Crémieux
(spr. kremjöh), Isaac Adolphe, franz. Jurist und Politiker, geb. zu Nîmes, jüdischer Abkunft, studierte die Rechte in Aix und ward 1817 Advokat in seiner Vaterstadt. Seit 1830 Advokat am Kassationshof zu Paris, [* 2] machte er sich durch Führung von Preßprozessen sowie durch Plaidoyers für die Saint-Simonisten, für A. Marrast u. a. populär. 1842 in die Kammer gewählt, hielt er sich zur Linken, bekämpfte aufs heftigste Guizot und betrieb besonders die Abhaltung der Reformbankette.
Beim Ausbruch der Februarrevolution bewog er Ludwig Philipp und die königliche Familie, aus Paris zu flüchten, und die Herzogin von Orléans, [* 3] die Regentschaft abzulehnen, und beseitigte so die Orléans. Er wurde nun Mitglied der provisorischen Regierung und Justizminister, legte jedoch infolge von Differenzen im Prozeß L. Blanc sein Amt 7. Juni nieder. Viel Anteil hatte er an den Arbeiten der Konstituierenden Versammlung. Aus Furcht vor einer ¶
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Militärdiktatur unterstützte er die Kandidatur Ludwig Napoleons gegen Cavaignac, trat aber nach der Wahl doch auf die Seite der Opposition. Beim Staatsstreich vom 2. Dez. wurde er verhaftet und saß kurze Zeit in Mazas. Nach seiner Freilassung lebte er ganz seiner advokatorischen Praxis. Erst 1869 trat er wieder in die politische Thätigkeit, indem er in Paris zum Deputierten gewählt wurde, und als solcher trat er auch in die Regierung der nationalen Verteidigung ein. Er war zunächst Justizminister, begab sich aber 12. Sept. zur Delegation nach Tours. [* 5]
Nach der Ankunft Gambettas in Tours unterwarf er sich sowie die beiden andern Delegierten, Fourichon und
Glais-Bizoin, vollständig dessen Diktatur, unterzeichnete die berüchtigte Proskriptionsliste vom wandte sich
erst 6. Febr., als die Pariser Regierung energisch auftrat, von jenem ab und reichte 10. Febr. seine Entlassung ein, welche angenommen
wurde (vgl. seine Schrift »Gouvernement de la défense nationale, actes de la délegation de Tours et de
Bordeaux,
[* 6] ministère de la justice«, Tours 1871, 2 Bde.). Erst 1872 wurde er in Algier, wo er sich um die Juden verdient gemacht
hatte, in die Nationalversammlung und 1876 in den Senat gewählt. Er starb Ein gewandter Redner, human, freisinnig,
mild und versöhnlich, war Crémieux
doch kein Staatsmann; dazu fehlten ihm Scharfblick und Selbständigkeit. Crémieux war
Mitglied des israelitischen Zentralkonsistoriums in Paris und Begründer der »Alliance Israélite universelle«. Aus seinem
Nachlaß erschienen: »Discours et plaidoyers« (1880).