Titel
Cochrane
(spr. kóckren), 1)
Thomas Cochrane
,
Graf von
Dundonald, brit. Seeheld, geb. Sohn des als Chemiker
namhaften Archibald Cochrane
,
Grafen von
Dundonald, trat schon in seinem 11. Lebensjahr als
Midshipman unter seinem Oheim, dem
Admiral
Alexander Cochrane
, der 1814
Washington
[* 2] verwüstete, in den Seedienst. Für den kühnen
Angriff auf einige französische
Kaper in der
Bai von
Algeciras erhielt er das
Kommando der
Schaluppe Speedy, mit welcher er im Mai 1801 eine spanische
Fregatte
bei
Barcelona
[* 3] und im ganzen in zehn
Monaten 33
Schiffe
[* 4] mit 128
Kanonen wegnahm.
Vor dem großen französischen Geschwader unter Admiral Linois aber mußte er die Flagge streichen, ward jedoch ausgewechselt und zum Postkapitän befördert. Seit 1802 Befehlshaber der Pallas von 32 Kanonen, that er sich in den Kämpfen gegen die französische Flotte aufs rühmlichste hervor; auch blieb er auf der See, als er 1806 für Honiton und später für Westminster ins Parlament gewählt worden war. 1809 vernichtete er zehn französische Linienschiffe und einige Fregatten auf der baskischen Reede, wofür er den Bathorden erhielt. Er klagte Lord Gambier, unter welchem er damals stand, der Saumseligkeit an; doch wurde dieser freigesprochen.
Um so mißliebiger aber machte sich Cochrane
dadurch bei dem
Ministerium, das bald Gelegenheit zur
Rache fand.
Er wurde angeklagt, bei der Ausbreitung falscher politischer Nachrichten behufs einer Börsenspekulation beteiligt gewesen
zu sein, und ohne
Beweis seiner
Schuld zu 1000 Pfd. Sterl.
Geldstrafe, zwölfmonatlichem Gefängnis und
Ausstellung
am
Pranger verurteilt wie außerdem mit Ausstoßung aus dem
Haus der Gemeinen, Verlust seines
Ranges in der
Flotte und des
Bathordens bestraft.
Das Land war entrüstet über diese
Härte, und die
Wähler von
Westminster wählten Cochrane
wieder zu ihrem Vertreter. Nach
einjähriger
Haft (der
Pranger war ihm erlassen, die
Geldstrafe von seinen
Freunden bezahlt worden) trat er im
Parlament
als Gegner des
Ministeriums auf, nahm aber bald darauf als
Admiral der neuen
Republik
Chile
[* 5] thätigen
Anteil an dem
Kampfe für
die Unabhängigkeit
Südamerikas, zeichnete sich auch hier außerordentlich aus und beendigte den
Krieg durch die
Einnahme
Valdivias,
des letzten spanischen
Postens in
Chile, Darauf trat Cochrane
in die
Dienste
[* 6]
Brasiliens, dessen
Kaiser
Dom
Pedro ihn zum
Marquis von Marañao erhob.
Nach
Abschluß des
Friedens zwischen
Brasilien
[* 7] und
Portugal
[* 8] bot Cochrane
den Griechen seine
Dienste an; doch war hier seine Laufbahn
nicht sehr glorreich, da er bei dem
Präsidenten
Kapo d'Istrias nicht die nötige Unterstützung fand. Gegen
Ende 1828 kehrte er nach
England zurück und widmete sich dem
Studium praktischer
Wissenschaften und mechanischer
Erfindungen.
Wilhelm IV. setzte ihn wieder in seinen frühern
Posten in der
Flotte ein und zwar mit dem
Rang eines
Konteradmirals.
Durch den
Tod seines
Vaters 1831 ward Cochrane
Graf von
Dundonald. Als sich durch
Revision jenes für Cochrane
so unglücklichen
Prozesses, die auf Veranlassung der
Königin
Viktoria vorgenommen worden, seine Schuldlosigkeit herausgestellt, stieg er 1842 zum
Vizeadmiral, erhielt 1847 das
Großkreuz des
Bathordens und ward bald darauf Oberbefehlshaber der in den westindischen und
nordamerikanischen Gewässern stationierten
Flotte, von wo er 1851 mit dem
Rang als
Admiral der blauen
Flagge
zurückkehrte. 1854 ward er Rearadmiral von
Großbritannien.
