Confucĭus,
chin. Kùng-fū-tzè oder richtiger Kùng-tzè
(«Meister
Kung») genannt, berühmter chines.
Philosoph, dessen
Lehren
[* 2] noch jetzt in
China
[* 3] herrschen. Er wurde 551 v.Chr. im Lehensstaate Lu in der heutigen
Provinz
Schan-tung geboren. Nachdem
er seinen
Vater in der frühesten
Jugend durch den
Tod verloren hatte, übernahm seine
Mutter, der er über
das
Grab hinaus eine zärtliche Anhänglichkeit bewahrte, seine Erziehung. Bereits mit 17 Jahren übernahm er den Posten
eines Gutsinspektors bei einer reichen Familie in Lu. 19 J. alt verheiratete er sich, und von seinem 22. Jahre an führte
er ein fast ununterbrochenes Wanderleben, hier als
Lehrer, dort als Ratgeber von Fürsten seinen
Lehren
Boden und
Verbreitung zu schaffen suchend. Confucius
sagt von sich selbst, er sei kein Neuerer, sondern ein Überlieferer,
er vertraue den Alten und liebe sie.
In der That verdankt er seine Bedeutung und seinen Einfluß weniger der Neuheit seiner Lehren als vielmehr dem Zurückgreifen auf das Altertum, in welchem er die einzige Rettung seines innerlich und äußerlich zerfallenen Vaterlandes erblickte. Zu diesem Zwecke sammelte und redigierte er die altehrwürdigen Litteraturdenkmäler, das Schū-kīng und das Schī-kīng (s. Chinesische Sprache, Schrift und Litteratur, S. 225 b, 226 a), sie sollten in der Zeit staatlichen und sittlichen Verfalls als Fürsten- und Sittenspiegel dienen. In seinen eigenen Lehren verließ er nie den Boden des Thatsächlichen und Erreichbaren, beschränkte sich somit auf das Gebiet der Staats- und Sittenlehre.
Metaphysischen Fragen ging er aus dem Wege, daher ist nichts unbegründeter als der Versuch, ihn zu einem Religionsstifter
zu stempeln. In der Art seiner Lehrthätigkeit liegt es begründet, daß er ein eigentliches Lehrsystem überhaupt nicht
überliefert hat. Confucius
war eben kein
Systematiker, sondern Gelegenheitsphilosoph, der
Rat erteilt, so oft er darum gebeten wird,
und Antworten giebt, sobald man ihn fragt. So erklären sich auch scheinbare
Widersprüche in manchen
seiner Aussprüche: sie dürfen eben nicht als
Glieder
[* 4] eines
Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
¶
mehr
logischen Systems, sondern stets unter Berücksichtigung der begleitenden Nebenumstände verstanden werden. Den Kern- und Angelpunkt der confucianischen Ethik bilden die sog. fünf Kardinaltugenden:
1) Menschlichkeit, d. h. pflichtmäßiges Verhalten in den fünf Pflichtverhältnissen der Eltern und Kinder, der Fürsten und Unterthanen, der Geschwister, der Gatten und der Freunde;
2) Rechtlichkeit;
3) Schicklichkeit im Verkehr mit Menschen und im religiösen Kultus;
4) Weisheit und 5) Treue. Eine besonders hohe Rolle spielt ferner die Pietät und Kindesliebe. Schicklichkeit und Pietät sind
die beiden Grundpfeiler des staatlichen und sittlichen Lebens der Chinesen, auf ihnen fußt die chines. Kultur, aus ihnen
ist der patriarchalische Zuschnitt des privaten und öffentlichen Lebens wie auch jener engherzige Formalismus
hervorgegangen, welcher jede Bewegung festen Normen und Regeln unterwirft. Confucius
war als Mensch und Lehrer das verkörperte Chinesentum,
und in dieser nationalen Eigenart seines Denkens liegt die sonst unerklärliche Erscheinung begründet, daß eine Lehre,
[* 6] die
weder durch die Neuheit noch durch die Originalität ihres Inhaltes hervorragt, über zwei Jahrtausende
hindurch eine fast unbedingte Herrschaft über das zahlreichste Kulturvolk der Welt bewahrt hat. Confucius
starb hochbetagt 479 in
seinem Heimatsstaate Lu. Bald nach seinem Tode wurden ihm posthume Ehrentitel verliehen, Tempel
[* 7] errichtet und Opfer dargebracht.
Wohl in jeder Stadt Chinas sind Tempel des Confucius
vertreten. Die Zahl seiner kanonisierten Schüler, deren Ahnentafeln
neben der seinen im Tempel aufgestellt sind, beläuft sich auf 86. -
Vgl. Plath, Confucius'
und seiner Schüler Leben und Lehren (4
Abteil., Münch. 1867 - 74);
von der Gabelentz, Confucius
und seine Lehre (Lpz. 1888);
Endo, Das Leben und die pädagog.
Bedeutung des Confucius
(Diss., ebd. 1893).