Czechen
(spr. tsche-), der einheimische
Name der zur westslaw. Gruppe gehörenden slaw.
Stämme in
Böhmen,
[* 2] Mähren und
einem
Teile Oberungarns (der
Böhmen oder Czechen
im engern
Sinne, der Mährer und Slowaken). Die Gesamtzahl
der Czechen
in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie beträgt nach der Zählung vom 7411065; 1890 waren
in
Böhmen 3645
015, in Mähren (Mährer und Hannaken) 1
590
371, in
Österreichisch-Schlesien 129
836, in Niederösterreich 93481,
in den übrigen cisleithan.
Ländern 14845, zusammen daher in
Österreich
[* 3] 5473
548 oder 23,32 Prozent der Gesamtbevölkerung, in
Ungarn
[* 4] (Slowaken) 1890: 1
937
517 Bewohner oder 11,7 Proz. der
Bevölkerung
[* 5]
Ungarns. Dazu kommen noch etwa 60000 im preuß.
Staate
(Schlesien).
[* 6] Nach wahrscheinlichen
Schlüssen aus den ältesten
Berichten über die Bewohner
Böhmens sind die
Czechen
vor der Mitte des 5. Jahrh.
in
Böhmen von
Osten her eingewandert, nachdem das Land von german.
Stämmen
(Markomannen) geräumt war.
Die Einwanderer, anfangs in eine Menge kleiner
Stämme geteilt, gelangten erst nach Jahrhunderten zu engerer
Volks- und Staatseinheit.
(S.
Czechische Sprache und
Böhmen,
Bevölkerung, Bd. 3, S. 220 a.)
Czechische Litteratur

* 7
Seite 54.665.^[Artikel, die man unter Cz vermißt, sind unter Tsch oder Č aufzusuchen.] ¶
mehr
Im böhm. Landtag und im Abgeordnetenhaus des Reichsrats bilden die Czechen
schon seit
dem Beginn des parlamentarischen Lebens in Österreich besondere Gruppen. Auf dem ersten konstituierenden Reichstag 1848-49
waren die czech. Abgeordneten die Stütze der Regierung; in dem engern Reichsrat 1861-63 widersetzten sie sich dagegen unter
Führung Riegers den centralistischen Bestrebungen Schmerlings und erklärten 1863 ihren Austritt aus dem
Reichsrat, 1871 nach dem Sturz Hohenwarts auch aus dem böhm. Landtag.
Bei dieser Abstinenzpolitik verharrten sie bis 1878, wo sie bei dem beginnenden Systemwechsel wieder an den Beratungen des böhm. Landtags teilnahmen; 1879 traten sie auch wieder in den Reichsrat ein. Schon bei diesen Wahlen trat neben den konservativen Altczechen unter Rieger eine viel extremere demokratische Gruppe der Jungczechen hervor, die 15 ihrer Kandidaten bei den Landtagswahlen durchsetzte, während die Altczechen noch 68 Sitze behaupteten. Seitdem hat sich das Verhältnis aber immer mehr zu Ungunsten der letztern verschoben.
Bei den letzten Landtagswahlen (1889) errangen die Jungczechen 29 Sitze gegen 20 der Altczechen, und bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus (1891) erlitt die altczech. Partei eine völlige Niederlage; dagegen zogen 34 jungczech. Abgeordnete unter Führung von Gregr, Vasaty und Herold in das Haus ein, die sich als «Klub der böhm. Nationalabgeordneten» konstituierten und sich durch ihre extreme Haltung und ihre deutschfeindlichen Reden bemerkbar machten. Infolge ihres maßlosen Auftretens im böhm. Landtag wurden sie 1893 in der österr.
Präeminenz - Prag

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Prag.
Delegation von allen Ausschüssen ausgeschlossen, und ihre weitern Ausschreitungen veranlaßten im September die Verhängung
des Ausnahmezustandes über Prag.
[* 8] Das Ziel der Czechen
, das sie durch engsten Anschluß an Rußland zu erreichen
hoffen, weshalb sie auch bei jeder Gelegenheit gegen den Dreibund auftreten, ist, eine ähnliche selbständige Stellung in der
Monarchie zu erringen, wie sie die Ungarn einnehmen, und die Anerkennung eines eigenen böhm. Staatsrechts. (S. auch Böhmen
und Österreichisch-Ungarische Monarchie.)