[* 9] Cochrane
starb in
Kensington. Über sein
Leben berichtete
er in »Narrative of services in the liberation of
Chile,
Peru
[* 10] and Brazil« (Lond. 1859) und in »Autobiography
of a seaman« (1860, neue Ausg. 1873).
Letztere fand in dem »Life of
Lord Cochrane«
von seinem Sohn
Thomas Cochrane
(1869, 2 Bde.)
ihren
Abschluß. - Ein andrer
Neffe des
Admirals
Sir
Alexander Cochrane
,
John
Dundas Cochrane
, nahm in der englischen
Marine teil am
Kriege gegen
Frankreich in
Westindien,
[* 11] durchreiste dann zu
Fuß den Südwesten
Europas, später ebenso
Sibirien bis
Kamtschatka,
worüber er in dem Werk »Narrative of a pedestrian journey through Russia«
(Lond. 1824; deutsch,
Wien
[* 12] 1825) berichtete, und wandte sich nach seiner Rückkehr nach
Amerika,
[* 13] wo er zu
Valencia
[* 14] in
Kolumbien starb.
2)
Sir
Thomas
John, ältester Sohn des
oben genannten
Admirals
Sir
Alexander Cochrane
, geb. widmete sich
schon 1800 dem Seedienst, ward 1806
Kapitän und wohnte den Expeditionen gegen
Quiberon,
Belleisle,
Cadiz,
[* 15]
Ferrol,
Ägypten
[* 16] etc.
bei. 1806 diente er in
Westindien, nahm 1807 das französische
Schiff
[* 17] La
Favorite und trug viel zur Unterwerfung der
Dänemark
[* 18] gehörigen westindischen
Inseln bei. 1812 erhielt Cochrane
das
Kommando der Surprise, und 1825 wurde er
Gouverneur
und Oberstkommandierender von
Neufundland. 1837 für
Ipswich ins
Parlament gewählt, stimmte er mit der konservativen
Partei. 1841 wurde
er
Konteradmiral und 1844 Oberbefehlshaber in
Ostindien.
[* 19] Hier unternahm er 1845 eine glückliche Expedition gegen die Seeräuber
des
Indischen Archipels und bemächtigte sich 1846 der Hauptstadt des
Sultans von
Borneo; 1863 ward er Vizeadmiral
der
Flotte und 1865
Admiral; er starb
3) Alexander Dundas Baillie, ältester Sohn des vorigen, geboren im November 1816, erzogen zu Eton und zu Cambridge, war seit 1841 zu verschiedenen Malen Parlamentsmitglied (seit 1870 für ¶
mehr
die Insel Wight) und hat sich als Politiker wie als Schriftsteller einen Namen gemacht, so besonders durch sein Werk »Young Italy« (Lond. 1850), worin er als eifriger Verfechter der konservativen Politik auftrat. Auch im Parlament griff er mehrfach, namentlich im Juni 1850, Lord Palmerston an und nahm die österreichische und neapolitanische Regierung gegen die liberale Partei in Schutz. Seine »Lucille Belmont« (1848) und »Ernest Vane« (1849) sind schwache Nachahmungen von Bulwers Romanen.
Außerdem veröffentlichte er: »Poems« (1838);
»Exeter Hall [* 21] or Church-Polemics« (1841);
»The Morea with other poems« (2. Ausg. 1841);
»Florence the beautiful« (1854, 2 Bde.);
»The kingdom of Greece« (1862);
»Young artist's life« (Lond. 1864);
»Historic pictures« (das. 1865, 2 Bde.);
»Francis I., and other historic studies« (das. 1870, 2 Bde.);
»Historic châteaux: Blois, Fontainebleau, Vincennes« (das. 1876);
»The Théâtre Français in the reign of Louis XV« (1879) und eine Reihe politischer Pamphlete.
4) John, berühmter engl. Schachspieler, geb. 1798, gest. 1878, Zeitgenosse
Stauntons, mit welchem er bei zeitweiligem Aufenthalt in England (1841-42) viele Partien wechselte. Den größten Teil seines
Lebens verbrachte Cochrane
als Rechtsgelehrter in Kalkutta,
[* 22] wo er seine in der Schachwelt wohlbekannten, meist siegreichen Kämpfe
mit den Brahmanen Moheschunder und Saumchurn Guttack ausfocht. Nach ihm ist eine lebhafte Variante des
Königsspringer-Gambits »Cochrane-Gambit« genannt worden.