Couponsteuer
(spr. kupóng-), eine bequeme und einträgliche Form eines Teiles der Kapitalrenten- und Einkommensteuer. Ihr Wesen besteht darin, daß die Steuer auf die Rente oder das Einkommen aus Zinsen und Dividenden der Obligationen und Aktien nicht bei den Steuerpflichtigen selbst erhoben wird, sondern bei dem Emittenten, der sie bei Einlösung der Zins- und Dividendenscheine (Coupons) von der auszuzahlenden Summe in Abzug bringt. Mittels derselben sind die Zinsen und Dividenden leichter zu ermitteln, als durch die Deklarationspflicht.
Sie bedingt indes als Teil der Einkommensteuer eine Rückerstattung, die praktisch sehr schwer durchzuführen ist. Zudem trifft sie die ausländischen, im Besitz von Inländern befindlichen Wertpapiere nicht, während sie auf der andern Seite auch die ausländischen Besitzer inländischer Papiere belastet, was bei kapitalarmen, auf die Heranziehung ausländischen Kapitals angewiesenen Ländern nachteilig ist. Aus diesem Grunde haben einige Staaten ihren Rententiteln Steuerfreiheit gewährleistet.
Eine Couponbesteuerung öffentlicher Wertpapiere besteht gegenwärtig in
Österreich-Ungarn,
[* 2]
Italien,
[* 3]
Frankreich, England und
Rußland. In
Österreich
[* 4] ist die Couponsteuer
ein
Teil der Einkommensteuer. Sie trifft die
Aktien und
Obligationen mit Ausnahme der ausländischen
Wertpapiere und derjenigen
Staats-
bez. Kommunalanleihen und Prioritätsobligationen, denen
Steuerfreiheit gewährleistet ist,
und mit Ausnahme gewisser, bei dem Empfänger besteuerten Papiere (Pfandbriefe der
Sparkassen und der
Bodenkreditanstalt, die nicht steuerfreien Gemeindeanleihen u. s. w.). Der
Steuersatz betrug ursprünglich 5, seit 1859
bez. 1863 7 Proz.,
ist aber durch Gesetz vom erhöht worden, und zwar beträgt er 16 Proz. für die konsolidierte
5prozentige
Silber- und Papierrentenschuld, welche sich sonach nur mit 4⅕ Proz. verzinst, 20 Proz.
für die
Zinsen der
Lotterieanleihen von 1854 und 1860, der Steueranleihe von 1864 und für die Entschädigungsrenten für
aufgehobene Gefälle, 10 Proz. für die übrigen
Zinsen und Dividenden.
Die
Staatsschuld der im Reichsrat vertretenen Königreiche und
Länder (4 Proz.
Gold- und 5 Proz. Papierrente)
dagegen ist steuerfrei.
Ungarn
[* 5] besteuert die
Coupons seiner 5prozentigen Grundentlastungsobligationen mit 7 Proz., die 5prozentige
Anleihe von 1876 zur Einlösung der ungar. Ostbahnaktien mit 10 Proz.;
die 4prozentige Goldrente und die 5prozentige Papierrente dagegen sind - ebenso wie die Eisenbahnobligationen und Pfandbriefe
- steuerfrei. In
Italien besteht nach dem Gesetz vom die Couponsteuer
für die
Staatsschuld, deren
Zinsen
um die
Steuer bei der Auszahlung gekürzt werden, ferner bei den
Obligationen der
Provinzen, Gemeinden, jurist.
Personen,
Aktien- und Kommandit-Aktiengesellschaften, welche die auf die
Zinsen entfallenden Steuerbeträge an die Staatskasse
unmittelbar abgeben müssen. Auch der Betrag, um welchen die Einlösungssumme der betreffenden Papiere
den Nennwert übersteigt (Prämien), wird von der
Steuer erfaßt. Ausländische Wertpapiere werden von derselben nicht betroffen.
Der
Steuerfuß ist 13,2 Proz., sodaß
Italien seine Rentenschuld statt mit 5, nur mit 4,34 Proz. verzinst. In
Frankreich belastet
die 1872 eingeführte Kapitalrentensteuer die
Zinsen und Dividenden in- und ausländischer
Obligationen
und
Aktien mit einer
Abgabe von 3 Proz., die in der Form der Couponsteuer
erhoben wird;
Staatsanleihen werden davon nicht betroffen.
Ausländische Wertpapiere werden besteuert, da die Emittenten einen in
Frankreich wohnenden und für die
Steuer verantwortlichen
Vertreter haben müssen, wenn ihre Papiere überhaupt an franz.
Börsen gehandelt werden sollen. In England
wird die Einkommensteuer zum
Teil als Couponsteuer
erhoben, nämlich bei den
Zinsen und
Renten, die aus der brit. und ind. Staatskasse
oder durch Vermittelung brit.
Geschäfte aus Kolonial- und fremden
Staats- oder Gesellschaftskassen gezahlt werden.
Die Steuerentrichtung erfolgt bei ausländischen Papieren durch die betreffenden Zahlstellen, bei inländischen durch die betreffenden Kassen. Zinsen von ausländischen Papieren, für welche in England keine Zahlstelle besteht, bleiben steuerfrei. Ferner gehört hierher die Besteuerung des Einkommens der Erwerbsgesellschaften; die Dividende der einzelnen Aktionäre u. s. w. bleibt in England steuerfrei. Das Ausländern gehörige Einkommen aus ausländischen Wertpapieren wird nach den engl. Bestimmungen nicht zur Steuer herangezogen, wenn durch Beibringung eines sog. Affidavit (s. d.) bewiesen wird, daß dasselbe ihnen gehört und kein Engländer oder in England wohnender Ausländer daran Teil hat.
Die Höhe des Steuersatzes wird jährlich vom Parlament festgesetzt. Rußland führte durch den Ukas vom a. St. eine Kapitalrentensteuer ein; demgemäß wurden vom an fällig werdende Coupons von Staatspapieren, Pfandbriefen oder Obligationen von Eisenbahn- und sonstigen Aktiengesellschaften, falls nicht vertragsmäßig Steuerfreiheit zugesichert war, um 5 Proz. gekürzt. –
Vgl. Wagner, Finanzwissenschaft Ⅱ, §§.409 fg. und im «Handbuch der Politökonomie», hg. von Schönberg, Bd. 3, S. 270 fg. (Tüb. 1891);
Hock, Öffentliche Abgaben, S. 18, 220; Hertslets Koupon-Warner (9. Aufl., Berl. 1889);
Friedberg [* 6] im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften», Bd. 2, S. 886 fg. (Jena [* 7] 1891).