Dâjak
,
der
Name der nicht-mohammed. Eingeborenen der
Insel
Borneo (s. d.). Die Dâjak
zeigen in ihrer
Körper-, Schädel- und Gesichtsbildung den charakteristischen
Typus der malaiischen Rasse. Sie sind schlank, wohlgebaut,
von mittlerer
Größe, kräftig und ausdauernd.
Ihre Hautfarbe ist ein bald helleres, bald dunkleres, bei einigen mehr gelbliches,
bei andern mehr rötliches
Braun; ihre
Augen, sowie ihr langes glattes Haupthaar sind schwarz. Von Charakter
sind die Dâjak
ehrlich, treu und zuverlässig; gereizt und beleidigt dagegen worden sie rachsüchtig und grausam.
Ihre Gesamtzahl dürfte sich auf etwa 1½ Mill. belaufen. Einige der bekannt gewordenen Dâjak
stämme sind: die
Lara, Serawak,
Lundu, Sakarran, Sibujau, Sadong,
Batang-lupar, Seribas, Bugau,
Malau, Milanau, Kenawit, Kajan (von den Engländern bisweilen
Kyan geschrieben, identisch mit den Kahaian in Südborneo), Kadaian,
Pakatan u.a. im NW. und N., die
Stämme von
Sambas, Landak,
Sintang, Melawi im W., die
Punan im Innern, die Pari oder
Tring im O., die Katingan, Kabaian,
Ot danom, Olon Lowangan, Olon
Maanjan, Olo Ngadju oder Beadju
im S.
Die Wohnungen der Dâjak
sind in den Landschaften
Borneos verschieden. Im NW. z.B. bestehen die Dörfer aus einzelnen Hütten,
[* 2] die auf
Pfählen von etwa 3 m Höhe ruhen und mit Gras gedeckt sind. Vor den Hütten befindet sich eine Art unbedeckter
Veranda.
In einem solchen Dorfe befinden sich ein oder mehrere hohe runde
Gebäude, die als
Beratungs-, Wacht- und
Wohnhäuser
[* 3] der unverheirateten
Männer und als Aufbewahrungsorte für erbeutete
Köpfe dienen. In Ostborneo hingegen wird das
ganze Dorf nur aus einem langen, mit Holzplatten gedeckten
Gebäude gebildet, das über 50 und mehr gleiche Räume enthält
und von ebensoviel Familien bewohnt wird.
Die Treppen, [* 4] die zu diesem 6 m über der Erde auf Pfählen ruhenden Gebäude führen, sind wie fast überall in Borneo durch eingekerbte Baumstämme hergestellt. In Südbornco, am Katingan, ähneln die Häuser wieder mehr dem erstgeschilderten Typus, nur daß hier die Veranda fehlt u.s.f. – Die gewöhnliche Tracht der Männer besteht in einer aus geklopftem Baumbast hergestellten langen Binde, die um die Hüften gebunden und zwischen den Beinen hindurchgezogen wird, sodaß die Enden vorn und hinten herunterhängen.
Die Frauen tragen für gewöhnlich nur einen selbstgewebten Hüftenrock, der durcb einen dünnen, buntgefärbten, den Leib
20–40mal umgebenden Rôtan (Rottang) festgehalten wird. In
Bezug auf Kopfputz und Schmuck unterscheiden
sich alle Dâjak
stämme. Tättowierung ist nicht allgemein verbreitet. Charakteristisch für die einzelnen
Stämme ist die
Bewaffnung. Von den verschiedenen Waffen
[* 5] mögen hier nur genannt sein: das
Blasrohr
(Sipet, s. d.), der Mandau
[* 6] (s. d.)
und der Schild.
[* 7] Von den abweichenden Schwertformen des Nordwestens ist bemerkenswert der Tangkin (s.
beistehende
[* 1]
Fig. 1). –
Allgemein beliebt ist das Verzieren der Kopfbedeckungen und der Panzerjacken mit den Federn des Nashornvogels
und denen des
Argusfasans.
Eine Hauptrolle im Leben aller Dâjak
spielen die
Kriege, richtiger Kopfjagden. Der Hauptzweck derselben ist (wie bei den
Menschenopfern),
durch das Erbeuten der
Köpfe die Seelen der Erschlagenen zu zwingen, Schutzgeister von Lebenden oder
(im Jenseits) Sklaven von Verstorbenen zu werden. Natürlich haben die Kopfjagden Rachezüge zur Folge, und so entsteht ein
ewiger Kriegszustand, durch den gewisse Landesteile fast ganz entvölkert wurden. Durch die Bemühungen der Engländer ist
den Kopfjagden in Nordborneo vielfach Einhalt gethan worden; auch im westl.
Borneo scheint das ajau nachzulassen, im Innern und im
Osten der
Insel steht es aber noch in voller
Blüte.
[* 8]
Die religiösen
Vorstellungen der Dâjak
sind (mit Ausnahme der Mythologie der Olo Ngadju) nur unvollkommen bekannt.
