Cincinnati
(spr. ssinssinati), Hauptstadt der
Grafschaft
Hamilton im nordamerikan.
Staat
Ohio, eine der bedeutendsten
Handels- und Fabrikstädte
Amerikas, genannt die
»Königin des
Westens«. Cincinnati
liegt am rechten
Ufer des 600 m
breiten
Flusses
Ohio, auf zwei
Terrassen (16 und 33 m über dem höchsten Wasserstand), von denen die obere allmählich zum
Auburn- und andern
Hügeln ansteigt, die, von Landhäusern und Weingärten bedeckt, die Stadt in großem
Halbkreis einfassen
und eine
Höhe von 142 m erreichen.
Der innere Teil der Stadt ist dicht bebaut, doch sind auch hier die Straßen breit und teilweise mit Bäumen besetzt. Die Hauptstraße (Main Street) läuft vom Anlegeplatz der Dampfschiffe 2,5 km weit nach N.; sie ist Hauptsitz des Großhandels und wird von 14 Straßen rechtwinkelig durchschnitten. Von diesen ist Pearl Street namentlich den Geldgeschäften gewidmet, Fourth Street (»vierte Straße«) dient als fashionable Promenade, und die Fifth Street (»fünfte Straße«) enthält die schönsten Kaufmannsläden, mehrere Markthallen [* 2] und den in München [* 3] hergestellten Tyler Davidson-Brunnen.
Der Miamikanal teilt die Stadt in zwei Hälften, von welchen die östliche fast ausschließlich von Deutschen bewohnt ist und daher scherzweise Little Germany (»Kleindeutschland«) genannt wird, während man dem Kanal [* 4] den Namen »Rhein« beilegt. In den Vorstädten stehen die Häuser teilweise noch sehr zerstreut, und viele Straßen sind noch nicht gepflastert, welcher Umstand in Verbindung mit den zahlreichen Schweinen gerade nicht zu deren Reinlichkeit beiträgt.
Zur Zierde gereichen der Stadt einige größere Parke, wie Eden Park (87 Hektar) im O., Burnett Wood (69 Hektar) im N. und der kleinere Hopkins Park auf Mount Auburn. Unter den Friedhöfen ist der von Spring Grove (240 Hektar) der schönste. Eine großartige, 1817 angelegte, in der neuern Zeit beträchtlich erweiterte Wasserleitung [* 5] versieht die Stadt mit gutem Trinkwasser. Die Lage der Stadt ist für den Verkehr ungemein günstig. Sie bildet den Knotenpunkt für 18 Eisenbahnen, welche sie mit sämtlichen Haupthandelsplätzen des Landes verbindet, während der Ohio einen regen Schiffsverkehr ermöglicht.
Der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Wasserstand des
Flusses beträgt bei Cincinnati
19
m, und die
Schiffe
[* 6] sind gezwungen, an schwimmenden
Landungsbrücken (floating wharves) anzulegen. Für die großen Mississippidampfer bildet
Cincinnati
den Endpunkt der
Fahrt; kleinern
Dampfern jedoch gelingt es auch bei niedrigem Wasserstand fast immer,
Pittsburg (690 km
flußaufwärts) zu erreichen. Eine
Kettenbrücke, 1856-67 erbaut und 686 m lang, mit einer Öffnung von 322 m zwischen
den beiden sie
tragenden
Türmen, und eine
Eisenbahnbrücke verbinden Cincinnati
mit den in
Kentucky gelegenen
Städten
Covington und
Newport (s. d.). Unter den 180
Kirchen der Stadt ragen hervor die katholische
Kathedrale zu St.
Peter in griechischem
Stil und
die gotische Jesuitenkirche zu St. Xavier mit 106 m hohem
Turm.
