Daktyliothēk
(griech.), Ringbehältnis, Ringkästchen; insbesondere eine Sammlung von
Gemmen,
[* 2]
Kameen, geschnittenen
Steinen, Ringsteinen (Gemmenkabinett), im
Altertum meist eine Zierde des Tempelschatzes. Die älteste
Daktyliothek
in
Rom
[* 3] stammte von
Scaurus,
Sullas Stiefsohn, her.
Mithridates besaß eine reiche Daktyliothek
, die sein Überwinder
Pompejus nach
Rom ins
Kapitol bringen ließ und dem
Jupiter weihte.
Cäsar legte sechs Daktyliotheken
im
Tempel
[* 4] der
Venus
Genetrix
an, und unter
Augustus stiftete
Marcellus, der Sohn der
Octavia, eine andre in den
Tempel des palatinischen
Apollo.
Als in dem verfallenden römischen
Reich auch die Glyptik außer Übung kam, rettete fromme Prunksucht
bedeutende Werke dieser Art, um damit Kleinodienkästchen, Reliquienschreine, die Deckel der Ritualbücher und die Kirchengefäße
zu schmücken.
Petrarcas
Begeisterung für Überreste alter
Kunst machte zuerst in
Italien
[* 5] auf jene wertvollen
Kunstprodukte des
Altertums aufmerksam. Es legten Daktyliotheken
an: die
Häuser
Gonzaga in
Mantua
[* 6] und
Farnese in
Rom,
Este in
Modena und Lorenzo de'
Medici der Prächtige in
Florenz
[* 7] und, als diese zerstört worden, ein späterer
Medici eine neue, die
Grundlage der noch bestehenden florentinischen, der reichsten unter allen, die gegen 4000
Steine enthält;
in Rom außer den Päpsten Julius II. und Leo X. auch der Prälat Maria Piccolomini und die Königin Christine von Schweden [* 8] (Museum Odescalchi, in Spanien). [* 9]
Später angelegte Daktyliotheken
waren die in der vatikanischen
Bibliothek, in den
Palästen
Barberini
und
Strozzi (jetzt in
¶
mehr
Petersburg).
[* 11] Gegenwärtig sind die wichtigsten öffentlichen Sammlungen geschnittener Steine: die im Münz- und Antikenkabinett
zu Wien,
[* 12] die reichste an sehr großen Kameen von unschätzbarem Wert in der Nationalbibliothek zu Paris,
[* 13] in der Eremitage zu
Petersburg, in der königlichen Bibliothek im Haag,
[* 14] in den Uffizien zu Florenz und im Museum zu Neapel,
[* 15] letztere
insbesondere bereichert durch das ehemalige Borgiasche Kabinett. Unter den Sammlungen geringern Umfangs verdient das Museum
in Berlin
[* 16] besondere Erwähnung wegen der mit demselben vereinigten Sammlung von Stosch, welche Winckelmann beschrieben hat. -
Daktyliothek
nennt man auch eine Sammlung von Kupferstichen, die Gemmen darstellen und zwar entweder Gemmen mit Gegenständen
von einerlei Art, z. B. solche mit Bildnissen von Philosophen (von Bellori), Abraxasgemmen (von Chifflet), Gemmen mit Inschriften
(von Ficoroni), mit den Namen der Verfertiger (von Stosch), oder die Steine einer ganzen Sammlung, z. B. die Sammlung von Gori
in dem Museum Florentinum sowie die von Wicar und Mongez daselbst, die frühern Pariser von Mariette, die
des Herzogs von Orléans,
[* 17] die von Leblond und Lachaux und die Wiener, von Eckhel in Abbildungen herausgegeben. Nächstdem sind
noch anzuführen die Abbildungen der Sammlungen von Odescalchi, Gravelle, Stosch, Bossi und dem Herzog von Marlborough. Unter
den Sammlungen von Abbildungen nach abgegossenen Gemmen (Pasten) ist die Lippertsche in Dresden
[* 18] die berühmteste.