Allen
Stämmen
gemeinsam zu sein scheint die
Furcht vor bösen Geistern und Gespenstern (malaiisch: hantu) und der
Glaube
an Omina jeder Art. Besonders wird auf gewisse
Vögel
[* 9] (im
Süden der antang) geachtet, deren Geschrei oder Flug für wichtige
Angelegenheiten ausschlaggebend ist. Gemeinsam sind ferner der Gebrauch von Zaubermitteln,
Amuletten u.dgl., die Verehrung
heiliger Töpfe, welche nach dem
Glauben der
Süd-Dâjaken
¶
mehr
692 von dem Könige von «Madjapait» aus demselben Material verfertigt wurden,
aus dem die Sonne
[* 11] besteht. Die Zauberpriester sind zugleich Ärzte. Eine wichtige Aufgabe: «das Geleiten der Seele in das Seelenland»,
fällt im Südosten den Balian (Zauberpriesterinnen, Sängerinnen und Prostituierten) zu. Endlich ist noch zu erwähnen die
Verehrung, die viele Dâjak
stämme gewissen Bergen
[* 12] erweisen, welche meist als Sitze seliger Geister angesehen
werden. – Das wichtigste Fest der Dâjak
ist das Totenfest (im Südosten tiwah genannt).
Dasselbe wird je nach den verschiedenen Gegenden Borneos in verschiedener Weise gefeiert. Nötig sind jedoch dabei überall
frisch erbeutete Menschenköpfe oder Menschenopfer. Letztere haben den Zweck, einem Verstorbenen die Seelen
der Geopferten als Sklaven in das Jenseits nachzusenden. Oft braucht auch ein vornehmer Dâjak
die Vorsicht, eine
Anzahl Sklaven, Schuldner oder Kriegsgefangener im Laufe der Jahre zu töten und sich so im künftigen Leben ein angemessenes
Gefolge zu sichern.
Von dem regen geistigen Leben der Dâjak
(in dem am besten bekannten Südosten) geben die Mythologie,
Sagen, Tierfabeln (deren Held der Zwerghirsch = plandok ist, vgl. Artikel: Malaiische Litteratur), originelle Rätsel, witzige
Vergleiche und Sprichwörter Kunde. Neuerdings wurden sogar Erzählungen à la Münchhausen, die dabei echt dâjak
isches Gepräge
tragen, gleichzeitig mit Proben der schwermütigen «Reiselieder» von H.
Tromp mitgeteilt.
Vgl. Grabowsky, Über Äußerungen geistigen Lebens bei den Olo Ngadju in Südostborneo, in den «Bijdragen
tot de taal-, land- en volkenkunde van Nederlandsch Indië», 5, IV.; H. Tromp, Dajak
ken-Gedichte, im «Globus» 1888.
Bemerkenswert ist der sich in der Verzierung von Geweben, Geflechten, Arbeiten in Holz,
[* 13] Bambus, Horn, Knochen,
[* 14] Metall u.s.w. äußernde Kunsttrieb der Dâjak.
Die Fülle und Originalität der Verzierungsmotive hat den Vergleich mit den einschlägigen
Leistungen selbst höherer Kulturperioden nicht zu scheuen (s. die vorstehenden Abbildungen;
[* 10]
Fig. 2 Ornament
von einer Bambusbüchse;
[* 10]
Fig. 3 Bordüre eines Sarongstoffes;
[* 10]
Fig. 4 Ornament von einem Schnitzmesser).
Einige der verschiedenen dajak
ischen Sprachen, denn um solche, nicht bloß um Dialekte handelt es sich,
sind durch dürftige Wortlisten bekannt, die sich in Reisewerken vorfinden. Wissenschaftlich bearbeitet ist nur die Sprache
[* 15] der Olo Ngadju in Südostborneo durch A. Hardeland, der ein treffliches dâjak
isch-deutsches Wörterbuch (1859) und eine
Grammatik (1858) schrieb.
Litteratur. Außer den genannten Werken: H. Low, Sarawak (Lond. 1848);
O. von Kessel, Über die Volksstämme Borneos (in der «Zeitschrift für allgemeine Erdkunde», [* 16] Neue Folge, Bd. 3, Berl. 1857);
Zimmer, Sitten und Gebräuche der Dajakken
Borneos (in den «Berichten der Rheinischen Missionsgesellschaft»,1858);
St. John, Life in the forests of the far East (Lond. 1862);
J. G. Wood, The natural history of man (2 Bde., ebd. 1870);
J. Perham, The song of the Dyak head-feast, im «Journal of the Straits Branch of the Royal Asiatic Society» (Singapur [* 17] 1878);
F. Grabowsky, Die Olon Maanjan (im «Ausland», 1884);
ders., Über die djawet's oder heiligen Köpfe
der Oloh ngadju (Dajaken
),
in der «Zeitschrift für Ethnologie» (Berl. 1885);
Pryer, On the natives of British North Borneo, im «Journal of the Anthropologival Institute of Great Britain and Ireland» (1887);
F. Grabowsky, Die Olon Lowangan (im «Ausland», 1888);
ders., Über verschiedene weniger bekannte Opfergebräuche bei den Oloh Ngadju, im «Internationalen Archiv für Ethnographie» [* 18] (1888);
C. Bock, [* 19] Reis in Oost- en Zuid-Borneo (Haag [* 20] 1888);
Missionar Hendrichs Bootreisen auf dem Katingan (in den «Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft zu Jena», [* 21] 1888);
S. W. Tromp, in den «Bijdragen tot de taal-, land- en volkenkunde van Nederlandsch Indië» (1890, Heft 1);
A. R. Klein, Die bildenden Künste bei den Dayaks auf Borneo (Wien [* 22] 1890).