Cormenin
(spr. korm'näng), Louis Marie de la Haye, Vicomte de, franz. Publizist, geb. zu Paris, [* 2] wurde 1810 Auditeur und 1814 Maître des requêtes im Staatsrat, in welchem er wichtige Fragen der Staatsverwaltung bearbeitete und sich der gemäßigt liberalen Partei anschloß. Im Mai 1828 zum Deputierten gewählt, unterzeichnete er 1830 die Adresse der 221. Ludwig Philipp verweigerte er den Huldigungseid, da ein Dynastiewechsel nur von der Gesamtheit der Nation entschieden werden könne, und trat aus dem Staatsrat, um bloß als Abgeordneter thätig zu sein.
Da er kein Rednertalent besaß, aber eine desto gewandtere Feder führte, so wirkte er durch zahlreiche Flugschriften über die Tagesfragen unter dem Pseudonym Timon bedeutend auf die öffentliche Meinung ein, so besonders durch die »Lettres sur la liste civile«, die in zehn Jahren 25 Auflagen erlebten. Als er aber in zwei Flugschriften die allgemeine Religionsfreiheit auch für den ultramontan gesinnten Klerus in Anspruch nahm, verlor er seine Popularität bei der demokratischen Partei und fiel bei den Wahlen von 1846 durch.
Nach der
Februarrevolution von 1848 trat Cormenin
für das
Departement der Seine in die
Nationalversammlung und
ward einer der Vizepräsidenten derselben. Als Vorsitzender der Verfassungskommission beteiligte er sich in demokratischer
Richtung an der Abfassung der
Konstitution, geriet aber mit seinen
Kollegen in heftigen
Konflikt und trat noch vor Vollendung
des Verfassungswerks zurück. Trotz seiner
Opposition gegen die
Aufnahme
Ludwig
Napoleons in die
Nationalversammlung und seines
Protestes gegen den
Staatsstreich vom ward er im
August 1852 wiederum in den
Staatsrat berufen
und 1855 Mitglied des
Instituts von
Frankreich. Er starb Außer seinen politischen
Flugschriften (gesammelt 1870)
und vielen
Aufsätzen im
»Journal des Débats« und andern
Journalen schrieb er: »Droit administrativ« (1821; 5. Aufl.
1840, 2 Bde.);
»Études sur les orateurs parlementaires« (1836; später u. d. T.: »Livre des orateurs«, 18. Aufl. 1869; deutsch, Leipz. 1848);
die Volksschriften: »Dialogues de maître Pierre« (6. Aufl. 1845) und »Entretiens de Village« (8. Aufl. 1847).