(spr. -rü), 1)
PierreAntoineNoëlBruno,
Graf, franz. Finanzmann, Dichter und Geschichtschreiber, geb. zu
Montpellier,
[* 2] trat im 16. Jahr in den Militärdienst und war
Kriegskommissar, als er sich 1789 der
Revolution
anschloß. 1793 als verdächtig verhaftet, erhielt er erst 9.
Thermidor seine
Freiheit, nicht aber seine
Stelle wieder. 1795 ward
er
Chef einer Abteilung im
Kriegsministerium und bald darauf
Chef derIntendantur bei der Donauarmee. Während dieser
Geschäftsführung vollendete er seine vortreffliche Übersetzung des Horaz (»Traduction
en vers des poésies d'Horace«, Par. 1800; 6. Aufl. 1823, 2 Bde.),
die seinen litterarischen
Ruf begründete.
Napoleon I. benutzte ihn bei der Kriegsverwaltung und zu immer wichtigern
Geschäften, erhob ihn in den Grafenstand und ernannte
ihn zum
Minister undBevollmächtigten bei den
Friedensschlüssen von
Preßburg,
[* 3]
Tilsit
[* 4] und
Wien.
[* 5] 1805, 1807 und 1809 war
er
Generalintendant in
Preußen
[* 6] und
Österreich.
[* 7] 1811 ward er
Staatssekretär und bekämpfte im Ministerkonseil
Napoleons Eroberungspläne.
Nach der
Restauration teilte er anfangs mit andern Anhängern
Napoleons das
Los der Zurücksetzung, ward aber 1818 zum Pair
ernannt und stimmte nun im
Sinn der gemäßigten
Partei. Seit 1828 Mitglied der
Akademie der
Wissenschaften,
starb er auf seinem Landsitz Becheville bei
Meulan. Seine »Cléopédie, ou théorie des réputations littéraires«
(Par. 1800) ist ein Gedicht voll
Geist und feiner Wendungen.
Sein Hauptwerk ist jedoch die
»Histoire de la
république de Venise« (Par. 1819, 7 Bde.; 4. Aufl.
1853, 9 Bde.; deutsch von
Ruprecht, Leipz. 1854, 4 Bde.).
Minder anziehend und gründlich ist die
»Histoire des ducs de
Bretagne« (4. Aufl., Par. 1828, 4 Bde.;
deutsch von
Schubert, Leipz. 1831, 2 Bde.).
Ein nachgelassenes didaktisches Gedicht, »L'astronomie« (Par.
1836), gehört zu Darus besten poetischen Leistungen.
2) MartialNoëlPierre,
Graf,
Bruder des vorigen, geb. war ebenfalls einer der treuesten Anhänger
Napoleons I., unter
dem er mehrere militärische und administrative
Ämter bekleidete, namentlich als Armeeintendant thätig war. Er starb -
Sein Sohn
Charles Martial,
GrafDaru, geb. hat sich als Schriftsteller im
Fach der Rechtsgelehrsamkeit
und
Nationalökonomie einen
Namen gemacht.
3)
Napoléon,
Graf, Sohn von Daru 1), geb. zu
Paris,
[* 8] besuchte die polytechnische
Schule, trat in die
Artillerie ein und
nahm 1847 als
Kapitän seinen
Abschied. Seit 1832 Mitglied der Pairskammer, war er ein eifriger Anhänger
des Julikönigtums und beteiligte sich namentlich an der
Erörterung volkswirtschaftlicher
Fragen. Nach der
Februarrevolution
war er Vertreter des
DepartementsManche, wo er reichen Grundbesitz hat, in der
Nationalversammlung und schloß sich den gemäßigten
Republikanern an. Wegen seines
Protestes gegen den
Staatsstreich vom ward er auf kurze Zeit verhaftet
und lebte dann in Zurückgezogenheit, aus der er erst 1869 bei den allgemeinen
Wahlen heraustrat; er siegte als konservativ-liberaler
Kandidat über den offiziellen
Kandidaten de
Tocqueville. Er gehörte zu den
Führern der neuen liberalen Mittelpartei und war
Haupturheber der
Interpellation der 116, welche die Einführung des parlamentarischen
Systems
verlangten.
Anfang 1870 trat er in das
MinisteriumOllivier als
Minister des Äußern und zeigte sich als entschiedenen Gegner der
Kurie
beim vatikanischen
Konzil.
Als er bemerkte, daß
Napoleon III. durch die Veranstaltung des
Plebiszits sich die Rückkehr zum
frühern
Absolutismus ermöglichen wollte, reichte er mit
Buffet13. April seine Entlassung ein und zog sich
ins Privatleben zurück, aus
dem er erst nach Beendigung des deutsch-französischen
Kriegs wieder hervortrat, indem er 1871 zum
Mitglied der
Nationalversammlung gewählt wurde. Er saß hier im rechten
Zentrum und gehörte zur monarchistischen
Partei. Seit 1876
Senator,
wurde er dieser politischen
Richtung wegen 1879 nicht wieder gewählt. Daru ist seit
August 1860 Mitglied
der
Akademie für moralische und politische
Wissenschaften. Er schrieb: »Le
[* 9] comte Beugnot« (1865).
