Conium
L.
(Schierling),
Gattung aus der
Familie der
Umbelliferen,
[* 2] zweijährige, hohe, kahle
Kräuter
mit mehrfach fiederteiligen Blättern, vielstrahligen
Dolden, mehr- und kleinblätterigen
Hüllen und
Hüllchen, weißen
Blüten
und seitlich zusammengedrückten, eiförmigen
Früchten. Zwei
Arten, von denen bei uns Conium
maculatum L. (gefleckter
Schierling,
Erdschierling,
Wüterich,
Tollkerbel, wilde
Petersilie, s. Tafel
»Giftpflanzen
[* 3] I«),
[* 4]
mit spindelförmiger Wurzel, [* 5] welche im ersten Jahr nur einen wurzelständigen Blattbüschel, im zweiten einen 1-2 m hohen, rundlichen oder etwas gerillten, hohlen, oben ästigen, kahlen, bläulich bereiften, am Grund meist rot gefleckten Stengel [* 6] treibt. Die Blätter sind kahl, oberseits dunkelgrün, dreifach gefiedert, die Blättchen lanzettförmig, fiederspaltig glänzend; die ¶
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Fiedern dritter Ordnung sind lanzettförmig, fast ungeteilt oder eingeschnitten gesägt, die Zähne [* 8] spitzlich mit einem weißen Stachelspitzchen. Die bodenständigen Blätter werden von einem langen, röhrigen Stiel getragen, welcher am Grunde den Stengel mit einer häutigen Scheide umfaßt; nach oben werden die Blätter kleiner, kürzer gestielt, weniger reich gefiedert und spitziger. Die Blütendolde ist flach, vielstrahlig, die Blüten sind weiß, die Frucht ist grünlichgrau. Die ganze Pflanze stinkt wie Katzenharn, schmeckt widerlich bitter, scharf und ist sehr giftig. Sie stammt wohl ursprünglich aus Asien [* 9] und findet sich an Hecken, Wegen, auf Schutt durch fast ganz Europa, [* 10] Nordafrika, Kleinasien, Transkaukasien, Sibirien, eingebürgert in Nord- und Südamerika, [* 11] immerhin jedoch sehr ungleich verbreitet; sie fehlt fast ganz in der Schweiz, [* 12] wächst dagegen massenhaft in Ungarn. [* 13]
Der Schierling enthält als wirksamsten Bestandteil das Alkaloid Coniin (s. d.), dessen Gegenwart sich auch in der getrockneten Pflanze, besonders beim Befeuchten mit Kalilauge, durch einen widrigen Geruch verrät. Neben Coniin finden sich Methylconiin und das durch Wasseraufnahme aus ersterm hervorgehende Conhydrin, auch etwas ätherisches Öl. Am reichlichsten sind diese Alkaloide in den Samen [* 14] enthalten. Der Schierling kommt häufig in Gärten unter Petersilie vor und kann, solange er noch keinen Stengel hat, mit dieser verwechselt werden; doch geben die Form der Blätter und der beim Zerreiben meist deutlich hervortretende widerliche Geruch ein sicheres Unterscheidungsmerkmal ab. Er ist fast für alle Tiere ein heftiges Gift, indem er paralysierend auf die motorischen Nerven [* 15] wirkt; größere Dosen führen durch Lähmung der Atemnerven den Tod herbei.
Das Kraut ist als Herba Conii offizinell; man benutzt es bei Skrofeln, Drüsengeschwülsten, Krebs [* 16] etc., äußerlich als schmerzstillendes, die Sensibilität herabsetzendes Mittel. Als Gegenmittel bei Schierlingsvergiftungen werden Strychnin und Opium angewandt. Bekannt ist, daß die alten Griechen ihre Verbrecher durch einen Schierlingstrank töteten, und daß auch Sokrates auf diese Art starb; übrigens scheint dieser Gifttrank auch Opium enthalten zu haben, wie man aus einer Stelle bei Theophrastus schließen kann. Die Römer [* 17] nannten die Pflanze Cicuta.
Vgl. Regel, Beiträge zur Geschichte des Schierlings und Wasserschierlings (Mosk. 1876-77).