Titel
Cunningham
(spr. könning-äm), 1) Allan, schott. Dichter, geb. zu Blackwood unweit Dalswinton in der Grafschaft Dumfries, war Maurer und wollte sich dann dem Baufach widmen, gab aber, als seine ersten Lieder, darunter die bekannte Ballade »Bonnie Anna«, Beifall fanden, jenen Plan auf, ging 1810 nach London, um sich litterarischen und Kunststudien zu widmen, und wurde Mitarbeiter an einigen Journalen. Eine gesicherte Stellung als Schreiber und Oberaufseher erhielt er 1814 in den Etablissements des ihm befreundeten Bildhauers Chantrey. Er starb in London.
Seine poetischen Werke (teils Originaldichtungen, teils Sammelwerke) sind: das Drama »Sir Marmaduke Maxwell« (Lond. 1822),
mit einer bisweilen schönen Sprache, aber in der Führung der Handlung schwach;
»The mermaid of Galloway«;
die Sammlung »The legend of Richard Faulder and twenty Scottish songs« (1822; deutsch, Leipz. 1823);
die trefflichen »Traditional tales of the English and Scottish peasantry« (1822, 2 Bde.; neue Ausg. 1874; deutsch, Leipz. 1823);
»The songs of Scotland ancient and modern«, eine Auswahl schottischer Lieder seit den Zeiten der Maria, mit historischen Anmerkungen (1825, 4 Bde.),
und »The maid of Elvar« (ein ländliches Epos, 1832).
In seinen Liedern und Balladen hat Cunningham den eigentümlichen Ton des altschottischen Volksgesangs getroffen wie nach Burns kein andrer Dichter; auch seine übrigen Gedichte zeichnen sich durch frischen Nationalsinn und energische Empfindung aus. Weniger glücklich war er bei seiner übersprudelnden Phantasie, die ihn oft die Grenze der Wahrheit überschreiten ließ, auf dem Felde der Romandichtung. Weder »Paul Jones« (1826, 3 Bde.; deutsch, 2. Aufl., Dresd. 1842),
noch »Sir Michael Scott« (1828, 3 Bde.; deutsch, Leipz. 1829),
noch endlich »Lord Roldan« (1836; deutsch, Leipz. 1837) ist ein Kunstwerk zu nennen. Verdienstlicher sind seine für Murrays »Family library« geschriebenen »Lives of the British painters, sculptors and architects« (1829 f., 6 Bde.; neue Ausg. 1880) und seine »Biographical and critical history of the British literature of the last fifty years« (1834; deutsch, Leipz. 1834). Sein Taschenbuch »The annuary« (1829) erschien nur einmal. Seine letzte, nur zwei Tage vor seinem Tod vollendete Arbeit war sein »Life of Sir David Wilkie« (1842, 3 Bde.). Auch besorgte er eine vortreffliche Ausgabe der Werke seines Landsmannes Robert Burns mit Anmerkungen und Biographie (zuerst Lond. 1834; 2. Ausg. 1835, 8 Bde.; zuletzt 1864 in 1 Bd.). Cunninghams »Poems and songs« gab sein Sohn Peter heraus (Lond. 1847); sein Leben beschrieb D. Hogg (das. 1875).
2) Richard, Botaniker, Bruder des vorigen, geb. zu Wimbledon, erlernte die Gärtnerei, war fast sechs Jahre lang in Kensington bei der Redaktion des systematischen Verzeichnisses des »Hortus Kewensis« beschäftigt, den Aiton herausgab, trat dann als Obergehilfe in den Garten zu Kew und ward 1832 Aufseher des botanischen Gartens in Sydney, wo er verschiedene neue Kulturen, namentlich edler Weinsorten, einführte. Er bereiste 1833 das Innere von Neuseeland und schloß sich 1835 der Expedition des Majors Mitchell zur Erforschung des Darlingstroms an, auf welcher er 24. April d. J. von den Eingebornen erschlagen wurde. Er schrieb: »Two years in New South Wales« (Lond. 1827).
3) Peter, engl. Litterator und Kunsthistoriker, Sohn von Cunningham 1), geb. zu London, war seit 1834 im Rechnungsamt angestellt, wo er 1854 zum Hauptsekretär emporstieg, legte 1860 seine Stelle nieder und starb zu St. Albans. Seine litterarische Laufbahn eröffnete er mit einer Biographie des schottischen Dichters William Drummond (Lond. 1835) und den »Songs of England and Scotland« (1835, 2 Bde.); hierauf folgten eine neue Ausgabe von Campbells »Specimens of the British poets« (1841),
das sehr umsichtige »Handbook for visitors to Westminster Abbey« (1842),
das nicht minder treffliche »Handbook of London« (2. Aufl. 1850) und das Werk »Modern London« (3. Aufl. 1854),
worin er die Geschichte und die gegenwärtigen Verhältnisse Londons charakterisiert. Er besorgte ferner neue Ausgaben von Goldsmiths Werken (1854, 4 Bde.),
von Johnsons »Lives of the poet« (1854) und Hor. Walpoles Briefen (1857
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1859). Die Gedichte seines Vaters (»Poems and songs«) hatte er schon 1847 neu herausgegeben und mit Mitteilungen über dessen Leben versehen. Außerdem sind von ihm noch die »Story of Nell Gwynne« (1852) und einige Beiträge zur englischen Kunstgeschichte zu erwähnen: das »Life of Inigo Jones« (1848) und das »Memoir of J. M. W. ^[Joseph Mallord William] Turner« (1852). Auch lieferte er zahlreiche Beiträge in »Fraser's Magazine«, »Athenaeum« und andre Zeitschriften.
4) Alexander, namhafter Indianist, geb. zu London (Bruder des verstorbenen Kapitäns J. D. C., des Verfassers einer vortrefflichen »History of the Sikhs«),
ward auf dem Christ's Hospital und dem Military College zu Addiscombe gebildet und 1834 zum Adjutanten des Generalgouverneurs von Indien ernannt. Nachdem er 1839 in spezieller Mission in Kaschmir gewesen, ward er 1840 Ingenieur des Königs von Audh, erhielt 1846 eine neue Mission nach Tibet und ward 1858 zum Oberingenieur der Nordwestprovinzen sowie 1870 zum archäologischen Generalinspektor von Indien ernannt. Außer antiquarischen Abhandlungen in Zeitschriften und den umfangreichen offiziellen Berichten über die Altertümer von Nordhindostan, die unter dem Titel: »Archaeological survey of India« (1871, 2 Bde.) erschienen, hat Cunningham noch verfaßt: »Essay on the Arian order of architecture« (1846);
»Ladak, physical, statistical and historical« (1854);
»The Bhilsa topes« (1854);
»Ancient geography of India« (Bd. 1: »The Buddhist period«, 1871);
»Corpus inscriptionum indicarum« (Lond. 1878, Bd. 1) u. a. Auch entdeckte er drei wichtige Inschriften des buddhistischen Königs Asoka (3. Jahrh. v. Chr.),
die von Bühler entziffert wurden und Anhaltspunkte zu einer genauern Bestimmung des Todesjahrs Buddhas gewähren (vgl. »Indian Antiquary« 1877).