(engl., spr. klihring-haus',Liquidationskontor,
Ausgleichungs-, Abrechnungshaus) ist ein
Institut, in welchem die
Bankiers untereinander wegen der auf sie laufenden
Wechsel
und
Checks (s. d.)
Abrechnung halten. Die älteste derartige Einrichtung ist die in
London
[* 2] bestehende, die zwischen 1775 und 1780 ins
Leben gerufen wurde. Sie ist eine Privatanstalt, deren geringe
Kosten von den Mitgliedern bestritten werden.
Es gehören gegenwärtig dem
LondonerClearinghouse 25 Bankfirmen an, deren
Kommis sich täglich in einem
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mehr
bestimmten Haus derCity versammeln, um zuerst zu konstatieren, wieviel jede der Firmen für Checks und verfallene Wechsel, die
sich in ihren Händen befinden, von jeder der andern zu fordern und wieviel sie anderseits an dieselbe zu zahlen hat, und
um dann sofort den Saldo dieser beiden Beträge zu begleichen oder resp.
einzunehmen. Da nun alle bedeutenden Handelshäuser, Finanzmänner, Börsenmitglieder und viele reiche Privatleute ihre sämtlichen
Einkassierungen und Auszahlungen durch eins jener Mitglieder des Clearinghouse besorgen lassen, so konzentriert sich
fast der ganze Geldverkehr Londons und ein großer Teil desjenigen der Provinz im C. Seit mehreren Jahrzehnten begleichen die
Mitglieder auch die Saldos, die sie schulden, nicht direkt untereinander und nicht in barem Geld.
Jedes Mitglied vielmehr berechnet aus den Einzelsaldos, die sich bei der Abrechnung mit den verschiedenen Kollegen ergeben,
einen Gesamtsaldo, der entweder ein aktiver oder ein passiver sein kann. Dieser wird dann dadurch beglichen, daß mittels
eines sogen. Übertragungsscheines (transfer-ticket) der englischen Bank, bei welcher alle Mitglieder
ein Konto haben, der Auftrag gegeben wird, den entsprechenden Betrag dem betreffenden Mitglied gutzuschreiben, resp.
zu belasten. So werden täglich ungeheure Summen ohne jede Barzahlung im C. ausgeglichen, und die Größe der jeweiligen Umsätze
ist bezeichnend für die Lebhaftigkeit des allgemeinen Geschäftsganges. Der Umsatz während der letzten
je mit dem 1. Mai abschließenden Rechnungsjahre war folgender:
1880-81:
5909989000 Pfd. Sterl.,
1881-82:
6382654000 " "
1882-83:
6189146000 " "
1883-84:
5838158000 " "
Auch in andern englischen Handelsstädten und in den englischen Kolonien sind Clearinghouses vorhanden. Besonders entwickelt
ist das System der Clearinghouses in der nordamerikanischen Union; das in New York bestehende kommt hinsichtlich
des Betrags der Umsätze dem Londoner fast gleich. Seit 1883 sind genau nach dem Vorbild des LondonerClearinghouse in den größten deutschen
Handelsstädten sogen. Abrechnungsstellen eingerichtet worden, in denen die Vertreter der größten
Bankinstitute täglich zusammenkommen, um untereinander und mit der Reichsbank die gegenseitigen fällig
gewordenen Forderungen durch Kompensation und Anweisung der Saldos zu begleichen.
Älter ist der demselben Zweck dienende Wiener Saldierungsverein, der schon seit besteht. Ein besonderes Clearinghouse der Eisenbahnen,
das seit 1847 besteht, besorgt für die englischen Eisenbahngesellschaften die Berechnung der Anteile,
welche den einzelnen am Ertrag des durchgehenden Verkehrs zukommen, und vermittelt die Auszahlung der Beträge.
Vgl. Seyd,
Das LondonerBank-, Check- und Clearinghousesystem (Leipz. 1874);
Jevons, Geld- und Geldverkehr (deutsch, das. 1876).
(spr. klihring haus'), Ausgleichungs-, Abrechnungshaus, eine Anstalt, in
welcher Schulden und Forderungen der Banken und Bankiers untereinander durch gegenseitige Abrechnung ausgeglichen werden. Das
erste Clearing-House entstand um 1775 als reines Privatunternehmen einer Anzahl LondonerBankiers; seine Bedeutung wuchs mehr und mehr
in dem Maße, wie sich die Anwendung des Checks (s. d.) in England verallgemeinerte,
und gegenwärtig bildet es den Centralpunkt des ganzen engl. Geldverkehrs.
Die Zahl der beteiligten Bankhäuser wechselte mit der Zeit in ziemlich weiten Grenzen;
[* 4] nachdem 1854 die großen LondonerJoint-Stock-Banken (Aktiengesellschaften) zugelassen worden, erscheinen überhaupt nur die größten Bankunternehmungen Londons
als unmittelbare Teilnehmer. Aber alle Banken der Hauptstadt nicht nur, sondern auch der Provinz stehen
mit irgend einer der am Clearing-House beteiligten Banken in der Art in Verbindung, daß letztere für jene als Agentur die Ausgleichung
ihrer Checks übernimmt (sog. Country Clearing). Die Bank von England hat sich dieser großartigen Organisation erst 1864 angeschlossen.
