Contes
(franz., spr. kongt), in der nordfranzösischen Poesie des 12. und 13. Jahrh. Erzählungen von ¶
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mannigfachstem, aber vorzugsweise dem gewöhnlichen Leben entnommenem Inhalt, die, eine Untergattung der Fabliaux
(s. d.),
meist versifiziert, oft aber auch mit Prosa vermischt und, wie jene, nicht zum Singen, sondern zum Recitieren bestimmt waren.
Ihre Verfasser hießen Conteours. Die üblichste Versart war der vierfüßige Schlagreim. Die Jongleurs, welche auf ihrem Wanderleben
Gelegenheit zur Beobachtung des Weltlaufs hatten, benutzten die Contes
, sie zu einer Chronique scandaleuse verliebter Ritter und
wollüstiger Mönche zu machen.
Die Leichtigkeit ihrer pikanten, scheinbar nachlässigen, von höflicher Bosheit gewürzten Sprache
[* 3] wurde besonders von Jean
de Boves, Gauvain und Rutebeuf ausgebildet und hat der französischen Litteratur sich tief eingeprägt.
Auch kirchliche Vorstellungen wurden oft in komischer Weise behandelt, dem zum Gegengewicht die Geistlichen selbst Contes
dévots
verfaßten, wie z. B. Gautier de Coinsi (1236) in solchen die Wunderkraft der Maria verherrlichte. Später wurden die Contes
zu
einfachen Erzählungen in Prosa oder Novellen, die nach dem Vorgang Boccaccios zum Teil in Sammlungen durch
eine sogen. Rahmenerzählung zusammengefaßt wurden, wie z. B.
das »Heptameron« der Margarete von Valois, die »Contes
et joyeux dévis« ihres Dieners Bonaventure des Perriers, die »Contes
de Eutrapel«
von Noël Dufail u. a. Eine Sammlung solcher Erzählungen hat Lacroix veranstaltet in dem Werk »Les vieux conteurs français«
(Par. 1840). Noch später, im 17. Jahrh., kamen die Contes
de fées, ebenfalls in Prosa, in Mode, auf welchem
Gebiet Perrault und die Gräfin d'Aulnoy am berühmtesten wurden, während gleichzeitig Lafontaine auch die Contes
in Versen wieder
mit großem Erfolg kultivierte.
Vgl. Louandre, Chefs d'œuvre des conteurs français (Par. 1873-1874, 3 Bde.).