. 1639 endeten die Kämpfe gegen Oesterreich mit der Unterjochung von Davos und Prätigau; doch schon 10 Jahre
später kauften sich beide um 76000 Gulden von Oesterreich los.
Unterdessen hatte Davos einen Teil seiner Bundesvorrechte verloren; es blieb zwar Sitz des Zehngerichtenbundes,
und bis im Anfang des 19. Jahrhunderts trat auch der Bundestag, die Versammlung der Abgeordneten aller drei Bünde, abwechselnd
mit Chur und
Ilanz in Davos zusammen, jedoch brauchte der Bundslandammann seit 1644 kein Davoser mehr zu sein. Bis
im Jahre 1900 waren die richterliche und administrative Gewalt in Davos in einer Hand vereinigt, der Vorstand der politischen
Gemeinde mit dem Landammann an der Spitze bildete zugleich das Gericht des Kreises Davos; im Jahre 1901 endlich wurden die
Gewalten geschieden, an der Spitze des Gemeindevorstandes steht nach wie vor der Landammann, an der Spitze
des Kreisgerichtes dagegen der Kreispräsident.
Davos hat im Laufe der Zeit dem Lande manchen tüchtigen Mann gegeben, so die beiden während der Kämpfe mit Oesterreich
hervorragenden Heldengestalten eines Ritter Johannes Guler von Wyneck, der auch eine rätische Chronik schrieb, und Johannes
von Sprecher. Als Geschichtschreiber hat sich auch der Bruder dieses letztern, Fortunat von Sprecher,
einen geachteten Namen erworben. Während einer Reihe von Jahren lebte zu jener Zeit auch Georg Jenatsch, «Graubündens Pfarrer
und Held», in Davos. Wir nennen ausserdem noch den zur Zeit der Loslösung von Oesterreich amtenden Bundslandammann
Meinrad Buol (1588-1656) und den 1557 geborenen Maler und Chronisten Hans Ardüser. Auch in späterer Zeit
noch brachte Davos manchen Mann hervor, der in der Geschichte Graubündens eine ehrenvolle Rolle spielte und dessen Name auch
nach Aussen einen guten Klang hatte.
Davos als Kurort.
Eine ganz neue Phase, nicht der politischen, wohl aber der sozialen Geschichte hat für Davos Mitte der
Sechziger Jahre letzten Jahrhunderts begonnen. Der damalige Landschaftsarzt Dr. A. Spengler hatte die Beobachtung gemacht,
dass die Lungenschwindsucht in Davos so gut wie gar nicht vorkomme und dass Davoser, welche schwindsüchtig aus dem Auslande
in die Heimat zurückkehrten, hier in verhältnismässig kurzer Zeit wieder genasen. Eine Publikation
dieser Tatsache in einer medizinischen Zeitschrift hatte die Folge, dass einige fremde Kranke nach Davos kamen, andere ihnen
folgten und Davos in sehr kurzer Zeit als Sommerkurort zu Ansehen und Ruf gelangte; länger ging es, bis auch sein Ruf als
Winterkurort, der heute fest gegründet ist, zur Geltung kam. Mit der Zunahme der Gäste ging Hand in
Hand die Vermehrung und Verbesserung der Hotels und sanitarischen Einrichtungen. Heute darf sich Davos in
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