(spr. tscher-, rumän. Czernâuz), Hauptstadt
des österreich. Herzogtums Bukowina, malerisch am Pruth, unweit der rumänischen und russischen Grenze in 220 m Meereshöhe
gelegen, Station der Eisenbahn von Lemberg nach Jassy, ist eine reinliche, freundliche Stadt, hat zwei Plätze (Austriaplatz mit
dem Austriadenkmal und Franz-Josephsplatz mit Parkanlagen), an hervorragenden Gebäuden eine neue griechische Domkirche, eine
armenische Kirche in gotischem Stil, eine Synagoge, ein Regierungsgebäude u. a. und zählt mit ihren vier
Vorstädten (1880) 45,600 (1869: 33,884) Einw., nach Nationalität und Konsession sehr gemischt (Deutsche, Ruthenen, Polen,
Rumänen, Armenier; Katholiken des römischen, griechischen und armenischen Ritus, Griechisch-Orientalische, Lutheraner, 14,449
Israeliten). Die Industrie umfaßt an Fabriken eine Bierbrauerei, zwei Dampfmühlen, eine Sägemühle, Ölfabrik,
Maschinenfabrik etc.; der Handel, besonders nach Rußland und Rumänien, ist lebhaft. An Bildungsinstituten besitzt Czernówitz vor
allen die am Tag der Feier der 100jährigen Vereinigung der Bukowina mit Österreich (4. Okt. 1875) unter dem Namen »Franz-Josephs-Universität«
eröffnete Hochschule.
Dieselbe hat eine theologische (griechisch-orientalische), rechts- und staatswissenschaftliche und philosophische
Fakultät, besitzt eine Bibliothek (50,000 Bände), einen botanischen Garten, ein chemisches Laboratorium nebst naturhistorischen
Museen und zahlte 1883/84: 36 Dozenten und 223 Studierende. Außerdem sind hier vorhanden: ein Obergymnasium, eine Oberrealschule,
eine Staatsgewerbeschule, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt und eine landwirtschaftliche Lehranstalt, dann ein Landesmuseum
und ein Theater. Czernówitz ist der Sitz der Landesregierung der Bukowina, eines Landesgerichts, einer Finanzdirektion,
eines Brigadekommandos, einer Postdirektion, einer Handels- und Gewerbe-
kammer, eines griechisch-orientalischen Erzbistums, der Güterdirektion des reichen griechisch-orientalischen Religionsfonds
und hat an sonstigen öffentlichen Instituten eine Bodenkreditanstalt, Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, eine Sparkasse,
ein Strafhaus, eine Landesgebäranstalt und 2 Spitäler. In der Nähe der 575 m hohe Berg Cecina, merkwürdig wegen der Altertümer,
die hier im Mauerschutt gefunden wurden (Reifkrone, Schwert etc.).
(spr. tscher-).
1) Bezirkshauptmannschaft (ohne die Stadt Czernowitz) in der Bukowina, hat 913,26 qkm und (1890) 91237 (45886 männl., 45351 weibl.)
E., darunter 137 Evangelische, 5837 Katholiken, 71710 Griechisch-Orientalische und 10822 Israeliten, 18304 bewohnte und 704 unbewohnte
Gebäude und 21 416 Haushaltungen in 42 Gemeinden mit 66 Ortschaften und 24 Gutsgebieten und umfaßt
die Gerichtsbezirke Czernowitz (Umgebung) und Sadagora. - 2) Czernowitz, rumän.
Cernăuz, Stadt mit eigenem Statut und Hauptstadt der Bukowina sowie Sitz der Bezirkshauptmannschaft Czernowitz, in 248 m Höhe, an
und auf einer Anhöhe am flößbaren Pruth, über den eine Eisenbahn- und eine Straßenbrücke führen,
an den Linien Lemberg-Czernowitz-Suczawa (354 km) der Lemberg-Czernowitz-Jassy-Bahn und Czernowitz-Nowosielica (33 km) der Bukowinaer Lokalbahnen,
beide im Betriebe der Österr.
