Datura
L. (aus dem
Sanskrit;
Stechapfel),
Gattung aus der
Familie der
Solanaceen, kahle oder schwach behaarte
Kräuter,
Sträucher
oder
Bäume mit zerstreut stehenden, gestielten, großen, ganzrandigen oder grob buchtig gezahnten Blättern, meistens großen,
einzeln in den Astachseln und endständigen
Blüten und eiförmiger oder runder, stachliger oder unbewehrter Fruchtkapsel
mit zahlreichen nierenförmigen
Samen.
[* 2] Etwa 12 (21)
Arten in den gemäßigten und warmen Klimaten. Datura
Stramonium L.
(Stechapfel,
Dornapfel,
Rauhapfel,
Krötenmelde,
Igelskolben,
Stachelnuß,
Tollkraut, s. Tafel
»Giftpflanzen
[* 3] II«),
einjährig, bis 1 m hoch, mit wiederholt gabelästigem Stengel, [* 4] eiförmigen, buchtig gezahnten, spitzen Blättern, großen, weißen, auch bläulichen Blüten und eiförmiger, derb stachliger Kapsel; stammt wahrscheinlich aus den Ländern um das Kaspische oder Schwarze Meer, findet sich durch ganz Mittelasien und Arabien, über Suez bis Senaar und die Abessinischen Alpen, [* 5] in Europa [* 6] bis Norwegen, [* 7] auch in Nordamerika, [* 8] Westindien, [* 9] Brasilien [* 10] und am Kap, überall an Wegen, auf Schutthaufen, in der Nähe der Dörfer und Städte.
Die Blätter sind offizinell, sie haben vorzüglich beim Welken einen widrigen, betäubenden, durch Trocknen schwächer werdenden Geruch und einen ekelhaft bittersalzigen Geschmack und gehören, wie die länglich nierenförmigen, fast halbkreisrunden, flach gedrückten, sehr feingrubig punktierten, mattschwärzlichen oder braunen, ölig und scharf bitterlich schmeckenden Samen, zu den narkotisch scharfen Giften. Als wirksamen Stoff enthalten sie Atropin (die Samen 0,1 Proz., die Blätter 0,2-0,3 pro Mille), außerdem kristallisierbares und sublimierbares, nicht basisches Stramonin.
Man wandte früher die Blätter und daraus bereitete Präparate wie Belladonna an, am häufigsten bei Geisteskrankheiten und Asthma (hier oft in der Form von Zigarren, Stramoniumzigarren); jetzt sind sie, wie die in ähnlicher Weise benutzten Samen, fast ganz außer Gebrauch gekommen. Landleute geben bisweilen den Schweinen einen Fingerhut voll Stechapfelsamen, um sie recht fett zu machen; Pferdehändler suchen mit Hilfe desselben abgemagerten Pferden ein gutes Ansehen zu verschaffen; in verbrecherischer Absicht ist der Same zur Bereitung einschläfernder Getränke benutzt worden.
Vergiftungen kommen am häufigsten mit dem
Samen vor, da
Kinder mit den klappernden, hübschen
Kapseln
[* 11] gern spielen. Man gibt
bei
Vergiftungen zunächst
Brech- und Abführmittel. Der
Stechapfel wird schon von Theophrast beschrieben, auch
Dioskorides kennt
ihn; doch scheint er sich erst im
Mittelalter, ursprünglich zum Teil durch
Kultur, in
Europa verbreitet
zu haben; medizinisch benutzte ihn zuerst Störck in
Wien
[* 12] 1762. Datura
Tatula
L., ein
Sommergewächs aus
Mexiko
[* 13] oder
Venezuela,
[* 14] größer
als die vorige Art, mit bläulichem bis violettem
Stengel, sonst ihr sehr ähnlich, bei uns in
Gärten, ist auch in seinen
Eigenschaften ganz der vorigen Art gleich. Datura
Metel L., mit herzförmigen, ganzrandigen
und flaumigen Blättern und weißen, zarten
Blumen, die fast wie
Lilien
[* 15] riechen, sich aber nur bei
Nacht öffnen, soll noch
narkotischer als der gemeine
Stechapfel sein, wird in
Ostindien,
[* 16]
Arabien und andern
Ländern als
Heilmittel benutzt, doch noch
häufiger zur Bereitung der im
Orient bei den Mohammedanern gewöhnlichen Berauschungsmittel in
Verbindung
mit
Hanf,
Opium,
Gewürzen etc. verwendet. Datura
ceratocaula
Ort., mit prächtigen, sehr großen, weißen, auswendig an den
Ecken
mehr oder minder violetten oder blaßviolett gefärbten, abends sehr wohlriechenden
Blumen, dient als
Zierpflanze, ebenso Datura
fastuosa
L., mit sehr schönen, großen, weißen, bisweilen auswendig violetten, auch mit gefüllten
Blumen, welcher
in
Indien und
China
[* 17] wie der
Stechapfel bei uns benutzt wird. Datura
arborea L. (Brugmansia candida
Pers.), in
Peru, 3-4 m hoch, mit
großen, länglich zugespitzten, ganzrandigen Blättern, sehr großen, hängenden, weißen, besonders gegen
Abend wohlriechenden
Blumen und glatten
Früchten, wird häufig bei uns in
Gärten gezogen. In
Peru werden die
Blätter und eine
daraus bereitete
Salbe als erweichende, zerteilende und
schmerzstillende Mittel häufig gebraucht. Datura
suaveoleus ^[richtig:
suaveolens] H.
Bonpl., ebenfalls in
Peru, hat ebenso große, aber noch köstlicher riechende
Blüten. Datura
sanguinea
Ruiz et
Pavon
(Brugmansia bicolor
Pers.), an wüsten
Stellen, in hoch gelegenen Gegenden von
Peru und
Kolumbien einheimisch,
strauch- oder baumartig, hat große, hängende
Blüten, die von der
Basis bis zur Mitte gelb, an der obern Hälfte rot und
mit 15 blutroten
Streifen durchzogen sind.
Aus den
Früchten bereiten die
Peruaner einen Trank (Tonga), der, wenn er verdünnt ist,
Schlaf macht, konzentriert
aber leicht Anfälle von Wut erregt, die durch häufig getrunkenes kaltes
Wasser gestillt wird. Die
Priester des Sonnentempels
in der Stadt Sagomozo, dem peruanischen Orakelsitz, kauten, um sich zu inspirieren,
Körner dieser
Pflanze, und daraus hat
man geschlossen, daß die
Samen von Datura
Stramonium einst zu
Delphi in gleicher
Weise benutzt worden seien.