Cykloide
die ebene
Kurve, welche ein
Punkt auf dem
Umfang eines
Kreises beschreibt, wenn letzterer,
ohne zu gleiten, auf einer geraden
Linie, der
Basis, hinrollt. Zur Veranschaulichung dient die
[* 1]
Fig. 1,
wo O, O1, O2, O3... die verschiedenen
Lagen sind, welche der Kreismittelpunkt nach
Ablauf
[* 2] von je 1/8-Umdrehung einnimmt;
A, A1, A2, A3... sind die entsprechenden
Lagen des
Punktes, der die Cykloide
beschreibt. Wie die
[* 1]
Figur zeigt, steigt die
Kurve anfangs auf und erreicht ihren höchsten
Punkt A4, wenn der
Kreis
[* 3] eine halbe
Umdrehung gemacht hat;
dann steigt sie wieder ab, beständig ihre hohle Seite nach unten kehrend, und erreicht in A8 wieder die
Basis, wobei AA8
gleich dem Kreisumfang ist.
Von da beginnt wieder ein Kurvenstück, das dem frühern gleich ist. Wo diese Kurvenstücke zusammenstoßen,
wie bei A8, entstehen
Spitzen. Ist
a der
Halbmesser des
Kreises, und rechnet man die
Abscisse x von A aus auf der
Basis AA8,
die
Ordinate y senkrecht dazu, so ist x = a (φ - sin φ), y = a (1 - cos φ), wobei φ den
Winkel
[* 4] bedeutet,
um welchen sich der
Kreis gedreht hat (Wälzungswinkel). Die ganze
Länge des
Bogens von A bis A8 ist = 8 a, die
Fläche zwischen
ihm und der
Basis AA8 = 3a²π, also gleich der dreifachen Kreisfläche. Die bisher besprochene
Kurve heißt eine gemeine
Cykloide.
Dagegen beschreibt ein
Punkt B, der im Innern des
Kreises auf dem
Radius OA in dem
Abstand OB = b vom
Mittelpunkt liegt, bei der
Bewegung des
Kreises eine geschweifte oder gedehnte Cykloide
, die in
[* 1]
Fig. 1 durch die
Folge der
Punkte B,
B1, B2, B3... angegeben ist. Dieselbe kehrt, wie man sieht, in der
Nähe von
B und B8 ihre
hohle Seite nach
oben, sonst aber nach unten. Ein
Cykloiden - Cylinderma

* 5
Seite 4.382.[* 1] ^[Abb.: Fig. 1 und 2: Cycloiden.] ¶
mehr
Punkt C endlich, der auf der Verlängerung
[* 6] des Radius OA liegt, beschreibt eine verkürzte oder verschlungene Cykloide
, C, C1,
C2, C3..., die um A und A8^ Schleifen bildet. Die Gleichungen der gedehnten und der verkürzten Cykloide
sind x = a φ -
b sin φ, y = a - b cos φ, wenn sowohl OB als OC mit b bezeichnet sind. Erfolgt die Bewegung des Kreises
nicht auf einer geraden Linie, sondern auf der Außenseite eines festen Kreises, so beschreibt ein Punkt A auf der Peripherie
des erstern eine Epicykloide; vgl. Fig. 2, wo der feste und der bewegliche Kreis gleich groß sind, O,
O1, O2, O3... die verschiedenen Lagen vom Mittelpunkt des letztern und A, A1, A2, A3... die zugehörigen
Lagen von A sind.
Bewegt sich aber der Kreis auf der Innenseite eines festen Kreises, so beschreibt ein Punkt seiner Peripherie eine Hypocykloide.
Ein Punkt auf der Innenseite des rollenden Kreises gibt eine gedehnte, ein Punkt auf der Außenseite eine
verkürzte Epicykloide, beziehentlich Hypocykloide. Gefährtin (socia, comes) der Cykloide
heißt eine Kurve, bei welcher die Abscissen
gleich denen des Mittelpunkts des Wälzungskreises, die Ordinaten aber gleich denen der zugehörigen Punkte der gemeinen Cykloide
sind;
sie hat also die Gleichungen x = a φ, y = a (1 - cos φ).
Die gemeine Cykloide
hat zahlreiche von Galilei und andern Mathematikern des 17. Jahrh. entdeckte merkwürdige Eigenschaften. Sie
ist Brachistochrone (s. d.) und auch Tautochrone oder Isochrone, d. h. ein schwerer Punkt, der auf einer die hohle Seite nach
oben kehrenden, in einer vertikalen Ebene gelegenen Cykloide
bis zum Scheitel herabfällt, braucht dazu immer
dieselbe Zeit, in welchem Punkt er auch seine Bewegung beginnt. Huyghens' Versuch, diese Eigenschaft beim Uhrpendel zu benutzen
(Cykloide
npendel), ist indessen erfolglos geblieben.