Cottasche
Buchhandlung, J. G., Verlagsbuchhandlung
in
Stuttgart,
[* 2] ging aus dem
Geschäft des akademischen
Buchführers
Philipp
Brunn in
Tübingen
[* 3] hervor, das
Johann
Georg Cotta (geb. 1631 in
Sachsen,
[* 4] gest. 1692) 1659 durch seine Verheiratung mit
der Wittwe
Brunns erwarb und unter der Firma Joh.
Georg Cottasche Buchhandlung
fortführte. Die nachfolgenden
Besitzer waren sein Sohn (bis 1712) und sein Enkel gleichen
Namens. 1787 übernahm das
Geschäft Joh. Friedr. Cotta (s. Cotta,
Freiherr von Cottendorf, Joh. Friedr.) und hob es durch seine
Verlagsthätigkeit, welche die Werke
Schillers und
Goethes sowie der meisten Dichter der zweiten Blüteperiode der deutschen
Litteratur umfaßte, zu einer weltgeschichtlichen Bedeutung.
Dazu gründete er 1798 die «Allgemeine Zeitung» (s. d.); er gab ferner an Zeitschriften heraus die «Horen» [* 5] (1795-97),
die «Europ. Annalen» (1795-1820),
verbunden mit der «Aktensammlung», den freisinnigen «Hesperus» (1822-32),
die geogr. «Hertha» (1825-29),
den «Almanach des dames» (1801-31) und andere Taschenbücher, die «Württemb. Jahrbücher», hg. von Memminger (1818-49),
das «Morgenblatt» (1807-65),
das «Polytechnische Journal», hg. von Dingler (1820 u. fg.),
das «Inland» (1829-31) u. a. 1811 wurde der Verlag nach Stuttgart verlegt und mit einer eigenen Buchdruckerei verbunden. Eine zweite Buchdruckerei bestand in Augsburg [* 6] für die «Allgemeine Zeitung». 1827 wurde in München [* 7] die Litterarisch-artistische Anstalt für lithogr. Vervielfältigung und Kupferdruck nebst Buch-, Kunst- und Landkartenhandel errichtet. Der Verlag dehnte sich nach und nach fast auf alle Zweige der Wissenschaft aus: Werke der Brüder Humboldt, von Varnhagen, Zimmermann, Zschokke, der Philosophen Fichte, [* 8] Hegel, Schelling, der Historiker Archenholz, Joh. von Müller, Spittler, Posselt, Majlath, der Geographen Berghaus, Bröndsted, der Landwirte Elsner, Weckherlin, der Polytechniker Prechtl, Dingler;
in der Kunst die Ansichten des Kölner [* 9] Doms von S. Boisserée und die lithogr. Wiedergaben der Sammlung altdeutscher Gemälde der Brüder Boisserée (in der Pinakothek in München) u. a. -
Vgl. Roth, Das Büchergewerbe in Tübingen vom J. 1500 bis 1800 (Tüb. 1880).
Der nachfolgende
Besitzer (1832-63) war der Sohn Joh. Friedr. Cottas,
Freiherr
Johann
Georg von Cotta. Er erweiterte
die Buchdruckerei, fügte Schriftgießerei und
Stereotypie hinzu, kaufte 1839 die G. J. Göschensche Verlagsbuchhandlung
in
Leipzig,
[* 10] 1845 die von Vogelsche Verlagsbuchhandlung
in Landshut
[* 11] und errichtete in demselben Jahre eine Bibelanstalt in
Stuttgart und
München, zum
Teil unter Hinzuziehung tüchtiger Kräfte, wie
Ludwig
Roth,
Rudolf Oldenbourg.