Das technische Verfahren ist wesentlich folgendes. Für jede Bank wird auf eine Liste nebeneinander gestellt,
was sie von jeder der übrigen zu empfangen oder zu
fordern hat. Dann wird die Differenz der sämtlichen Aktiv- und Passivposten
gebildet. Hat nun eine Bank einen Rechnungsüberschuß herauszuzahlen, so weist sie die Bank von England (bei der jede Bank
und das Clearing-House selbst ein Conto hat) durch einen Check an, die betreffende Summe auf das Conto des Clearing-House zu übertragen,
und der Vertreter des Clearing-House läßt dann aus den ihm überwiesenen Beträgen derjenigen Banken, welche einen Überschuß haben,
in ihrem Conto bei der Centralbank den Überschuß ihrer Forderungen über ihre Schulden gutschreiben.
Die Mitwirkung von barem Gelde oder Banknoten ist also bei dieser Art des Verkehrs überhaupt nicht mehr
erforderlich, während vor dem Beitritt der Bank von England die Zahlung der Differenzen noch in Noten erfolgte. Es werden im
Londoner Clearing-House in der neuern Zeit jährlich zwischen 6-8000 Mill. Pfd. St. ausgeglichen.
In dem (am 30. April endigenden) Rechnungsjahre 1867/68 erreichte die Geschäftsziffer erst 3257 Mill.
Pfd. St., sie stieg dann stetig, bis sie 1874/75 6013 Mill. Pfd. St. erreichte,
ging dann 1876/77 bis 4873 Mill. Pfd. St. zurück und hob sich 1880/81 wieder auf 5910 Mill. Pfd.
St. und 1881/82 auf 6382 Mill. Pfd. St. Bereits 1888 erreichte der Umsatz beinahe die Höhe von 7 Milliarden
Pfd. St. 1890 wurde der höchste Betrag seit dem Bestande des Clearing-House mit 7,801 Milliarden Pfd. St. umgesetzt, 1891 aber nur 6,847, 1892 6,481Milliarden
Pfd. St. erreicht. Im Durchschnitt bleiben nur etwa 5 Proz. des Umsatzes durch Buchung auf den Büchern
der Bank of England zu begleichen. Daneben haben die engl. Provinzialbanken in mehrern Städten, z. B. in Manchester
[* 5] und Liverpool,
[* 6] lokale Clearing-House gegründet.
Noch großartiger als in England, jedoch weniger einheitlich, hat sich das Abrechnungsverfahren in den Vereinigten Staaten
[* 7] von Amerika
[* 8] entwickelt. Bei dem bedeutendsten Clearing-House, dem 1853 in Neuyork
[* 9] begründeten
betrug die Summe der Abrechnungen in dem Finanzjahre 1858 (endend am 1. Okt.) erst 4756 Mill. Doll., stieg 1869 auf 34407 Mill.
Doll. und 1881 auf die enorme Höhe von 49 377 Mill., sank dagegen in der Folge und belief sich 1892 auf 36662 Mill.
Doll. Die Zahl der Clearing-House hat sich in der nordamerik. Union von 8 in 1865 auf 73 Ende 1892 gehoben, an welchen
das Neuyorker Clearing-House den Löwenanteil hat. In den andern Clearing-House zusammen wurden 1892 25447 Mill. Doll. abgerechnet. Auch
hier bleiben nur wenige Prozent des Umsatzes zu begleichen.
Auf dem europ. Kontinent ist das Abrechnungsverfahren zur Zeit weniger
entwickelt. Der 1864 gegründete Wiener Saldierungsverein (s. Saldo), welchem auch die Österreichisch-UngarischeBank angehört,
weist 1892 nur die Summe von 278 Mill. Fl. an zum Austausch eingelieferten Wechseln, Checks und Anweisungen auf. - Im DeutschenReiche hat sich durch die Einrichtung und Ausdehnung
[* 10] der Giro-Abteilung (s. Giroverkehr) der Deutschen Reichsbank,
die geringe Konzentration des Bankwesens und die langsame Entwicklung des Checksystems (s. Check) das Bedürfnis nach Clearing-House nicht
so sehr fühlbar gemacht. Indes ist die Reichsbank selbst 1884 mit der Errichtung von Abrechnungsstellen in Berlin,
[* 11] Bremen,
[* 12] Breslau,
[* 13] Dresden,
[* 14] Frankfurt
[* 15] a. M., Hamburg,
[* 16] Köln,
[* 17] Leipzig
[* 18] und Stuttgart
[* 19] vorgegangen. Die Gesamtumsätze dieser 9 Abrechnungsstellen
sind von 12130196100 M. 1884 auf 16762790900 M. im J. 1892 gewachsen und waren 1889 am größten (18048962400 M.). Auf Giroconto
zu buchen blieb Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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