Titel
Czernowitz
[* 2] (spr. tscher-).
1) Bezirkshauptmannschaft (ohne die Stadt Czernowitz
) in der
Bukowina, hat 913,26 qkm und (1890) 91237 (45886 männl., 45351 weibl.)
E., darunter 137
Evangelische, 5837 Katholiken, 71710
Griechisch-Orientalische und 10822 Israeliten, 18304 bewohnte und 704 unbewohnte
Gebäude und 21 416 Haushaltungen in 42 Gemeinden mit 66 Ortschaften und 24 Gutsgebieten und umfaßt
die Gerichtsbezirke Czernowitz
(Umgebung) und Sadagora. - 2) Czernowitz
, rumän.
Cernăuz, Stadt mit eigenem
Statut und Hauptstadt der
Bukowina sowie Sitz der Bezirkshauptmannschaft Czernowitz
, in 248 m Höhe, an
und auf einer Anhöhe am flößbaren Pruth, über den eine Eisenbahn- und eine
Straßenbrücke führen,
an den Linien Lemberg-Czernowitz
-Suczawa (354 km) der Lemberg-Czernowitz-Jassy-Bahn und Czernowitz-Nowosielica (33 km) der
Bukowinaer Lokalbahnen,
beide im Betriebe der Österr.
Staatsbahnen, [* 3] ist Sitz der Landesregierung und des Landtages der Bukowina, eines Landesgerichts, einer Finanzdirektion, eines griech.-orient. Erzbischofs und Metropoliten, einer Handels- und Gewerbekammer, einer Postdirektion, je eines städtischen Bezirksgerichts für Civil- und Strafsachen und eines Bezirksgerichts für den Landbezirk (18 Gemeinden, 8 Gutsgebiete, 39 324 meist ruthen. E.), der 59. Infanteriebrigade, des 13. Landgendarmeriekommandos und einer Geniedirektion, und hat ein Weichbild von 57,65 qkm sowie (1890) 54171 E. (27256 Deutsche, [* 4] 10384 Ruthenen, 7624 Rumänen, 7610 Polen), darunter 17 356 Israeliten; in Garnison (2174 Mann) das 41. bukowinasche Infanterieregiment «Erzherzog Eugen» und eine Eskadron des 9. galiz.-bukow. Dragonerregiments «Freiherr von Piret»; Post und Telegraph. [* 5] Die Zahl der Ehen betrug (1888) 447, der Sterbefälle 1787. Unter den Gebäuden ragt die erz-
[* 1] ^[Abb.]
^[Artikel, die man unter Cz vermißt, sind unter Tsch oder Č aufzusuchen.] ¶
mehr
bischöfl. Residenz auf dem sog. Bischofsberg hervor, 1864-75 in byzant. Stil nach Hlawkas Plänen erbaut, mit prächtigem Festsaal und aussichtreichem Turm, [* 7] ferner die griech.-orient. Kathedrale am Franz-Josephsplatz, ein Kuppelbau nach dem Muster der Isaakskirche in Petersburg, [* 8] 1864 vollendet; die armenisch-kath. Kirche, im gemischten got.-roman. Stil, 1875 eingeweiht und die neue prachtvolle Kirche des Jesuitenordens; ferner bestehen eine zweite röm.-kath., griech.-kath. (gewöhnlich russ. oder ruthen.), evang. und eine neue griech.-orient. Paraskewakirche. Bemerkenswert ist ferner der jüd. Tempel, [* 9] 1877 in maurisch-orient. Stil nach Plänen von Zachariewicz vollendet, das 1875 zur Säkularfeier errichtete Austria-Monument nach Pekarys Entwurf: die Marmorstatue der Austria auf einem Sockel von grünem Karpatensandstein.
Die eröffnete Franz-Josephs-Universität (mit deutscher Unterrichts- und Geschäftssprache, 1893/94 281 Hörer, 39 Docenten)
hat eine griech.-orient.-theol., rechts- und staatswissenschaftliche und philos. Fakultät und eine Bibliothek (60000 Bände).
Ferner hat Czernowitz
ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine Staatsgewerbeschule mit Handelsschule, eine Bildungsanstalt für
Lehrer und Lehrerinnen, ein griech.-orient. Priesterseminar, eine landwirtschaftliche Landes-Mittelschule,
Hebammenschule, ein Landeskrankenhaus (1886) in Pavillonsystem, zahlreiche Vereine, darunter der Verein zur Förderung der
Tonkunst in der Bukowina und der Litteratur- und Landeskulturverein sowie ein Stadttheater, Gewerbemuseum und ein Landesmuseum
der Bukowina (1893 eröffnet).
Die Industrie erstreckt sich besonders auf Dampfmühlenwerke und Brauereien; der Handel wird fast ausschließlich von Israeliten und Armeniern betrieben und erstreckt sich auf Landesprodukte, besonders Getreide, [* 10] Branntwein, Holz, [* 11] Schlachtvieh, Häute, Wolle und Pottasche. - Czernowitz kommt urkundlich als Markt zuerst 1407 vor. Im Okt. 1774 wurde Czernowitz, damals ein unbedeutendes Dorf, von den Österreichern besetzt und ist zum Regierungssitze des neuerworbenen Landes Bukowina erhoben. 1816 zählte Czernowitz erst 5416 E.