Staatsbahnen, ist Sitz der Landesregierung und des Landtages der Bukowina, eines Landesgerichts, einer Finanzdirektion, eines
griech.-orient. Erzbischofs und Metropoliten, einer Handels- und Gewerbekammer, einer Postdirektion, je
eines städtischen Bezirksgerichts für Civil- und Strafsachen und eines Bezirksgerichts für den Landbezirk (18 Gemeinden, 8 Gutsgebiete, 39 324 meist
ruthen. E.), der 59. Infanteriebrigade, des 13. Landgendarmeriekommandos und einer Geniedirektion, und hat ein Weichbild von
57,65 qkm sowie (1890) 54171 E. (27256 Deutsche, 10384 Ruthenen, 7624 Rumänen, 7610 Polen), darunter 17 356 Israeliten;
in Garnison (2174 Mann) das 41. bukowinasche Infanterieregiment «Erzherzog Eugen»
und eine Eskadron des 9. galiz.-bukow. Dragonerregiments «Freiherr von Piret»; Post und Telegraph. Die Zahl der Ehen betrug
(1888) 447, der Sterbefälle 1787. Unter den Gebäuden ragt die erz-
^[Abb.]
^[Artikel, die man unter Cz vermißt, sind unter Tsch oder Č aufzusuchen.]
mehr
bischöfl. Residenz auf dem sog. Bischofsberg hervor, 1864-75 in byzant. Stil nach Hlawkas Plänen erbaut, mit prächtigem
Festsaal und aussichtreichem Turm, ferner die griech.-orient. Kathedrale am Franz-Josephsplatz, ein Kuppelbau nach dem Muster
der Isaakskirche in Petersburg, 1864 vollendet; die armenisch-kath. Kirche, im gemischten got.-roman. Stil, 1875 eingeweiht
und die neue prachtvolle Kirche des Jesuitenordens; ferner bestehen eine zweite röm.-kath., griech.-kath.
(gewöhnlich russ. oder ruthen.), evang.
und eine neue griech.-orient. Paraskewakirche. Bemerkenswert ist ferner der jüd. Tempel, 1877 in maurisch-orient. Stil nach
Plänen von Zachariewicz vollendet, das 1875 zur Säkularfeier errichtete Austria-Monument nach Pekarys Entwurf: die Marmorstatue
der Austria auf einem Sockel von grünem Karpatensandstein.
Die 4. Okt. 1875 eröffnete Franz-Josephs-Universität (mit deutscher Unterrichts- und Geschäftssprache, 1893/94 281 Hörer, 39 Docenten)
hat eine griech.-orient.-theol., rechts- und staatswissenschaftliche und philos. Fakultät und eine Bibliothek (60000 Bände).
Ferner hat Czernowitz ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine Staatsgewerbeschule mit Handelsschule, eine Bildungsanstalt für
Lehrer und Lehrerinnen, ein griech.-orient. Priesterseminar, eine landwirtschaftliche Landes-Mittelschule,
Hebammenschule, ein Landeskrankenhaus (1886) in Pavillonsystem, zahlreiche Vereine, darunter der Verein zur Förderung der
Tonkunst in der Bukowina und der Litteratur- und Landeskulturverein sowie ein Stadttheater, Gewerbemuseum und ein Landesmuseum
der Bukowina (1893 eröffnet).
Die Industrie erstreckt sich besonders auf Dampfmühlenwerke und Brauereien; der Handel wird fast ausschließlich
von Israeliten und Armeniern betrieben und erstreckt sich auf Landesprodukte, besonders Getreide, Branntwein, Holz, Schlachtvieh,
Häute, Wolle und Pottasche. - Czernowitz kommt urkundlich als Markt zuerst 1407 vor. Im Okt. 1774 wurde Czernowitz, damals
ein unbedeutendes Dorf, von den Österreichern besetzt und ist zum Regierungssitze des neuerworbenen Landes
Bukowina erhoben. 1816 zählte Czernowitz erst 5416 E.