Titel
Colloredo
,
weitverzweigtes österreich. Adelsgeschlecht, leitet seinen Ursprung
von einem alemannischen, nach
Friaul eingewanderten Adelsgeschlecht ab, dessen
Burg Colloredo
bei dem
Ort
Mels (Melzo, Melso) stand
und im Jahr 1302 von den
Brüdern Ottobon und
Wilhelm von
Mels erbaut wurde. Als Ahnherren dieser
Mels, die
sich seit dem 14. Jahrh. von Colloredo
schrieben, und der mit ihnen urverwandten
Herren von Wallsee gelten die schwäbischen Edelleute
Liebhart und
Heinrich, welche zur Zeit
Konrads II. in
Friaul eingewandert sein sollen.
Liebhart wurde der Stammvater der Mels-Colloredo
,
Heinrich, wieder heimgezogen, der der Wallseer.
Wilhelms von
Mels drei
Söhne begründeten ebenso viele
Zweige des
Hauses: Asquinus die Asquinische
Linie, die 1588 zur erbländischen, 1591 als
Colloredo
-Wallsee zur reichsfreiherrlichen, 1624 zur reichsgräflichen
Würde erhoben wurde, aber 1693 erlosch;
Bernhard die Bernhardinische Linie, welche wieder in den Mantuaner Ast (der 1624 die Reichsgrafenwürde erhielt und sich abermals in den eigentlichen Mantuaner und den böhmischen Zweig spaltete) und den Venezianer Ast zu.
Moschelet zerfiel;
Weickardt die jüngere fürstliche Linie.
Einer von dessen Nachkommen, Ferdinand, geb. 1635, gest. 1689, gründete durch seine beiden Söhne Hieronymus und Rudolf zwei Linien, die fürstliche oder die Linie Wallsee und die Rudolfinische. Durch des erstern Sohn Rudolf Joseph wurde die Linie 1763 in den Reichsfürsten- und 1764 in den erbländischen (böhmischen) Fürstenstand erhoben, wozu noch 1765 das ungarische Indigenat trat, und nahm den Namen Wallsee an, während Fürst Franz Gundaccarsich mit Maria Isabella, Gräfin von Mansfeld, vermählte, 1789 deren Titel und Wappen [* 2] den seinen hinzusetzte und sich nun Fürst von Colloredo-Mansfeld nannte. Nur das jeweilige Haupt der Familie führt den Titel Fürst. Die jüngere Rudolfinische Linie nannte sich nach dem 1701 erworbenen Marquisat Santa Sofia, zu welchem später durch Heirat noch das Marquisat Recanati (Provinz Macerata) kam, Marchesen von Colloredo-Santa Sofia und Recanati. Bemerkenswerte Mitglieder des Geschlechts sind:
1) Hieronymus, aus der Asquinischen Linie, geb. 1582, k. k. Kämmerer, befehligte in der Schlacht bei Lützen [* 3] 1632 ein Regiment, wurde als Generalfeldwachtmeister bei Liegnitz [* 4] von Arnim geschlagen, was ihm durch kriegsgerichtlichen Spruch eine lange Haft in Ödenburg [* 5] zuzog. Später begleitete er Gallas auf seinem Zug nach Burgund, wurde aber bei Raon geschlagen und gefangen. Er starb 1638 als k. k. Feldmarschallleutnant an einer Wunde, die er bei dem Entsatz von St.-Omer erhalten.
2)
Rudolf, geb. zu
Prag,
[* 6]
Bruder des vorigen, zeichnete sich im Dreißigjährigen
Krieg, besonders
bei
Mantua
[* 7] und
Lützen, rühmlich aus und zog mit
Gallas nach
Lothringen und
Burgund.
Ferdinand III. ernannte ihn zum k. k. Geheimrat
und
Feldmarschall, 1637 zum Großprior des
Malteserordens zu
Strakonitz, 1647 zum
Botschafter des
Ordens am kaiserlichen
Hof
[* 8] und
zum kommandierenden
General in
Böhmen.
[* 9] Durch seine kühne
Verteidigung der
Alt- und
Neustadt
[* 10]
Prag machte Colloredo
den
Überfall der
Schweden
[* 11] wirkungslos. Er starb als
Feldmarschall und
Gouverneur von
Prag
3)
Joseph
Maria,
Graf von Colloredo
-Mels und Wallsee (Sohn des ersten
Fürsten von Colloredo
,
Rudolf
Joseph, geb. 1706, gest. 1788,
Reichsvizekanzler),
geb. zu
Regensburg,
[* 12] zeichnete sich im Siebenjährigen
Krieg mehrfach, namentlich bei
Prag und
bei
Görlitz,
[* 13] aus und geriet in
Breslau
[* 14] für kurze Zeit in Kriegsgefangenschaft. 1763 zum
Generalmajor ernannt, stieg er schnell
zum
Feldmarschallleutnant und
Hofkriegsrat, begleitete 1777
Kaiser
Joseph II. nach
Frankreich und erhielt sodann die Generaldirektion
der
Artillerie.
