Titel
Contarini
,
venezian.
Geschlecht, welches zu den zwölf ersten
Familien zählte und durch eine große Anzahl berühmter
Männer, vier
Patriarchen, acht
Dogen, viele
Feldherren, Staatsmänner,
Künstler, Dichter und
Gelehrte, glänzte.
Ihren
Reichtum verdankte die
Familie einem ausgebreiteten
Handel nach der
Küste von
Afrika.
[* 2] Der erste
Doge aus dem
Geschlecht war
Domenico Contarini
, der diese
Würde von 1043 bis 1071 bekleidete. Von ihm rühren mehrere öffentliche Gebäude in
Venedig
[* 3] her; die
Markuskirche erhielt durch ihn ihre jetzige Gestalt; außerdem erbaute er das
Kloster des heil.
Nikolaus auf dem
Lido und das
des heil.
Angelus.
Jacopo Contarini
,
Doge 1275-1280, unterdrückte einen
Aufstand der
Städte
Triest
[* 4] und Capodistria, führte den
Krieg gegen
Ancona
[* 5] mit
Glück weiter, bis sich die Stadt zur Unterwerfung unter die Souveränität
Venedigs auf dem
Meer genötigt
sah, dämpfte eine Empörung, welche di Cortazzi zur Losreißung
Kretas von
Venedig angestiftet hatte, und erwarb mehrere
Plätze
in
Dalmatien,
Istrien
[* 6] und in der
Romagna.
Andrea Contarini
,
Doge von 1367 bis 1382, nachdem er als
Richter
Marino Faliero mit verurteilt
hatte, beendete den
Aufstand der Triestiner und
Kandioten und schloß mit
Österreich
[* 7] einen
Frieden ab. Aus
einer
Fehde mit
Franz von
Carrara,
Herrn von
Padua,
[* 8] hatte sich ein
Krieg mit
Genua
[* 9] entsponnen, gewöhnlich der
Krieg von
Chioggia
genannt, welcher mit geringen
Unterbrechungen schon gegen 100 Jahre gedauert und eine für
Venedig höchst ungünstige
Wendung genommen hatte, als Contarini
selbst den Oberbefehl übernahm und 1380
Chioggia zur
Ergebung,
Genua 1381 zum
Frieden zwang.
Contarini
war der erste
Doge, welchem von
Staats wegen eine Leichenrede gehalten wurde.
Auch ließ die
Republik seine Rückkehr aus jenem
Krieg von
Paul Veronese auf öffentliche
Kosten malen.
Niccolò Contarini
,
Doge
1630-31, verfaßte mehrere
Schriften, von welchen die sehr ausführliche »Istoria veneziana«,
welche die Jahre 1597-1628 umfaßt, noch handschriftlich vorhanden ist; gedruckt ist: »De rerum perfectione libri VI« (Vened.
1576),
ferner
»Modo della elezione del serenissimo principe di Venezia«
(Rom
[* 10] 1630). Carlo Contarini
war
Doge 1655-56. Unter seiner
Regierung schlug der venezianische
Admiral Mocenigo die türkische
Flotte unter den
Kanonen der
Dardanellen.
Domenico Contarini
H. war
Doge von 1659 bis 1674. In seine
Regierung fiel der verheerende
Krieg gegen die
Türken um
Kandia von 1663 bis 1666.
Andre
Mitglieder der
Familie waren:
1) Gasparo,
Kardinal, geb. 1483 zu
Venedig, studierte seit 1501
Philosophie in
Padua, ging 1521 als venezianischer
Gesandter auf den
Reichstag zu
Worms,
[* 11] brachte 1523 den
Frieden mit dem
Kaiser zu stande, begleitete dann diesen auf seinen
Reisen
durch
Belgien,
[* 12]
England,
Spanien
[* 13] und wurde 1526 von
Venedig an den
Papst
Clemens VII. gesandt, um die Ausbreitung der kaiserlichen
Macht in
Italien
[* 14] zu verhindern und den Anschluß des
Papstes an
Frankreich herbeizuführen, schloß jedoch, da eine Verständigung
nicht zu stande kam,
mit dem
Kaiser den
Frieden zu
Bologna. 1535 von
Papst
Paul III. zum
Kardinal ernannt, war Contarini
seitdem unermüdlich
für die
Kirche thätig.
Die christlichen Glaubenslehren in der Tiefe erfassend, drang er über den äußern Werkdienst und das Zeremoniell hinweg auf Heiligung und Veredelung der Seelen und näherte sich in der Rechtfertigungslehre den deutschen Reformatoren. Wiederholt stellte er Paul III. die Notwendigkeit einer durchgreifenden Kirchenverbesserung vor (so in dem »Consilium de emendanda ecclesia« von 1537) und ward von demselben in eine zu diesem Zweck niedergesetzte Kommission erwählt, in der er namentlich das Leben der Geistlichen moralisch zu bessern suchte.
Wegen seiner diplomatischen Geschicklichkeit erhielt er als päpstlicher
Bevollmächtigter beim
Reichstag in
Regensburg
[* 15] 1541 noch
den besondern Auftrag, die Vereinigung der
Protestanten mit der katholischen
Kirche anzustreben, und machte
auch verhältnismäßig weit gehende
Konzessionen, fand aber bei seiner Rückkehr wenig Dank für seine übrigens erfolglos
gebliebenen
Verhandlungen. Nichtsdestoweniger vom
Papst zum
Legaten in
Bologna ernannt, starb er hier 1542. Contarini
war von höchst
achtungswertem
Charakter, im
Leben tadellos, duldsam und in den verschiedensten Gebieten der
Wissenschaft bewandert. Seine frühern
Werke sind meist philosophischen
Inhalts, die spätern ausschließlich theologisch. Seine bekannteste
Schrift ist
»De magistratibus
et republica veneta« (Par. 1543; ital., Vened.
1591).
Vgl.
Brieger, Gasparo Contarini
und das
Regensburger Konkordienwerk (Gotha
[* 16] 1870);
Dittrich,
Regesten und
Briefe des
Kardinals Gasparo
Contarini
(Braunsb. 1882).
2) Simone, geb. zu Venedig, war venezianischer Gesandter an mehreren italienischen Höfen, bei Philipp II. von Spanien, Ludwig XIII. von Frankreich, dem Papst Paul V. und dem Sultan Mohammed III.; starb Auch als lateinischer Dichter hat er sich einen Namen erworben.
Vgl. Farsetti,
Vita di
Simone Contarini
(Vened. 1772).
3) Ludovico, berühmter Staatsmann seiner Zeit, ging 1629 als venezianischer Gesandter nach Paris, [* 17] bewog Ludwig XIII. zu einem Bündnis mit Venedig, um Österreich an der Besetzung des Veltlins zu hindern, und war venezianischer Gesandter bei den Verhandlungen über den Westfälischen Frieden. Er starb 1653 in Venedig.