Czechen
,
s. Tschechen.
Czechen
475 Wörter, 3'392 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Czechen,
s. Tschechen.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Czechen
(spr. tsche-), der einheimische Name der zur westslaw. Gruppe gehörenden slaw. Stämme in Böhmen,
[* 2] Mähren und
einem Teile Oberungarns (der Böhmen oder Czechen
im engern Sinne, der Mährer und Slowaken). Die Gesamtzahl
der Czechen
in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie beträgt nach der Zählung vom 7411065; 1890 waren
in Böhmen 3645015, in Mähren (Mährer und Hannaken) 1590371, in Österreichisch-Schlesien 129836, in Niederösterreich 93481,
in den übrigen cisleithan.
Ländern 14845, zusammen daher in Österreich
[* 3] 5473548 oder 23,32 Prozent der Gesamtbevölkerung, in Ungarn
[* 4] (Slowaken) 1890: 1937517 Bewohner oder 11,7 Proz. der Bevölkerung
[* 5] Ungarns. Dazu kommen noch etwa 60000 im preuß. Staate (Schlesien).
[* 6] Nach wahrscheinlichen Schlüssen aus den ältesten Berichten über die Bewohner Böhmens sind die Czechen
vor der Mitte des 5. Jahrh.
in Böhmen von Osten her eingewandert, nachdem das Land von german. Stämmen (Markomannen) geräumt war.
Die Einwanderer, anfangs in eine Menge kleiner Stämme geteilt, gelangten erst nach Jahrhunderten zu engerer Volks- und Staatseinheit.
(S. Czechische Sprache und Böhmen, Bevölkerung, Bd. 3, S. 220 a.)
^[Artikel, die man unter Cz vermißt, sind unter Tsch oder Č aufzusuchen.] ¶
Im böhm. Landtag und im Abgeordnetenhaus des Reichsrats bilden die Czechen
schon seit
dem Beginn des parlamentarischen Lebens in Österreich besondere Gruppen. Auf dem ersten konstituierenden Reichstag 1848-49
waren die czech. Abgeordneten die Stütze der Regierung; in dem engern Reichsrat 1861-63 widersetzten sie sich dagegen unter
Führung Riegers den centralistischen Bestrebungen Schmerlings und erklärten 1863 ihren Austritt aus dem
Reichsrat, 1871 nach dem Sturz Hohenwarts auch aus dem böhm. Landtag.
Bei dieser Abstinenzpolitik verharrten sie bis 1878, wo sie bei dem beginnenden Systemwechsel wieder an den Beratungen des böhm. Landtags teilnahmen; 1879 traten sie auch wieder in den Reichsrat ein. Schon bei diesen Wahlen trat neben den konservativen Altczechen unter Rieger eine viel extremere demokratische Gruppe der Jungczechen hervor, die 15 ihrer Kandidaten bei den Landtagswahlen durchsetzte, während die Altczechen noch 68 Sitze behaupteten. Seitdem hat sich das Verhältnis aber immer mehr zu Ungunsten der letztern verschoben.
Bei den letzten Landtagswahlen (1889) errangen die Jungczechen 29 Sitze gegen 20 der Altczechen, und bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus (1891) erlitt die altczech. Partei eine völlige Niederlage; dagegen zogen 34 jungczech. Abgeordnete unter Führung von Gregr, Vasaty und Herold in das Haus ein, die sich als «Klub der böhm. Nationalabgeordneten» konstituierten und sich durch ihre extreme Haltung und ihre deutschfeindlichen Reden bemerkbar machten. Infolge ihres maßlosen Auftretens im böhm. Landtag wurden sie 1893 in der österr.
Delegation von allen Ausschüssen ausgeschlossen, und ihre weitern Ausschreitungen veranlaßten im September die Verhängung
des Ausnahmezustandes über Prag.
[* 8] Das Ziel der Czechen
, das sie durch engsten Anschluß an Rußland zu erreichen
hoffen, weshalb sie auch bei jeder Gelegenheit gegen den Dreibund auftreten, ist, eine ähnliche selbständige Stellung in der
Monarchie zu erringen, wie sie die Ungarn einnehmen, und die Anerkennung eines eigenen böhm. Staatsrechts. (S. auch Böhmen
und Österreichisch-Ungarische Monarchie.)