Wegen seiner
Verdienste um die
Waffe ernannte ihn
Joseph II. zum
Feldzeugmeister. Im Türkenkrieg wohnte er dem
Angriff auf das
feste Schabacz bei und leitete im nächsten
Feldzug den
Sturm auf
Belgrad
[* 15] mit. Als
Feldmarschall kommandierte er sodann bis zu
den Friedensverhandlungen des
Reichenbacher
Kongresses die Beobachtungsarmee an der preußischen
Grenze.
Nach dem
Krieg erhielt Colloredo
mit dem
Titel
Staats- und Konferenzminister die
Führung der
Geschäfte des
Hofkriegsrats. Während der
Jahre 1813 und 1814 noch thätig, starb er
4)
Hieronymus, zweiter
Graf von Colloredo
-Mansfeld, geb. zu
Wetzlar
[* 16] (Sohn des
Reichsvizekanzlers
Fürsten
Franz de
Paula
Gundaccar I., geb. 1731, gest. 1807, der 1767-70 als
Botschafter in
Spanien,
[* 17] 1788-1806 als
Reichsvizekanzler diente), trat 1792 als
Leutnant in die österreichische
Armee, wohnte dem Zug
des
Generals
Clerfait in die
Champagne bei, machte als Kapitänleutnant die
Feldzüge von 1793 und 1794 in
Flandern mit und ward 1794
Kapitän. 1796 machte er unter
Wurmser den italienischen
Feldzug mit, focht als Oberst bei
Hohenlinden, zeichnete sich als
Generalmajor unter dem
Erzherzog
Karl mit seiner
Brigade bei
Caldiero aus und wohnte auch dem
Feldzug von 1809 in
Italien
[* 18] bei, sowie er sich später als
Feldmarschallleutnant bei
Raab
[* 19] hervorthat
und den
Rückzug nach
Komorn deckte.
¶
mehr
Im J. 1813 befehligte er zwei Divisionen vom rechten Flügel Gyulays, focht rühmlich bei Dresden [* 21] und Kulm, ward deshalb Feldzeugmeister und kommandierte bei Leipzig [* 22] das 1. österreichische Armeekorps. Im J. 1815 stand er an der Spitze eines Armeekorps am Oberrhein und in Burgund, war dann Adlatus des kommandierenden Generals in Böhmen und hierauf in Steiermark; [* 23] starb in Wien. [* 24]
5) Franz de Paula, Reichsgraf von Colloredo
-Wallsee, geb. trat frühzeitig in die Armee und ging dann zur diplomatischen
Laufbahn über, war 1843-47 Gesandter Österreichs in Petersburg,
[* 25] 1848 eine Zeitlang Bundespräsident zu Frankfurt,
[* 26] 1852-56 Gesandter
in London,
[* 27] dann Botschafter in Rom.
[* 28] Im Juli 1859 von dort abberufen, wohnte er als erster österreichischer
Bevollmächtigter der Friedenskonferenz in Zürich
[* 29] bei, starb aber hier plötzlich während der Verhandlungen Mit ihm erlosch
die Linie Colloredo
-Wallsee im Mannesstamm.
6) Franz de Paula Gundaccar II., Fürst Colloredo
-Mansfeld, Sohn von Colloredo
4), geb. zu
Wien, trat 1824 als Kadett in die Armee, rückte bis zum Generalmajor auf, befehligte 1848 erst zu Triest,
[* 30] dann zu Theresienstadt
eine Brigade, war dann bei Unterdrückung des Aufstandes zu Prag im Juni d. J. thätig, nahm im Oktober 1848 an der Einschließung
Wiens teil, machte mit seiner Brigade den ungarischen Feldzug mit und kämpfte namentlich in der Schlacht
bei Kapolna und vor Komorn. Zum Feldmarschallleutnant ernannt, suchte er sich auf der Insel Schutt zu halten und blieb dann bei
dem Zernierungskorps vor Komorn. Nach dem ungarischen Feldzug erhielt er im Oktober 1850 den Oberbefehl
über das 2. Armeekorps. Er starb zu Gräfenberg i. Schl.
7) Joseph Franz Hieronymus, Fürst von Colloredo-Mansfeld, österreich. Staatsmann, geb. Sohn des durch seine menschenfreundlichen Bemühungen um den Wohlstand Niederösterreichs bekannten Grafen Ferdinand Colloredo (gest. 1848), trat in die Armee, avancierte zum Major, erbte 1852 von seinem Vetter Franz de Paula Gundaccar (s. vorigen) den Fürstentitel und bedeutende Fideikommißherrschaften, ward 1857 Kämmerer, 1859 Präsident der Staatsschuldentilgungs-Kommission, 1860 Mitglied des verstärkten Reichsrats, 1861 des Herrenhauses, war 1861-67 Landmarschall des niederösterreichischen Landtags, 1867 Mitglied des böhmischen Landtags und 1868-69 Präsident des Herrenhauses. Colloredo gehört zu den treuesten und einflußreichsten Anhängern der Verfassungspartei. - Sein ältester Sohn, Graf Hieronymus Ferdinand Rudolf, geb. diente erst in einem Husarenregiment, widmete sich dann der Bewirtschaftung einiger Güter in Böhmen und war 1875-78 Ackerbauminister im verfassungstreuen Ministerium Auersperg. Er starb auf einer Badereise.