[* 7]
Auch die in maurischem
Stil aufgeführte
Synagoge ist ein bemerkenswerter
Bau. An öffentlichen Gebäuden
sind zu nennen: das neue Bundesgebäude mit Postamt,
Zollamt und
Gerichtshof in
Renaissance, der
Gerichtshof der
Grafschaft
(County Court,
House) mit korinthischem
Portikus, der 1884 bei einem
Aufruhr, hervorgerufen durch die Bestechlichkeit der
Richter, teilweise
niedergebrannt wurde, das
Rathaus
(City buildings) und die
Börse (Chamber of
Commerce). Cincinnati
hatte 1870: 216,239, 1880 aber
255,139 Einw., worunter 46,157 Deutsche
[* 8] und 15,077
Irländer, und hat demnach langsamer an
Bevölkerung
[* 9] zugenommen als andre
große
Städte des
Westens. Es ist eine der ersten Handelsstädte der
Union, namentlich was die Beförderung von
Getreide,
[* 10] Schweinefleisch,
Tabak
[* 11] und
Steinkohlen betrifft, und außerdem auch eine der gewerblichsten
Städte. In seinen 3276 gewerblichen
Anstalten fanden 1880: 54,517
Arbeiter Beschäftigung, und
Waren im Wert von 105 Mill.
Doll. wurden in denselben hergestellt.
Dem Wert ihrer Erzeugnisse nach geordnet, waren unter ihnen 237 Kleiderfabriken, 49 Schlächtereien, 90
Gießereien und
Maschinenbauwerkstätten, 10
Brennereien, 50 Wagenfabriken, 19
Brauereien, 119 Möbelfabriken, 333 Stiefelfabriken, 263
Tabaks-
und Zigarrenfabriken, 89 Druckereien, 50 Lederfabriken etc. Großartig sind namentlich die Schlächtereien,
in welchen
Schweine
[* 12] verpackt werden, wenn sie auch hinter ähnlichen Anstalten in
Chicago zurückstehen, so daß der Spitzname
»Porkopolis«, den man früher Cincinnati
beilegte,
jetzt der Rivalin am
Michigansee zukommt.
Jährliche
Ausstellungen, die in den permanenten
Exposition
Buildings gehalten werden, dienen wesentlich dazu, die
Stellung Cincinnatis
als hervorragender Handelsstadt zu festigen. An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt die Stadt ein großartiges
Krankenhaus,
[* 13] eine
Irrenanstalt (im Dorf Carthage, 15 km im
Norden
[* 14] der Stadt), ein
Asyl für leichtsinnige
Frauenzimmer,
ein Armenhaus und ein Waisenhaus, abgesehen von den zahlreichen Privatwohlthätigkeitsgesellschaften und Unterstützungsvereinen.
Die öffentlichen Bildungsanstalten werden von einem jährlich erwählten
Ausschuß (Trustees) verwaltet. Unter ihnen behauptet
die
Universität von Cincinnati
, mit
Rechts- und Zeichenschule, den vornehmsten
Rang. Außerdem verdienen Erwähnung: das Medical
College
von
Ohio, das
Miami Medical
College, eine
Schule für Zahnärzte, ein theologisches
Seminar der
Presbyterianer
(Lane
College), das von den
Jesuiten geleitete St. Xavier's
College mit geologischem
Museum.
Neben der städtischen Bibliothek von 85,000 Bänden bestehen noch zahlreiche Büchersammlungen als Besitz wissenschaftlicher und andrer Vereine. Zu nennen sind hier: die Historical and Philosophical Society, die Naturhistorische Gesellschaft, die Academy of Medicine, die Astronomische Gesellschaft (mit Sternwarte [* 15] auf Mount Adams, seit 1843), das Mechanics Institute und der Jünglingsverein. Unter den Klubs behauptet die deutsche »Alemannia« einen hervorragenden Rang, und auch die Freimaurer, die Odd Fellows, die deutschen Turner, Sänger und Arbeiter sind im Besitz von großen »Hallen«. Unter den fünf größern Theatern ist eins deutsch; auch fehlt es nicht an Konzerthallen ¶
mehr
und deutschen »Biergärten«. Cincinnati
ist Sitz eines deutschen
Berufskonsuls. Cincinnati
wurde 1788 von Auswanderern aus Neuengland und New Jersey an der Stelle des frühern Forts Washington
[* 17] gegründet
und nach dem am Ende des Freiheitskriegs von Offizieren gegründeten Orden
[* 18] der Cincinnati
benannt; 1814 erhielt der Ort eine städtische
Verfassung. Seit Eröffnung des Miamikanals (1830) und dem Bau von Eisenbahnen (1840) hat sich die Bevölkerung
rasch gehoben, so daß sie 1850 bereits auf 115,436 Seelen herangewachsen war.