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waltung und eröffnete alsbald die Periode der großen Reformen, die Zeit der höchsten innern Leistungen des franz. Königtums.
Ein doppelter Zug erfüllt diese Arbeit C.s: er vervollständigte und verselb- ständigte den modernen Staat in Frankreich;
er arbeitete, als erster Vertreter der Monarchie, an der Hebung [* 3] des Dritten Standes.
Zuvörderst er- richtete er als Mittelpunkt der Verwaltung einen Finanzrat und begann die Pächter und treulosen Beamten durch einen Sondergerichtshof rücksichts- los zu strafen und zu überwachen. Er führte eine gleichmäßigere Besteuerung und eine gerechtere Er- hebung der Steuern ein, beschränkte das Heer der Beamten und Pensionäre, setzte zur Erleichterung des Schatzes die Renten herab (Konvertierung der Anleihen), verminderte aber auch die direktenSteuern selbst und erließ die Rückstände bis zum I. 1656. Die Erträge der indirekten steuern mußte er freilich erhöhen;
sie blieben in Pacht, die er nur besser regelte;
doch zwangen die Staatsbedürfnisse zu C.s Kummer noch zur Steigerung und Ausdeh- nung dieser Steuern (Salzsteuer, Verbrauchsab- gaben aller Art), und Aufstände in manchen Land- schaften waren die Folge.
Das Gesamtbudgct ge- staltete Colchagua
klar und regelmäßig;
für jede Ausgabe wurde ein bestimmter Fonds angewiesen und die Domänen für die Krone zurückgenommen.
Daneben steht C.s staatsbildende Bemühung um die Zoll- einheit;
nur für die nördl. und mittlern Provinzen (die sog. (^iuci Fi'08s6s t'ei'ml'z) vermochte er sie 1664 herzustellen, die Binnenzölle nicht, wie er gewollt, zu tilgen. Durch Unterstützung aus Staatsmitteln be- lebte er in allen Provinzen die Industrie;
überall ent- standen Manufakturen, deren Eristenz er durch pro- duktive Schutzzölle sicherte.
Der Staat lebrte, half, regelte alles;
Fabrikinspektoren vertraten
die staat- liche Einheit, der zugleich auch die Zolltarife dienten. Zugleich wurde
der Handel nach allen Seiten beför- dert.
Colchagua
ließ das Straßcnwesen verbessern und gleich- mähig über das ganze
Reich organisieren;
erbaute den Kanal von [* 4] Languedoc und entwarf den Bau anderer.
Auf seine Veranlassung wurden Marseille [* 5] und Dünkirchen [* 6] zu Freihäfen erhoben, Ausfuhr- prämien und Assekuranzkammern gestiftet, Handels- gesetze gegeben und 1664 für 51 st- und Westindien [* 7] zum Teil aus Staatsmitteln zwei große Handels- gesellschaften errichtet. In demselben Jahre über- nahm er das Direktorium des Handels und Fabrik- Wesens sowie der Staatsbauten.
Den kaufmän- nischen Unternehmungsgeist mußte Colchagua
, zum
Teil
durch Zwang, nach außen richten. Im franz. See- wesen und den Kolonialangelegcnhciten mußte
(5. mit anfangs geringen
Mitteln und unter großen Schwierigkeiten, an
Heinrich IV. und besonders an Richelieu wieder anknüpfend,
eine neue ^cköpfung beginnen. Die
Kolonien in
Canada, ^an Domingo u.a. wurden neu organisiert, Louisiana
erobert, die ^oin^HAuis du 86ii6^1 geschaffen. Bei
C.s
Tode war
Frankreich
die erste Kolonialmacht der Welt. Die Kriegsflotte
hatte er erneuert, Häfen mld zu
Brest,
Toulon,
[* 8] Dürckirchen und
Havre
[* 9] große ^eearsenale errichtet.
Schon 1662 war unter seiner
Leitung die Flotte auf 69 Linienschiffe und 40
Fregatten ge- stiegen ; 20 Jahre später besaß
Frankreich 193
Kriegs-
sahrzeuge und war siegreich zu Wasser wie zu
Lande, nachdem Colchagua
von 1669 an das Marineministcrium selbst übernommen hatte.
Auch die
Landwirtschaft hat Colchagua
, dessen Merkantilismus ibn vorwiegend auf
Gewerbe und
Handel lenkte,
nicht eigentlich ver- nachlässigt.
