Cranach
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Cranach

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Seite 4.325.Lukas, Maler, eigentlich Lukas Müller, geboren im Oktober 1472 zu Kronach in Oberfranken, woher er den Namen erhielt, unter welchem er bekannt geworden ist. Er lernte bei seinem Vater, seine weitern Schicksale sind indessen nicht bekannt. Im J. 1504 war er als Hofmaler des Kurfürsten Friedrich des Weisen in Wittenberg [* 2] ansässig, wo er bald eine Thätigkeit entwickelte, welche auch die niedrigsten Zweige des Malerhandwerks umfaßte. Der Kurfürst verlieh ihm 1508 ein Wappen [* 3] mit seinem Malerzeichen, einer geflügelten Schlange, [* 4] und im folgenden Jahr sandte er ihn nach den Niederlanden, wo er den kleinen Prinzen Karl, den spätern Kaiser Karl V., malte. 1520 kaufte er sich in Wittenberg eine Apotheke, und ¶
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aus einer Rechnung von 1525 erfahren wir, daß er auch einen Buchladen und eine Papierhandlung besaß. An den Reformationsstürmen
beteiligte sich Cranach
durch Gemälde und Holzschnitte, die das Papsttum aufs heftigste geißeln, und vervielfältigte nach Kräften
die Bildnisse seiner Freunde Luther und Melanchthon. Die Kurfürsten Johann der Beständige und Johann Friedrich
der Großmütige bewiesen sich nicht minder als Friedrich der Weise dem Maler geneigt. Auch seine Mitbürger ehrten ihn; 1519 erwählten
sie ihn zum Kämmerer des Rats, 1537 und wieder 1540 zum Bürgermeister, welches Amt er bis 1544 bekleidete. 1550 begab er sich
auf Wunsch des gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich zu diesem nach Augsburg,
[* 6] und zwei Jahre später ging
er mit demselben nach Weimar,
[* 7] wo Cranach
starb.
Geschichtskarten von D

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Deutschland.
Die Söhne des Kurfürsten setzten ihm einen Denkstein und ließen sein Bildnis in einen Teppich weben. Cranach
erfreute sich seiner
Zeit in Deutschland
[* 8] des größten Rufs, wozu hauptsächlich sein Verhältnis zu den Reformatoren, dann aber
auch seine Fingerfertigkeit, mit der er, von zahlreichen Gehilfen unterstützt, die Welt mit Bildern überschwemmte, beitrug.
Er steht indessen Dürer und Holbein
[* 9] durchaus nach. Von dem Eindringen der italienischen Formenwelt zeigt er sich wenig berührt,
er blieb stets in einer kleinlichen Anschauung der Form befangen.
Seine Farben sind klar und haben sich sehr gut gehalten;
die Umrisse auf seinen Bildern pflegte er stets besonders zu markieren. Zu Gegenständen erhabenern Charakters fehlte es ihm an dem notwendigen Schwung, er faßt alles spießbürgerlich, in engem Gesichtskreis auf;
seine kleinliche, wenig richtige Zeichnung und zu starke Betonung
[* 10] des Einzelnen ließen
ihn nicht zu höherer Durchbildung der Form gelangen. Am meisten befriedigt Cranach
noch im Porträt, wo es keine größere Komposition
galt;
seine Sorgfalt der Ausführung war hier am besten am Platz.
Doch war Cranach
auch hierin gänzlich unfähig, die Charaktere
groß und voll aufzufassen. Sehr ergötzlich sind seine kleinen mythologischen Darstellungen, die freilich
gar nichts vom Geiste der Antike haben, sondern nur als naiv erzählte, bisweilen im burlesken Sinn des Mittelalters behandelte
Märchen erscheinen. Besonders hübsch sind dieselben, wenn er sie in landschaftlicher Umgebung darstellte, die er mit
Glück und Phantasie zu schildern verstand, wenn er auch die Natur noch nicht als ein Ganzes zu erfassen
vermochte. Er gebot über wenig Physiognomien, namentlich kehrt überall ein Frauengesicht wieder, das zumeist etwas verschoben
erscheint und wohl im vulgären Sinn hübsch und naiv, aber keineswegs schön genannt werden kann.
München

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München.
Seine männlichen Typen leiden häufig an abstoßender Häßlichkeit, die bisweilen bei gewissen Szenen
nach dem Vorbild der ältern Künstler in Fratzenhaftigkeit übergeht, so z. B. in seiner Ehebrecherin vor Christus, in München.
[* 11] Sein Hauptwerk in religiöser Beziehung ist das große Altarwerk in der Stadtkirche zu Weimar, das übrigens nach seinem Tod
von seinem Sohn Lukas Cranach
dem jüngern vollendet wurde. Seine Bilder sind überaus häufig; doch muß man
bemerken, daß seine Schüler vieles kopiert und selbständig ausgeführt haben.
Leichlingen - Leidener

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Leiden.
Außerhalb Deutschlands
[* 12] findet man wenige Bilder von ihm; den größten Teil besitzen die sächsischen Herzogtümer, das Königreich
Sachsen
[* 13] und die bayrischen Sammlungen. Cranach
war auch trefflicher Miniaturmaler und Illuminierer, wie das sächsische
Wappen auf der Universität zu Jena,
[* 14] das Wittenberger Universitätsalbum zu Halle
[* 15] und namentlich das prachtvolle
Turnierbuch Johann Friedrichs,
mit 146 Blättern, in Koburg
[* 16] beweisen. Cranach
bezeichnete seine Werke bloß mit einem aus L und C
zusammengesetzten Monogramm oder mit seinem Wappen, einer mit Drachenflügeln versehenen Schlange, die einen Ring im Maul hat.
In Berlin
[* 17] ist eine Anzahl bedeutender Werke Cranachs:
im Museum eine Folge aus dem Leiden
[* 18] Christi, Apollo und Diana, der Brunnen
[* 19] der Jugend, Venus und Cupido, das Porträt Albrechts, Kurfürsten von Mainz,
[* 20] etc. Die königliche Galerie zu Dresden
[* 21] hat: Adam und
Eva zweimal, Judith, Lucretia, Delila und Simson, David und Bathseba, ein großes Altarwerk von 1515, den Kindermord
darstellend, Christus und die Kinder, den Waldriesen mit den Zwergen, verschiedene Porträte,
[* 22] unter andern des Künstlers Bildnis
und das des Joachim Rehle.
Meißen - Meißner