(spr. -rüh), Napoléon, Graf, franz. Staatsmann, Sohn des GrafenPierreAntoineDaru, geb. in Paris, erbte
von dem Vater die Pairswürde und nahm unter der Regierung Ludwig Philipps lebhaften Anteil an den parlamentarischen
Debatten der Pairskammer. Vom Depart. Manche ward er 1848 in die Konstituierende und in
die Gesetzgebende Nationalversammlung gewählt, wo er mit der Majorität stimmte. BeimStaatsstreiche Napoleons,
berief er als Vicepräsident die Repräsentanten auf die Mairie des 10. Arrondissements und beantragte
die Absetzung Napoleons, weshalb er verhaftet und eine Zeit lang in Vincennes gefangen gehalten wurde.
Freigelassen, zog sich Daru ins Privatleben zurück, bis er bei den allgemeinen Wahlen von 1869 gegen den offiziellen Kandidaten
siegte. Als Anfang 1870 Napoleon III. durch BerufungOlliviers zur Bildung eines Ministeriums den Schein
erweckte, daß es ihm mit Einführung einer konstitutionellen Regierung Ernst sei, wurde Daru von Ollivier veranlaßt, das Portefeuille
des Äußern zu übernehmen. Daru willfahrte, gab jedoch kurze Zeit vor dem Plebiscit seine Entlassung. Im Febr. 1871 vom Depart.
Manche in die Nationalversammlung gewählt, schloß er sich dem rechten Centrum an, wurde 1876 Senator
für dasselbe Departement und hielt sich im Senat zur Rechten. 1879 wurde er nicht wiedergewählt und zog sich ins Privatleben
zurück. Er starb in Paris. Durch seine Schrift «Le comte Beugnot» (1865) erwarb sich Daru die Mitgliedschaft
des Instituts.
(spr. -rüh),PierreAntoineBruno, Graf, franz. Staatsmann und Schriftsteller, geb. zu
Montpellier, betrat, nachdem er eine ausgezeichnete Schulbildung erhalten hatte, die militär.
Laufbahn. Als die Revolution ausbrach, war DaruKriegskommissar. Er schloß sich derselben an, wurde aber 1793 als verdächtig
verhaftet und erst nach Robespierres Sturz 1794 wieder frei. 1795 ward er Sektionschef im Kriegsministerium
und bald darauf Generalintendant der Donauarmee.
Auch Napoleon I. benutzte ihn in solcher Eigenschaft, zog ihn zum Abschluß der Friedensverträge von Preßburg (1805), Tilsit
(1807) und Wien (1809) bei und ernannte ihn zum Grafen. In dieser Zeit machte sich Daru in Österreich und
Preußen durch seine strenge Verwaltung verhaßt, sodaß später Blücher 1813 D.s Besitzungen sequestrieren ließ. 1811 übernahm
Daru das Staatssekretariat und sprach sich im Conseil nicht selten gegen die Welteroberungspläne des Kaisers aus. Im russ.
Feldzug besorgte er, so gut als möglich, das Amt eines Generalintendanten, desgleichen 1813, wo er Minister
wurde. Nach des KaisersSturze anfänglich beiseite geschoben, wurde er 1818 zum Pair ernannt und 1828, nachdem er schon seit 1805 Mitglied
des Nationalinstituts gewesen, in die Akademie der Wissenschaften
¶
mehr
aufgenommen. Seit der Restauration widmete er seine Muße vorzüglich geschichtlichen Studien. Er starb auf seinem
Landsitze Vecheville bei Meulan. Seinen litterar. Namen schuf er sich durch eine vortreffliche metrische Übersetzung des Horaz
(2 Bde., Par. 1788 u. ö.).
Sein Hauptwerk ist die «Histoire de la république de Venise»
(7 Bde., Par. 1819; 4. Aufl., 9 Bde.,
1853), ausgezeichnet durch wissenschaftliche Genauigkeit und sorgfältigen Stil. Einen deutschen Auszug daraus lieferte Bolzenthal
(3 Bde., Lpz. 1825‒27),
eine Übersetzung Ruprecht (2. Ausg., 4 Bde.,
ebd. 1859). Seine «Histoire de Bretagne» (3 Bde., Par. 1826;
deutsch, 2 Bde., Lpz. 1831) ist ein
ebenfalls sehr gründliches Werk. Ferner sind zu erwähnen die «Notions statistiques sur la librairie
pour servir à la discussion des lois sur la presse» (Par. 1827) und ein nachgelassenes Gedicht:
«L'astronomie» (ebd. 1830).