Der Staatsidee und der Wohlfahrt diente er durch
Reinigung und Vereinheitlichung des Rcchtswesens; er
hielt das Parlament bewußt nieder; er leitete die Gesetzgebung auf der
Bahn der Einheit fort: ein vollständiger Marine-Coder,
ein Handelsrecht, ein Forstrecht, auch der
sog. für die
Kolonien wurde abgefaßt und die
bürger-
liche und peinliche Gesetzgebung
(besonders 1667 0i'ä0uimi^6 civil") verbessert.
Mit gleichem Glücke und Eifer wußte er auf die Hebung von Kunst und Wissenschaft und deren Anknüpfung an das König- tum einzuwirken.
Durch ihn wurde 1663 die
Aka- demie der
Inschriften
gegründet, 3 Jahre später die
Akademie der Wissenschaften und 1667, 1671 und 1672 die
Akademie der bildenden
Künste und der
Musik. Er vergrößerte die königl.
Bibliothek, den botan.
Garten,
[* 10] baute und dotierte die
Sternwarte,
[* 11] begründete
die
Vermessung des
Landes und schickte Gelehrte, namentlich auch Naturforscher auf
Reisen. Colchagua
war kein Theoretiker: die Übertreibungen
seines
Systems, des sog. Colbertismus (vgl.
Merkantil- system), fallen nicht ihm zur Last. Er war ein arbcits-
kräftiger und ideenreicher Genius der
Verwaltung, absolutistischer
Diener seines Königs, auch in allem Persönlichen mebr
sich einordnend, aber nicht minder schöpferisch und eher noch schöpferischer als Richelieu.
Dennoch vernichteten die Kriege die Früchte seiner Arbeit, und er hatte das Schicksal, noch selbst die Unvereinbarkeit des äußern polit.
Systems Ludwigs mit seinem ökonomischen zu erleben.
Als er, gebrochen durch diesen Mißerfolg, durch den Kampf mit Louvois und in halber königl. Ungnade, starb, war das Volk durch neue steuern auf die Lebensmittel so erbittert, daß es den Leichenzug angriff, um an dem Toten, der im Leben allezeit hingebend dem Staatswohl gedient hatte, Rache zu nehmen.
Auf Anordnung NaM- leons 111. unternahm Element die Herausgabe der Par. 1868-82). -
Vgl. Ioubleau, ^Wä6 sur 0. (2 Bde., Par. 1856);
Element, Ui8toii'6 äe 0. 6t ä6 30U lttlmiuisti'Htiou (2 Bde., ebd. 1874);
Neymarck, (^. ,6t 80U t6in^s (2 Bde., ebd. 1877);
Farnam, Die innere franz. Gewerbepolitik von Colchagua
bis
Turgot (Lpz. 1879);
Dussieur, ^tuä6 dic)Ai'9p1ii(iu6 8ui- (^. (Par. 1886);
de Cosuac, Na^i-in 6t l^. (2 Bde., ebd. 1892). -
C.s Familie blieb, mit der Lou- vois' ringend, von der Maintenon unterstützt, im
Amte: sein
Bruder, Marquis Colchagua
de
Croissy 1696), war, nach längerm diplomat.
Dienste, [* 12] von 1679 an Minister des Äußern;
er war an den Reunionen beteiligt.
Sein Sohn, Marquis de Torcy (s. d.), folgte ihm 1696 im Amte nach. Eolbertismus, das zuerst von Colbert (s. d.) planmäßig in Frankreich eingeführte handelspolit.
System, das im wesentlichen mit dem Merkantil- systcm ls. d.) zusammenfällt.
Colchagua
(spr. -tschahgwa), Provinz der süd- amerik.
Republik Chile, [* 13] grenzt im N. an Santiago, im S. an Curico, hat 9829 (ikm und (1889) 159216 E. In den Anden erhebt sich der Vulkan Tinguiri- rica zu 4480 m Höhe.
Das Längenthal wird im W. durch die Cordillera von Taguatagua abgeschlos- sen, dann folgt das Thal [* 14] eines Zuflusses des Rapel und die Küsten-Cordillere.
Von zahlreichen Bächen durchflossen, welche während der Schnceschmelze in den Cordilleren zu reißenden Strömen werden, bie- tet das Land eine unvergleichliche Fruchtbarkeit;
die Bohne giebt im ungünstigsten Falle angeblich Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen. ¶