Titel
Clarendon
(spr. klärrend'n), 1)
Edward
Hyde,
Graf von,
Großkanzler von
England, geb. zu Dinton in
Wiltshire,
gehörte seit 1640 im kleinen und im langen
Parlament zu der Reformpartei, trat aber den auf eine Änderung der
Verfassung
abzielenden
Plänen derselben entgegen und begab sich 1642 nach
York zum König, der ihn zum Mitglied des
Geheimen
Rats und
Kanzler der Schatzkammer ernannte. Späterhin ward er dem
Prinzen von
Wales (nachmals
Karl II.) beigegeben, den
er 1645 nach der
Scillyinsel, 1646 nach
Jersey und nach
Karls I.
Hinrichtung nach
Frankreich begleitete. Er
übernahm für denselben verschiedene diplomatische Sendungen nach
Madrid,
[* 2]
Paris
[* 3] und dem
Haag
[* 4] und war seit 1654 der eigentliche
Leiter der
Politik des
Prinzen. 1660 leitete er die
Verhandlungen über die
Restauration der
Stuarts und wurde nach derselben zum
Lordkanzler von
England,
Kanzler der
Universität
Oxford
[* 5] sowie zum
Peer mit den
Titeln
Baron
Hyde,
Viscount von
Cornbury und
Graf von Clarendon
ernannt. Er führte die Wiederherstellung der bischöflichen
Kirche durch, trat aber auch den Absichten
des
Königs, welcher die Katholiken zu begünstigen beabsichtigte, entgegen, während er das
Parlament reizte, indem er dessen
Recht der
Kontrolle über die Verwendung der bewilligten Einkünfte bestritt und dessen
Auflösung anriet.
Da nun auch der von ihm begonnene
Krieg mit
Holland unglücklichen Verlauf nahm, ließ
Karl ihn fallen; Clarendon
ward abgesetzt
und floh, des
Hochverrats angeklagt, nach
Frankreich, wo er in
Rouen
[* 6] starb.
Sein Leichnam ward später in der Westminsterabtei beigesetzt. Unter seinen Schriften ist die »History of the rebellion and civil wars in England« (Oxford 1702, 3 Bde.; zuletzt 1849 in 7 Bdn.),
ergänzt durch »The history of the civil war in Ireland« (Lond. 1721; neue Ausg. beider Werke in 1 Bd., Oxford 1842),
die bedeutendste, sie hat lange die historische Auffassung der englischen Revolution beherrscht.
Vgl. außerdem: »Calendar of the Clarendon's
state papers«
(Oxford 1767-86);
»The life of
Edward,
Fari of Clarendon«
(das. 1761, 3 Bde.;
neue Ausg., das. 1857) sowie
Lister, Life and administration of Clarendon
(Lond. 1838). -
Seine Tochter Anna Hyde ward im November 1659 insgeheim die Gemahlin des Bruders des Königs, Jakobs, Herzogs von York, des nachmaligen Königs Jakob II., welche Verbindung nach der Restauration vom König anerkannt wurde. Die Frucht jener Ehe waren zwei Töchter, Anna und Maria, beide Königinnen von England.
2)
George
William
Frederick
Villiers,
Graf von, ausgezeichneter engl. Staatsmann, Enkel des
Thomas
Villiers,
eines
Sohns des
Grafen von
Jersey, der sich 1752 mit der Erbin des letzten
Grafen von aus der
Familie
Hyde vermählte und daher 1756 zum
Baron
Hyde und 1776 zum
Grafen von Clarendon
erhoben wurde, geb. studierte in
Cambridge und
Oxford, betrat 1820 als
Gesandtschaftsattaché in St.
Petersburg
[* 7] die diplomatische Laufbahn, bekleidete nacheinander mehrere
Ämter und wurde 1833 zum
Gesandten in
Madrid ernannt, wo er besonders zum
Abschluß der
Quadrupelallianz von 1834 sowie des
Vertrags zur Unterdrückung
des
Sklavenhandels in den spanischen
Kolonien beitrug.
Durch den
Tod seines kinderlosen Oheims 1838
Lord Clarendon
geworden, kehrte er nach
England zurück, nahm seinen
Sitz im
Oberhaus ein und wurde im
Ministerium
Melbourne
[* 8] im
Januar 1840 zum Geheimsiegelbewahrer, im
Oktober aber zum
Kanzler des
Herzogtums
Lancaster ernannt. Nach
Auflösung des Whigministeriums im
September 1841 war er ein thätiges Mitglied der
Opposition,
unterstützte aber die
Handelspolitik des
Ministeriums
Peel und verteidigte 1846 dessen
Antrag auf Aufhebung
der
Getreidezölle. Im Whigkabinett d. J. wurde Clarendon
Präsident des Handelsamts, ging aber schon im Juni 1847, nach dem
Tod
Lord
Besboroughs, als
Vizekönig nach
Irland. Er bekleidete diesen wichtigen
Posten bis zum
Februar 1852, während einer Zeit, wo
Irland nacheinander von
Hungersnot und
Revolution zu leiden hatte, und bewies in diesen schwierigen Verhältnissen
bei aller
Energie doch auch eine weise Mäßigung und einen Gerechtigkeitssinn, der ihm alle
Herzen gewann.
Der Amtsantritt des Ministeriums Derby im Februar 1852 rief ihn von seinem Posten ab, doch wurde ihm noch 28. Dez. d. J. das Ministerium des Auswärtigen im Koalitionskabinett Aberdeen-Russell übertragen. In dieser Stellung war er namentlich beteiligt an den Verhandlungen vor dem Krimkrieg und während der Wiener Konferenzen, am Abschluß des Bündnisses zwischen Frankreich, der Türkei, [* 9] Sardinien [* 10] und England und an der diplomatischen Unterstützung Sardiniens bei den Streitigkeiten mit Österreich [* 11] wegen der Konfiskation der Güter der lombardischen Flüchtlinge. Er behielt sein Portefeuille auch unter Lord Palmerston und vertrat auf den Pariser Konferenzen die antirussische Politik; auch bewirkte er eine freundlichere Stellung zu Österreich, verletzte aber das Nationalgefühl durch allzu diensteifrige Unterstützung der nach dem Attentat auf Ludwig Napoleon eingebrachten Konspirationsbill.
Mit dem
Sturz des
Ministeriums
Palmerston im
Februar 1858 trat Clarendon
ins Privatleben zurück und ward auch 1859 in
das neue
Kabinett
Palmerston nicht wieder aufgenommen. Erst im März 1864 trat er als
Kanzler des Herzogtums
Lancaster wieder
in das
Kabinett ein, ging bald darauf in geheimer Sendung zu
Napoleon III. nach
Vichy und war zweiter
Bevollmächtigter
Englands bei den
Londoner
Konferenzen über den deutsch-dänischen Streit. Als nach dem
Tod
Palmerstons im
Oktober 1865
Russell
den Vorsitz im
Kabinett übernahm, ging das
Auswärtige Amt wieder an Clarendon
über, das er bis Juni 1866 bekleidete. Anfang 1868 ging
er in geheimer diplomatischer
Mission nach
Turin
[* 12] und
Rom und
[* 13] trat dann nach dem
Sturz des
Ministeriums
Disraeli
(Dezember 1868) wieder als
Minister des Äußern ins Gladstonesche
Kabinett, nahm die
Verhandlungen mit
Amerika
[* 14] über die
Alabamafrage
wieder auf, starb aber plötzlich Die Peerswürde erbte sein ältester Sohn,
Edward
Hyde
Villiers, fünfter
Graf
Clarendon
, geb.
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