Daunou
(spr. donu), Pierre Claude François, ausgezeichneter franz. Gelehrter, Publizist und Staatsmann, geb. zu Boulogne sur Mer, trat 1777 in die Kongregation des Oratoriums, lehrte Theologie, Philosophie und Litteratur an mehreren Kollegien, schloß sich der Revolution an und wurde 1791 Großvikar des konstitutionellen Bischofs von Pas de Calais. 1792 als Abgeordneter des Departements Pas de Calais in den Nationalkonvent berufen, bestritt er die Kompetenz der ¶
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Versammlung als Gerichtshof im Prozeß Ludwigs XVI. und trug auf Gefangenschaft des Königs während des Kriegs, dann auf Verbannung an. Dies wie seine Verteidigung der Girondisten gegen die Partei des Bergs brachte ihn ins Gefängnis, aus dem ihn jedoch der Sturz Robespierres 9. Thermidor befreite. Von nun an beteiligte er sich im Konvent an allen Gesetzentwürfen, welche eine neue Organisation des Staats bezweckten, und entwarf namentlich die Konstitution vom Jahr III. Im Rate der Fünfhundert wurde er mit der Organisation der römischen Republik beauftragt, und nach dem 18. Brumaire half er die Konstitution vom Jahr VIII entwerfen.
Später trat er in das Tribunal, ward 1801 Bibliothekar des Panthéon, 1804 Direktor des Archivs des Gesetzgebenden
Körpers und 1807 des Reichsarchivs. Die Restauration nahm ihm diese Stelle, die Julirevolution gab sie ihm aber zurück, worauf
er die Professur der Geschichte niederlegte, die er seit 1819 am Collège de France bekleidet hatte. Seit 1818 Mitglied
der Deputiertenkammer, gehörte er in derselben zur liberalen Opposition und wirkte namentlich für den öffentlichen Unterricht. 1834 zog
er sich von aller öffentlichen Wirksamkeit zurück und starb kurz nach seiner Ernennung zum Pair Daunou
war
Mitglied und beständiger Sekretär
[* 4] der Akademie der Inschriften und schönen Künste sowie Mitglied der
Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir: »Essai sur l'instruction
publique« (Par. 1793);
»Essai sur la constitution, etc.« (das. 1793),
worin die Grundzüge des Gesellschaftsstaats entwickelt werden;
»Analyse des opinions diverses sur l'origine de l'imprimerie«
(das. 1802) und »Essai historique sur
la puissance temporelle des papes« (das. 1810), das Resultat gründlicher Forschung, 1813 auf höhern Befehl vernichtet, erst
1818, freilich mit Abänderungen, und zuletzt 1828 (das., 4 Bde.)
wieder abgedruckt. Daunou
besorgte auch eine vollständige Ausgabe von Rulhières »Histoire de l'anarchie de Pologne« (Par. 1807, 4 Bde.)
und die beste Ausgabe der Werke Boileaus wie der Schriften Chéniers und Laharpes.
Sein Hauptwerk ist der »Cours d'études historiques« (Par. 1842-49, 20 Bde.). Seit der Restauration war er Hauptredakteur des »Journal des Savants«, und in der letzten Zeit beschäftigte er sich mit der Herausgabe französischer Geschichtschreiber in der Sammlung von Bouquet.
Vgl. Taillandier, Documents biographiques
sur Daunou
(2. Aufl., Par. 1847).