Chrysander
,
Friedrich, Musikgelehrter, geb. zu Lübtheen (Mecklenburg-Schwerin), studierte Philosophie zu Rostock [* 2] und widmete sich dann ganz der Musikwissenschaft. Er hat namentlich das histor. Fach der Musik durch Arbeiten, die sämtlich auf eigenen Forschungen beruhen, bereichert.
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Der Schwerpunkt
[* 4] seiner Thätigkeit ruht in der Kunst Händels, dessen Werke er zum erstenmal nach den Quellen vollständig
herausgegeben und beschrieben hat mit dem Zwecke, sie in Deutschland
[* 5] wieder heimisch zu machen. Diese Ausgabe erschien zwar
unter dem Titel «Deutsche
[* 6] Händel-Gesellschaft» (Leipzig,
[* 7] seit 1859, bis 1892 95 Bände in 29 Jahrgängen),
wurde aber in Wirklichkeit von Chrysander
als ein Privatunternehmen durchgeführt, mit Gervinus bis zu dessen Tode 1871, sodann auf
eigene Rechnung.
Die Übersetzungen lieferte meistens Gervinus, die ganze übrige Arbeit des Werkes hat Chrysander
allein gethan. Außer der Redaktion
und den kritischen Vorarbeiten hat er auch Notenstich und Druck besorgt und zur Herstellung der Ausgabe
in seinem Hause zu Bergedorf bei Hamburg
[* 8] eine eigene Offizin errichtet. Dieser (allein vollständigen und zuverlässigen) Ausgabe
Händelscher Werke zur Seite geht eine (noch unvollendete) Biographie Händels (Bde. 1, 2 und Bd. 3 erste
Hälfte, Lpz. 1858‒67). Zahlreiche kleinere Arbeiten von Chrysander
sind vereinigt in seinen «Jahrbüchern
für musikalische Wissenschaft» (2 Bde., Lpz.
1863‒67) und in der Leipziger «Allgemeinen musikalischen Zeitung», die er 1868‒71 und 1875‒82 redigierte.
Seit 1884 giebt Chrysander
mit Spitta und Adler
[* 9] die «Vierteljahrschrift für Musikwissenschaft» heraus. Mit Sorgfalt
edierte er ferner die sämtlichen Werke von Couperin (Lond. 1888), Corelli (ebd. 1890), die Oratorien von
Carissimi sowie eine große Sammlung von Stradella, Erba, Urio, Clari, Keiser u. a., deren Kompositionen Händel in seinen Werken
benutzt hat. ‒ Sein Sohn, Rudolf Chrysander
, Mediziner, geb. im März 1865 zu Lauenburg
[* 10] a. d. Elbe, studierte in Leipzig und Rostock
Naturwissenschaften, darauf Medizin in Würzburg,
[* 11] Straßburg
[* 12] und Berlin
[* 13] und wurde auf seines Lehrers Schweninger
Empfehlung vom Fürsten von Bismarck, als dieser 1890 in den Ruhestand trat, zum Hausarzt und Geheimsekretär erwählt.