Neue Verbindungen wurden angeknüpft mit Platen, Pyrker, Simrock, Freiligrath, Geibel, Kinkel, Karl Mayer, Mörike, Dingelstedt, Lingg, ferner mit Fallmerayer, Gregorovius, Ranke, Friedrich List, Roscher, von Stein, Riehl, Arndts, Bluntschli u. a. Die Illustrationen zum Homer, zu Herders Eid, zu dem Nibelungenlied, zu Goethes Reineke Fuchs [* 12] und Faust, zu Schillers und Uhlands Gedichten brachten Beziehungen zu Künstlern, wie Genelli, Kaulbach, Neureuther, Piloty, Ramberg, Schnorr von Carolsfeld, Schwind, Seibertz u. a. Auch auf Musikalien wurde die Verlagsthätigkeit ausgedehnt, die «Deutsche [* 13] Vierteljahrschrift» (1838-70) begründet, zahlreiche zeitgemäße Ausgaben der Klassiker, namentlich von Schiller und Goethe, wurden veranstaltet. Das Erlöschen der Privilegien und Schutzfristen für Werke von Autoren, die vor dem gestorben waren, am
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
mehr
(durch Bundesbeschluß vom betraf natürlich die am Cottasche Buchhandlung
härtesten, weil dadurch ihre
gangbarsten Unternehmungen, die Werke der deutschen Klassiker, Gemeingut wurden. Ende der sechziger Jahre gingen die Göschensche
und von Vogelsche Verlagsbuchhandlung
, die Bibelanstalt und die Litterarisch-artistische Anstalt in andere Hände über. Der
Leiter des Hauptgeschäfts mit den übrigen Zweigen für Rechnung aller Familienmitglieder, deren gemeinsames
Eigentum die Geschäfte seit 1863 geworden waren, blieb der Sohn des vorigen Besitzers Freiherr Karl von Cotta, anfangs gemeinsam
mit seinem Vetter Hermann Albert von Reischach, dann allein bis zu seinem Tode,
An neuen Autoren kamen in dieser Periode hinzu: in Dichtung und Novelle F. Dahn, M. von Ebner-Eschenbach, Greif, [* 15] Grimminger, Herzfelder, Kruse, Redwitz, von Schack. Die Werke Grillparzers wurden erworben und von diesen sowie von den Werken Auerbachs und Moritz Hartmanns Gesamtausgaben veranstaltet, auch die Gesamtausgaben der klassischen Dichter weiter ausgebaut. Vautier und Hasemann illustrierten zwei Dorfgeschichten Auerbachs. In der Litteraturgeschichte kommen hinzu: Werke von Baumgart, Bernays, Düntzer, Hermann Fischer, Kuno Fischer, Laube, Ribbeck, Rümelin, Sauer, Weltrich;
in Politik und Geschichte: W. Arnold, Baumgarten, Eicken, Heyd, Jodl, Kaufmann, Koser, Lindner, Maurenbrecher, von Zwiedineck-Südenhorst, die Memoirenwerke der Grafen von Beust (1887), von Montgelas (1887) und Vitzthum von Eckstädt (1886);
in den angewandten Naturwissenschaften: Autenheimer, Bach, F. Fischer, Frauenholz, J. R. ^[Julius Robert] Mayer;
in der Volkswirtschaft: Bamberger, G. Cohn, Eheberg, Kahn, Menger, Schanz, Vocke;
in der Theologie: Bassermann und Hermann.
Der Musikalienverlag wurde in der Richtung klassischer Klavierwerke und Schulausgaben erweitert. Die Stuttgarter Buchdruckerei
war schon pachtweise an die Gebrüder Kröner (s. Kröner, Adolf, und Union Deutsche Verlagsgesellschaft)
in Stuttgart unter deren Firma überlassen worden und wurde im Mai 1886 an dieselben verkauft. Ein gemeinsame Unternehmen
der letztern mit der Cottasche Buchhandlung
war die «Cottasche
Bibliothek der Weltlitteratur» (1. Reihe, Bd. 1-115; 2. Reihe,
Bd. 116-195).
Am ging auch die Cottasche Buchhandlung
mit der «Allgemeinen Zeitung», die 1882 nach München verlegt worden war, durch Kauf an Gebrüder
Kröner, Geh. Kommerzienrat Adolf Kröner und Paul Kröner, über, die die Geschäfte unter der Firma J. G. Cottasche Buchhandlung
Nachfolger in Stuttgart und München fortführen und 1891 als wettere Teilhaber Alfred Kröner, den Sohn
von Adolf, und Wilhelm Spemann aufgenommen haben. Von den Unternehmungen des Hauses seit 1889 sind neben Werken schon früher
genannter Autoren, neben Fortsetzungen und neuen Auflagen zu verzeichnen: Gesamtausgaben der Werke von Anzengruber, Ludwig Uhland,
A. von Humboldt, Shakespeare von Schlegel und Tieck (in neurevidierter Übersetzung, 1889 fg.);
Dichtungen von A. von Berger, Dóczi, J. G. ^[Johann Georg] Fischer, G. Meyer;
Romane, Novellen und Erzählungen von P. Heyse, R. Lindau, [* 16] F. Mauthner, Petri, du Prel, Sudermann («Jolanthes Hochzeit» in 15000 Exemplaren u. a.),
Wilbrandt;
Werke zur Litteraturgeschichte von Birch-Hirschfeld, Manitius, Prölß;
zur Geschichte, namentlich der deutschen, von Döllinger, Egelhaaf, Gregorovius («Geschichte der Stadt Athen», [* 17] 1.-3. Aufl. 1889),
Memoiren, Briefwechsel;
«Die polit. Reden des Fürsten Bismarck», hg. von H. Kohl (Bd. 1-7, 1892-93; auf 10 Bände berechnet);
Werke zur Technik von Freytag, Heinzerling, Hentschel, Lauenstein, Lew, Mühlhäuser, Soxhlet;
der «Cottasche
Musenalmanach» (1. bis 3. Jahrg.,
1891-93),
eine dritte Reihe der «Cottaschen
Bibliothek der Weltlitteratur» (auf 105 Bde. berechnet, 1892 fg.)
u. a. An Zeitschriften erschienen 1893: «Allgemeine Zeitung», «Dinglers Polytechnisches Journal», «Ausland», «Finanz-Archiv»
(1884).
Die Münchener Buchdruckerei (für die «Allgemeine Zeitung») hat 2 Gaskraft- (8 Pferdestärken), 2 Rotationsmaschinen, 4 Pressen, 2 Hilfsmaschinen, Stereotypie und beschäftigt 44 Personen.