Titel
Custine
(spr. küstihn), 1) Adam Philippe, Graf von, franz. General, geb. zu Metz [* 2] aus einem alten Adelsgeschlecht, zeichnete sich im Siebenjährigen Krieg so rühmlich aus, daß ihm der Minister Choiseul ein eignes Dragonerregiment verlieh, welches er aber mit dem Infanterieregiment Saintonge, das zur Einschiffung nach Amerika [* 3] bestimmt war, vertauschte. In Amerika zeichnete er sich besonders bei der Belagerung von Yorktown aus. Nach Frankreich zurückgekehrt, ward er zum Maréchal de Camp und Gouverneur von Toulon [* 4] ernannt, trat als Abgeordneter des lothringischen Adels 1789 in die Nationalversammlung und neigte sich hier entschieden auf die Seite der liberalen Partei. 1791 zum Generalleutnant befördert, erhielt er 1792 ein Kommando am Oberrhein unter dem Marschall Luckner, bemächtigte sich der Stadt Landau [* 5] und nahm die Linien von Weißenburg, [* 6] dann Speier, [* 7] Worms, [* 8] Mainz [* 9] und Frankfurt, [* 10] ward aber von den Preußen [* 11] und Hessen [* 12] bei Frankfurt geschlagen.
Nach mehreren unglücklichen Gefechten, namentlich bei Hochheim, setzte er Mainz in Verteidigungsstand, ward ab er im Frühling von den Preußen zwischen Bingen [* 13] und Kreuznach [* 14] angegriffen, wich nach schwachem Widerstand, räumte nach einem zweiten Gefecht bei Alzey die von ihm besetzte Gegend und zog sich 31. März nach Landau zurück. Hierauf mit dem Oberbefehl über die Nord- und Ardennenarmee betraut, unternahm er 17. Mai einen Angriff mit der Rheinarmee an der Queich, mußte sich jedoch mit großem Verlust zurückziehen.
Auf die
Anschuldigung
Marats und
Billaud-Varennes' vor den
Wohlfahrtsausschuß nach
Paris
[* 15] geladen und in der
Anklageakte vom beschuldigt, vorsätzlich die
Würde eines
Generals der
Armeen mißbraucht, das
Interesse der
Republik
verraten und Einverständnisse mit den Feinden
Frankreichs unterhalten zu haben, ward er trotz seiner geschickten
Verteidigung zum
Tod verurteilt und am folgenden
Tag hingerichtet.
Sein
Wunsch, daß sein Sohn
Renaud
Philippe von Custine
, geb.
1768, der seinem
Vater als
Adjutant zu Seite stand, seine Ehrenrettung durch Herausgabe seines Briefwechsels bewirken möge,
blieb unerfüllt, da derselbe bereits dem
Vater auf das
Schafott folgte; doch veröffentlichte später Custines
damaliger
Adjutant, der
General
Baraguay d'Hilliers, Custines
Papiere unter dem
Titel:
»Mémoires posthumes du géneral
français comte de Custine
, rédigés par un de ses aides de camp« (deutsch, Berl.
1795, 2 Bde.).
2) Astolphe, Marquis von, franz. Schriftsteller, Enkel des vorigen, geb. 1793 zu Paris, bereiste 1811-22 England, Schottland, die Schweiz [* 16] und Kalabrien, ging 1835 nach Spanien, [* 17] später nach Rußland und starb im September 1857. Seine weiten Reisen lieferten ihm den Stoff zu interessanten Schriften, besonders zu dem Werk »La Russie« (Par. 1843, 4 Bde.). Außerdem schrieb er Novellen und Romane und eine Tragödie in Versen: »Béatrix Cenci« (1833). Seine »Lettres à Varnhagen d'Ense et Rahel Varnhagen d'Ense« erschienen Paris 1870.