Titel
Darmgeschwüre
kommen im ganzen Verdauungskanal, vom Rachen bis zur Aftermündung, vor. Man unterscheidet im eigentlichen Darm: [* 2]
1) Traumatische Darmgeschwüre
, welche durch spitze, scharfe
Fremdkörper, im
Mastdarm durch ungeschickte Einführung von
Klystierspritzen
verursacht werden, je nach dem
Grade der
Verletzung bald nur oberflächliche Schrunde
¶
mehr
(Erosionen) bilden, bald die Darmwand in ihrer ganzen Dicke durchdringen können. Sie sind verhältnismäßig selten, haben keine charakteristischen Formen und werden nur dann gefährlich, wenn sich eiterige Entzündungen der Darmwand, ihres Bauchfellüberzugs oder des losen Bindegewebes ihrer Umgebung (z. B. bei der Perityphlitis, s. Darmentzündung) an sie anschließen.
2) Embolische Darmgeschwüre
, welche bei Herzfehlern zuweilen im ganzen Darm verbreitet vorkommen, sich aber sonst wesentlich
auf den Zwölffingerdarm beschränken und daselbst in Form runder, scharfrandiger Defekte auftreten, über deren Einzelheiten
dasselbe gilt, was beim Magengeschwür (s. d.) ausführlich beschrieben ist.
3) Follikulargeschwüre, welche im Dünn- und Dickdarm bei chronischer Darmentzündung beobachtet werden und aus Vereiterung der Follikel in der Submukosa hervorgehen; sie sind eine der häufigsten anatomischen Grundlagen der Darmschwindsucht (s. d.), zeichnen sich durch unterminierte Ränder aus und heilen sehr schwer.
4) Tuberkulöse Darmgeschwüre
haben ihren Sitz meist im Dünndarm, seltener in dem Magen
[* 4] oder den tiefern Dickdarmabschnitten. Sie entstehen
durch Neubildung hirsekorngroßer Tuberkeln in der Schleimhaut, welche zerfallen und einen zunächst kleinen
linsenähnlichen (lentikulären) Substanzverlust zurücklassen. In der Umgebung schießen dann neue Knoten auf, die wiederum
aufbrechen, und so vergrößern sich die Geschwüre oft zu großen ringförmigen oder gürtelförmigen Verschwärungen (Ulcera
annularia). Während die Follikulargeschwüre ihren Sitz in den tiefen Schichten der eigentlichen Schleimhaut
haben, können die Tuberkeln schließlich alle Lagen der Darmwand durchsetzen und zum Durchbruch in die Bauchhöhle führen.
Schon früh erkennt man sie daran, daß äußerlich auf der Serosa an den Geschwürsstellen grauweiße Tuberkeln aufsitzen.
Sie heilen selten und kommen meist bei allgemeiner Schwindsucht vor.
5) Typhöse Darmgeschwüre
haben ihren Sitz vorwiegend in den Peyerschen Drüsenhaufen des tiefsten Dünndarmabschnitts,
seltener im Dickdarm. Sie liegen daher meist dem Ansatz des Gekröses gegenüber, im Dickdarm an Stelle der Einzelfollikel. Diese
Darmgeschwüre
nehmen ihren Ausgang aus einer markigen Anschwellung und lymphatischen Wucherung der genannten Drüsen; diese Wucherung
zerfällt und bildet einen Schorf, der nach seiner Abstoßung das Geschwür hinterläßt. Gewöhnlich reicht
der Defekt bis zur Ringmuskulatur, zuweilen jedoch durch alle Schichten, so daß nicht so selten Durchbruch zu stande kommt.
Die typhösen Darmgeschwüre
heilen am besten und bilden zarte, höchst unscheinbare Narben.
6) Diphtheritische Darmgeschwüre.
Dieselben sind ausgezeichnet durch ihren oberflächlichen Sitz
im Dünndarm, auf der Höhe der Falten, und im Dickdarm, wo sie ihre Lieblingsstätte haben, auf den hervorragenden Leisten der
sogen. Tänien und Haustra. Den Anlaß zur Verschwärung bilden hier Bakterienwucherungen, welche die Schleimhaut zum Absterben
und Zerfall bringen. Diese Art der Darmgeschwüre
kommt vor unter epidemischen Einflüssen (Ruhr, Cholera) bei Kotstauungen
und als Verstärkung
[* 5] chronischer einfacher Darmentzündung (s. d.). Beim Heilen hinterlassen sie mitunter höchst beschwerliche
und gefahrbringende Verengerungen (Stenosis, Strictura intestinalis).
7) Syphilitische Darmgeschwüre
stellen sich nur selten im Dünndarm, häufiger dagegen im Mastdarm bei Frauenzimmern ein und zeichnen sich
vor allen andern Formen durch Umfang, chronischen Verlauf und durch die Neigung zu starken Schrumpfungen
aus. Die
durch sie bedingten Verengerungen steigern sich zuweilen bis zum völligen Verschluß (Atresia) des Darmrohrs und
können nur operativ beseitigt werden.
8) Als letzte Gruppe seien die krebsigen Darmgeschwüre
genannt, welche gewöhnlich als flache Gallertkrebse am Magen, Dünndarm und vornehmlich
im Mastdarm vorkommen. Am letztern Ort geben sie gelegentlich Anlaß zu Verwechselungen mit den beiden früher
erwähnten Kategorien, da auch sie Verengerungen im Gefolge haben und nur operativ behandelt werden können.