Dardanellen
,
im
Altertum
Hellespont (s. d.), Seestraße, die das
Marmarameer mit dem Ägäischen
Meere verbindet und
Kleinasien
von der Halbinsel von Gallipoli (im
Altertum
Thrazischer Chersonnes genannt), einem schmalen
Vorsprung der
Balkanhalbinsel,
[* 2] trennt. (S. Doppelkärtchen:
Bosporus
[* 3] und Dardanellen
, Bd. 3.) Sie ist etwa 65 km lang,
im Durchschnitt 5–6 km, an der schmalsten
Stelle nur 1900 m breit. Wie im
Bosporus, so zieht auch durch diese
Straße eine
doppelte Strömung, eine obere vom
Marmarameer und eine untere vom Ägäischen
Meere her.
Der
Name kommt von der Stadt
Dardanus (s. d.) im Gebiet von
Troas. Die Dardanellen
haben als westl. Eingangsthor nach
Konstantinopel
[* 4] eine
hohe kommerzielle wie auch militär. Bedeutung; die erstere konzentriert sich in Gallipoli
am östl. Eingange, die letztere in den
Sperrforts des durchgängig von den
Kanonen beherrschten schmalen
südwestl.
Teils.
Schon seit langer Zeit sind befestigt der Eingang selbst durch die 1881 neugebaute
Batterie
Seddil-Bahr und
das gegenüberliegende
Fort
Kum-Kale, dann die engste
Stelle zwischen
Kilid-Bahr und
Tschanak-Kalessi oder
Kale-Sultanie (s. d.),
einer Stadt von 7000 E., wo 1660 Mohammed IV. zwei Schlösser erbauen ließ, in denen später die Riesenkanonen
(Kämmerliks von den
Türken genannt)
Aufstellung fanden.
Diese
Anlagen wurden 1830 durch Errichtung der
Batterien Namasigia unmittelbar im
S. und Degirmen-Burun-Tabiassi im N. verstärkt
und im Bereich der Enge zwischen den Ruinen des alten Sestos und
Abydos das
Fort Boghalü Tabia und gegenüber
das von Nagara erbaut. Unter
Sultan
Abd ul-Asis beschloß die
Pforte 1863, auf Anregung des damaligen brit.
Botschafters
Sir Henry
Bulwer, den allmählichen Umbau der infolge der Erfindung der gezogenen
Kanonen wie der
Panzerschiffe
[* 5] beiden gegenüber fast
vollkommen wertlos gewordenen Dardanelle
nbefestigungen; die bezüglichen
Arbeiten wurden im April 1864 begonnen.
Danach, bis zum
Ausbruch des letzten russ.-türk.
Krieges (April 1877) unter mancherlei Erneuerungen fortgeführt, haben sie
das Resultat gehabt, daß die drei
Batterien Namasigia, Medschidieh und Degirmen-Burun-Tabiassi und das
Fort Nagara den Anforderungen
unserer
Tage entsprechend fertig gestellt worden sind.
Die Meerenge hat eine große Rolle in der Geschichte gespielt. Hier, mutmaßlich auf der Schmalstelle von Nagara, schlug Xerxes seine Brücken; [* 6] und hier setzte Alexander nach Asien [* 7] über. 1356 überschritten die Türken die Straße. Den ersten Versuch, in die Straße einzudringen, machte der als Admiral in russ. Diensten stehende Engländer Elphinstone mit drei Linienschiffen und vier Fregatten bei Verfolgung zweier türk. Linienschiffe. Indes scheint er, Kum-Kale und Seddil-Bahr passierend, nur bis Kepes-Burun gelangt zu sein. Der engl. Admiral Duckworth gelangte, von ¶
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801 den türk. Batterien bei seiner Durchfahrt unbelästigt, 20. Febr. bis nahe vor Konstantinopel, mußte aber unverrichteter Dinge die Rückfahrt antreten. Der Dardanellenvertrag welchen die fünf Großmächte mit der Pforte abschlossen, und der durch den Pariser Frieden 1856 im wesentlichen bestätigt wurde, setzt fest, daß kein nichttürk. Kriegsschiff ohne Bewilligung der osman. Regierung in die Meerenge einlaufen und sie passieren darf.
Auch Handelsfahrzeugen fremder Nationen ist die Passage der Schmalstelle von Tschanak-Kalessi bei Nacht untersagt, und sie
sind zur Vorzeigung der Pässe und zur Zahlung einer Leuchtturmsgebühr verpflichtet. Der Londoner Vertrag
sowie der Berliner Friede
[* 9] bestätigten das Princip der Schließung der Dardanellen
nach Maßgabe des Pariser Friedens.
Doch liefen Febr. 1878 engl. Kriegsschiffe durch die Dardanellen
, um Konstantinopel vor den Russen zu schützen. 1891 wurde die Dardanellen
frage
von neuem aktuell, als zu verschiedenen Malen russ. Schiffe
[* 10] mit Soldaten an Bord von den Türken an der Durchfahrt
gehindert wurden. Die Türkei
[* 11] schloß darauf ein Abkommen mit Rußland, wonach die Schiffe der sog. Freiwilligen Flotte Rußlands,
sofern sie die Handelsflagge führen, die Dardanellen
frei passieren, und wenn sie Sträflinge oder Soldaten an Bord haben, der Pforte
vorher davon Anzeige machen sollen. Eine türk. Cirkularnote vom 16. Sept. teilte den
Großmächten dies Abkommen mit. Kleine Dardanellen
heißen auch die Meerenge und die Schlösser von Rion (s. d.) in Griechenland.
[* 12]