Cino
da
Pistoja (spr. tschi-),
Guittone Sinibaldi oder Sinibuldi, ital. Dichter und Rechtsgelehrter, geb. 1270 zu
Pistoja, studierte in
Bologna die
Rechte, wurde alsdann
Richter in seiner Vaterstadt, mußte aber als eifriger
Ghibelline, nachdem die
Guelfen dort ans
Ruder gekommen waren, die Stadt verlassen und fand eine Zuflucht bei seinem Parteigenossen
Filippo Vergiolesi in dem festen
Ort Piteccio an der
Grenze der
Lombardei. Hier verliebte er sich in Filippos
Tochter Selvaggia, die er in seinen Gedichten besungen hat.
Nach deren bald erfolgtem Tod scheint er eine Zeitlang außerhalb Italiens [* 2] zugebracht zu haben. Als Heinrichs VII. Römerzug die Hoffnungen der Ghibellinen aufs neue belebte, kehrte er zurück und folgte dem Kaiser nach Rom. [* 3] Um diese Zeit erschien sein berühmter Kommentar über die neun ersten Bücher des Justinianischen Kodex, durch welchen er sich den Ruf eines der ausgezeichneten Juristen seiner Zeit und den Doktorhut von der Universität Bologna erwarb. Zugleich wetteiferten die bedeutendsten Hochschulen Italiens, ihn für sich zu gewinnen, und er lehrte seit 1318 anfangs in Treviso, am längsten und mit dem größten Ruhm in Perugia und von 1334 an in Florenz, [* 4] starb aber schon 1337, nach andere erst 1341 in Pistoja.
Allgemeiner berühmt als durch sein juristisches Werk ist Cino da Pistoja
als Dichter. Seine ganz der Verherrlichung
seiner geliebten Selvaggia gewidmeten Gedichte zeichnen sich durch große Zartheit und Lieblichkeit aus
und weisen ihm unter den Vorläufern
Petrarcas einen der ersten
Plätze an. Sie wurden zuerst gedruckt in den »Rime antiche«
(Flor. 1527,
Rom 1559 u. öfter),
besonders herausgegeben unter dem Titel: »Poesie« von Ciampi (Pisa [* 5] 1813; Pistoja 1826, 2 Bde.),
der auch eine
Biographie des Dichters (»Memorie della vita di Cino da Pistoja«
,
Pisa 1808; 3. Ausg. 1826) verfaßte;
später unter dem Titel: »Rime« von Carducci (Flor. 1864), von E. Brindi und P. Fanfani (Pistoja 1878).
Vgl. Chiapelli,
Vita e
opere giuridiche di Cino da Pistoja
(Turin
[* 6] 1881).