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Meißen.
In der Hauptkirche zu Glogau
[* 23] ist Maria mit dem Jesuskind, eins der gelungensten Bilder des Meisters. Zu Innsbruck
[* 24] befinden sich
mehrere seiner besten Bilder: in der Kirche zu St. Jakob das berühmte Wallfahrtsbild Maria Hilf, in der Kapuzinerkirche das schöne
kleine Madonnenbild mit dem Christuskind. Die Paulinerkirche in Leipzig
[* 25] besitzt von Cranach
einen Christus, der die Kindlein zu
sich kommen läßt; im Museum daselbst zeichnet sich ein Sterbender aus. In der Schloßkirche zu Mansfeld
ist das Altarbild mit der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung von Cranach.
Im Dom zu Meißen
[* 26] sieht man den Heiland mit den Wundenmalen.
Im Kloster Melk befindet sich ein treffliches Bild der Madonna mit dem auf einem Polster stehenden Kind, im Dom zu Merseburg
[* 27] die
Kreuzigung Christi.
Die königliche Galerie zu München hat: Moses und Aaron mit den Gesetzestafeln, die Ehebrecherin, Lucretia, Christus am Kreuz, [* 28] die Porträte von Luther, Melanchthon und Friedrich dem Weisen, Venus und Amor;
die königliche Bibliothek daselbst ein auf Pergament
gedrucktes Gebetbuch mit Randzeichnungen von Cranach
und Dürer, die lithographiert erschienen.
In der Moritzkapelle zu Nürnberg [* 29] befinden sich: die Ehebrecherin (Schulbild), das Brustbild einer jungen Frau, aus einem großen Bild geschnitten, welches Judith mit dem Kopf des Holofernes vorstellte, ein alter Mann in zärtlicher Umarmung mit einem Mädchen, die Grablegung und der vom Kreuz abgenommene Erlöser in den Armen seiner Freunde, das Porträt eines Königs von Dänemark; [* 30]
Umgebung von St. Peter

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Petersburg.in der Eremitage zu Petersburg: [* 31] Venus und Cupido und die Heirat eines Jünglings mit einer häßlichen Frau;
in der ständischen Galerie zu Prag: [* 32] der Sündenfall und Erlösung der Menschen;
in der königlichen Galerie zu Schleißheim: Maria mit zwei Engeln, die heil. Katharina und die Enthauptung derselben, Lucretia, ein alter Mann ein junges Mädchen liebkosend, der Mund der Wahrheit u. a.;
in der Stadtkirche zu Schneeberg ein großes Altargemälde, welches aber wohl nur von Cranachs
Schülern
ausgeführt ist.
Das treffliche Altargemälde in der Stadtkirche zu Weimar stellt Christus am Kreuz, links die Auferstehung und
rechts Johannes den Täufer dar. In der k. k. Galerie zu Wien
[* 33] zeichnen sich aus: Adam und Eva, die Anbetung
der Weisen, Christus den heiligen Frauen erscheinend, Maria mit dem Kinde, die heil. Katharina und Rosalia, der heil. Hieronymus
mit dem Löwen
[* 34] und der heil. Leopold, Lucretia, ein alter Mann, der einem jungen Mädchen einen Ring an den
Finger steckt. Cranach
hat auch acht Blätter in Kupfer
[* 35] gestochen: Buße des heil. Chrysostomus, Friedrich der Weise und sein Bruder
Johann, Friedrich der Weise, derselbe den heil. Bartholomäus verehrend, Albrecht, Kurfürst von Mainz, drei Porträte Martin Luthers;
Cranberry - Crapelet

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Seite 4.326.doch stehen seine ¶
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überdies sehr seltenen Blätter denen von Dürer, Beham, Aldegrever und Pencz weit nach, da er den Grabstichel nicht mit gleicher Sicherheit zu führen verstand. Viel bedeutender war seine Thätigkeit für den Holzschnitt, für den er eine große Menge zum Teil recht wirkungsvoller Zeichnungen geliefert hat.
Vgl. Heller, L. Cranachs
Leben und Werke (Bamb.
1821);
Schuchardt, L. Cranachs
des ältern Leben und Werke (Leipz. 1851-71, 3 Bde.;
Kupferheft dazu, Weim. 1851);
Warnecke, Lukas Cranach
der ältere (Görl. 1879).
Cranachs
zweiter Sohn, Lukas, genannt der jüngere, geb. zu Wittenberg, war ebenfalls Maler und als solcher Schüler
seines Vaters. Ihm gehören sehr viele Bilder an, die seinem Vater zugeschrieben werden. In Weimar, Dresden,
Leipzig u. a. O. sieht man Werke seiner Hand,
[* 37] die im Stil seines Vaters gehalten sind, aber an größerer Mangelhaftigkeit der
Zeichnung und schwererer Farbe leiden. Cranach
wurde 1549 Ratsherr, 1555 Kämmerer und 1565 Bürgermeister von Wittenberg und starb in
Weimar.